Pavillon Bleu in Winterthur

Raum für Klang

Sanfte Klaviermusik dringt aus dem wild blühenden Garten eines Einfamilienhauses aus den 1920er-Jahren in Winterthur. Hinter dem Wohnhaus steht in zweiter Reihe ein Pavillon, gehüllt in ein blaues Schuppenkleid und mit einem für das Quartier typischen steilen Satteldach versehen. Inspiriert vom Tanikawa House des japanischen Architekten Kazuo Shinohara, realisierten Georg und Lorenz Bachmann für eine Pianistin einen Raum, der ganz der Musik gewidmet ist. In dem Musikpavillon kann die Bauherrin proben, unterrichten und kleine Konzerte veranstalten. 

Gallerie

Fassade aus handgemachten Platten

Der Pavillon steht diagonal versetzt hinter dem Wohnhaus und teilt den Garten in zwei Bereiche. An der Giebelseite zur Straße hin ist ein kleiner Hof entstanden. Traufseitig wird der wilde Garten von der Straße abgeschirmt. Die blau changierende Fassade des Bauwerks springt sofort ins Auge: Gemeinsam mit dem Architekturbüro Solanellas Van Noten Meister entwickelte das Planungsteam in mehreren Workshops die Zementfaserplatten für die äußere Gebäudehülle. 1650 handgemachte Platten in 20 verschiedenen Blautönen aus mineralischen Pigmenten zieren einander überlappend die Giebelfassaden und das Dach des Pavillons. Angebracht wurden sie gemeinsam mit der Bauherrschaft.

Gallerie


Außen blau, innen weiß

Das eingeschossige Gebäude ruht auf einem einfachen Betonsockel. Der Rohbau wurde aus zwölf Zentimeter dicken Brettsperrholzplatten zusammengesetzt. Tür- und Fensteröffnungen wurden bereits im Werk in die Platten gefräst. Das steile Dach liegt auf den beiden Giebelseiten auf, die Traufseiten bestehen nahezu vollständig aus bodentiefen Fenstern und Glasschiebetüren, sodass die räumliche Grenze zwischen Innen- und Außenraum aufgelöst werden kann. An der Hofseite befindet sich der schmale Eingang, der in eine dienende Raumschicht mit Entree, WC und Stauraum führt. Dahinter liegt das Herzstück des Pavillons: der Klangraum. Während im Eingangsbereich die Materialien des Rohbaus sichtbar belassen wurden, sind die Deckenuntersichten und Wände des Klangraums mit hellem Textil bespannt. Als Belag für den erhöhten Boden wurde Eichenparkett gewählt.

Gallerie


Akustik: Großer Klang auf kleinem Raum

Wie erreicht man eine konzerttaugliche Akustik in einem Raum, der kaum größer als ein Klassenzimmer ist? Da sich das raumakustische Verhalten von großen und kleinen Räumen in vielerlei Hinsicht substanziell unterscheidet, waren in dem Musikpavillon andere akustische Maßnahmen nötig als bei einem klassischen Konzertsaal. Beispielsweise muss bei großen Sälen die Schallenergie sparsam kalkuliert werden, um 1000 oder mehr Personen ein angenehmes Hörerlebnis zu ermöglichen. In kleinen Räumen stellt sich eher das Problem einer zu hohen Lautstärke ein, die unangenehm für Publikum und Musizierende wird.

Gallerie


Die Raumakustik zu dämpfen, um die Lautstärke zu reduzieren, schied als Lösung für den Pavillon aus. Dadurch wäre ein schöner, tragender Klang unterbunden worden. Der menschliche Hörsinn nimmt die Räumlichkeit des Klangs in erster Linie nicht über die Länge des Nachhalls wahr, sondern über das Muster der „frühen Reflexionen“, also den ersten Schallrückwürfen, welche von den Oberflächen wieder bei den Zuhörer*innen eintreffen. Um sowohl eine angenehme Lautstärke als auch einen lebendigen Klang zu erreichen, setzten die Akustiker*innen auf eine Kombination aus Akustikmodulen, die in verschiedenen Frequenzbereichen schallabsorbierend ausgelegt sind, und speziell für den Raum berechneten Schall streuenden Elementen. Diese projektspezifisch geplanten Elemente wurden in einer Tischlerei vorgefertigt, an der Untersicht des Giebeldachs montiert und mit akustisch transparenten Textilien bespannt, um das geradlinige Erscheinungsbild des Raumes nicht zu stören.

Auch die Wandoberflächen des Pavillons sind akustisch wirksam. Die Glasschiebetüren an den beiden Längswänden des Bauwerks können bei Bedarf mit transluzenten Akustikvorhängen bedeckt werden. -np

Bautafel

Architektur: Georg und Lorenz Bachmann, Zürich
Projektbeteiligte: Jürg Weidmann, Winterthur (Bauleitung); Solanellas Van Noten Meister Architekten, Zürich (Fassadenplatten); Holzbaubüro Reusser, Winterthur (Ingenieurbüro); Grünbart, Winterthur (Landschaftsarchitektur); Martin Lachmann von Applied Acoustics, Gelterkinden (Akustikplanung)
Bauherr/in: privat
Fertigstellung: 2020
Standort: Winterthur, Schweiz
Bildnachweis: Lukas Murer, Zürich; Georg und Lorenz Bachmann, Zürich

Fachwissen zum Thema

Musikschule Konservatorium in Bern (Architekt: 3B Architekten, Bern)

Musikschule Konservatorium in Bern (Architekt: 3B Architekten, Bern)

Konzert/​Theater/​Museen

Musikunterrichtsräume

Kleinere Einzel- und Gruppenübungsräume bzw. -unterrichtsräume haben ein Volumen von 30 bis 200 m³. Die mittlere Nachhallzeit...

Schallabsorption

Schallabsorption durch Publikum

Schallabsorbierend wirkt vor allem die Kleidung (poröse Schallabsorber). Deren individuelle Unterschiede haben natürlich eine...

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Zum Seitenanfang

In Winterthur hat sich eine private Bauherrin den Traum vom Musikpavillon im eigenen Gartenerfüllt.

In Winterthur hat sich eine private Bauherrin den Traum vom Musikpavillon im eigenen Gartenerfüllt.

Sonderbauten

Pavillon Bleu in Winterthur

Raum für Klang

Das Projekt MIMO (für: Minimal Impact – Maximal Output) des Teams der Hochschule Düsseldorf ist eigentlich als Aufstockung des nicht weit vom Wettbewerbsgelände entfernten Cafés Ada geplant.

Das Projekt MIMO (für: Minimal Impact – Maximal Output) des Teams der Hochschule Düsseldorf ist eigentlich als Aufstockung des nicht weit vom Wettbewerbsgelände entfernten Cafés Ada geplant.

Sonderbauten

Wohnprototyp MIMO in Düsseldorf

Gute Akustik mit Lehm, Kork und Textil

Das Mailänder Architekturbüro Peia Associati wurde damit beauftragt, dem größten Plenarsaal im europäischen Hauptsitz der Vereinten Nationen in Genf ein repräsentatives Gesicht zu verleihen.

Das Mailänder Architekturbüro Peia Associati wurde damit beauftragt, dem größten Plenarsaal im europäischen Hauptsitz der Vereinten Nationen in Genf ein repräsentatives Gesicht zu verleihen.

Sonderbauten

UNO-Konferenzsaal in Genf

Hauchdünner Holz-Gewebe-Verbund an Decke und Wänden

In dem weitläufigen Südpark von Zutphen gelegen, lädt das neue Hallenbad De IJsselslag zum vergnüglichen Planschen und sportlichen Bahnen ziehen ein.

In dem weitläufigen Südpark von Zutphen gelegen, lädt das neue Hallenbad De IJsselslag zum vergnüglichen Planschen und sportlichen Bahnen ziehen ein.

Sonderbauten

Schwimmbad De IJsselslag in Zutphen

Fein profilierte Akustikplatten aus Holz für Decke und Wand

Als Zwischennutzung befindet sich seit April 2017 der Blitz Club in einem Gebäudeteil des Deutschen Museums in München: im Bild der erste Barraum, ausgestaltet mit Naturstein und kantigem Holztresen

Als Zwischennutzung befindet sich seit April 2017 der Blitz Club in einem Gebäudeteil des Deutschen Museums in München: im Bild der erste Barraum, ausgestaltet mit Naturstein und kantigem Holztresen

Sonderbauten

Blitz Club in München

Ausgeklügelte Raum-in-Raum-Lösung

Nach dem denkmalgerechten Umbau wird heute in der Sattelkammer vom Schloss Heidelberg für das leibliche Wohl der Besucher gesorgt

Nach dem denkmalgerechten Umbau wird heute in der Sattelkammer vom Schloss Heidelberg für das leibliche Wohl der Besucher gesorgt

Sonderbauten

Bistro in der Sattelkammer vom Schloss Heidelberg

Raumhohe Akustikwand aus Kirschholz

Der rund fünf Meter hohe Ausstellungspavillon in Form einer Meeresschnecke aus doppelgekrümmten Aluminium-Schalen am temporären Standort Gould Plaza in New York

Der rund fünf Meter hohe Ausstellungspavillon in Form einer Meeresschnecke aus doppelgekrümmten Aluminium-Schalen am temporären Standort Gould Plaza in New York

Sonderbauten

Nasa Orbit Pavillon in New York City

Begehbare Schneckenmuschel macht Satelliten hörbar

Die Neuapostolische Kirche weist mit ihrer Altarwand zur Straße, dazwischen liegt ein Platz mit Wasserbecken

Die Neuapostolische Kirche weist mit ihrer Altarwand zur Straße, dazwischen liegt ein Platz mit Wasserbecken

Sonderbauten

Neuapostolische Kirche in München

Gefächerte Akustikdecke für gute Hörbarkeit von Sprache, Gesang und Orgelklang

Von der Decke abgehängt ist eine kantige Berglandschaft in in vier verschiedenen Farbtönen

Von der Decke abgehängt ist eine kantige Berglandschaft in in vier verschiedenen Farbtönen

Sonderbauten

Bar „If Dogs Run Free" in Wien

Deckenskulptur aus Leichtbauplatten wird zum Bühnenbild am Feierabend

Eingangsbereich bei der Wiedereröffnung

Eingangsbereich bei der Wiedereröffnung

Sonderbauten

Südbad in Dortmund

Baffeldecke aus Steinwolle

Fotomontage über dem Ausgabetresen

Fotomontage über dem Ausgabetresen

Sonderbauten

Kantine im Hessischen Innenministerium in Wiesbaden

Wandverkleidungen aus Olivesche

Außenansicht mit Stahlpylone

Außenansicht mit Stahlpylone

Sonderbauten

Rheinenergiestadion in Köln

Akustikdecken mit Schattenfugen und Sichtschienen

Inseln der Ruhe

Textilien tragen maßgeblich zur
Schallabsorption bei. Création
Baumann bietet die weltgrößte
Vielfalt an Akustikstoffen.

Partner-Anzeige