Verputztechniken und Putzoberflächen

Das Erscheinungsbild einer jeden Putzoberfläche ist eng mit der handwerklichen Bearbeitung des Putzmörtels verknüpft. Die Art der Ausführung und/oder die Wahl der Putzwerkzeuge bestimmt weitgehend die Namensgebung der Putze.

Gallerie

Anwerfen und Spritzen
Beim Kellenwurfputz wird der Putzmörtel mit der Kelle angeworfen. Die charakteristische Oberflächenstruktur entsteht aus der Mörtelqualität (insbesondere der Zuschlagsstoffe) und der handwerklichen Anwurftechnik des Ausführenden. Neben dem klassischen gibt es den abgekellten Kellenwurfputz, bei dem der angeworfene Mörtel an dickschichtigen, vorstehenden Stellen abgenommen und erneut an Fehlstellen oder dünnschichtigen Stellen angeworfen wird.

Der Wormserputz ist ein Spritzputz, der früher mit einem Handspritzgerät, dem sogenannten Wormser auf den Untergrund gespritzt wurde, heute aber mit Spritzputzgeräten maschinell aufgetragen wird. Durch das Aufspritzen eines feinkörnigen (Korngrößen zwischen 1,5 bis 4 mm) und dünnflüssigen Putzmörtels entsteht eine homogene, aber körnige Oberflächenstruktur. Um eine deckende Putzschicht zu erzielen, muss der Wormserputz in mehreren Arbeitsgängen aufgetragen werden. Dabei können entweder alle Schichten aufgespritzt oder die erste glatt abgezogen und die zweite anschließend auf dem noch feuchten Untergrund aufgespritzt werden. Bei beiden Ausführungsarten haften die Körner auf dem noch feuchten Putzuntergrund und erzeugen die charakteristische körnige Oberfläche. Mit dem Handspritzgerät können später Fehlstellen oder Unebenheiten ausgeglichen werden.

Reiben, Streichen und Abziehen
Bei geriebenen Strukturputzen für entsprechend geriebene Putzoberflächen wird der frisch aufgetragene Deckputzmörtel durch den Einsatz eines Holz- oder Kunststoffreibebretts unter mäßigem Druck und mit kreisenden Bewegungen ebenflächig gerieben. Der Kontrast zwischen eingeebneten Flächen und den tieferen Spuren, die beim Reiben durch mitgeführte größere Zuschlagsstoffkörner entstehen, führt zu dem charakteristischen Bild dieser Putze. Art und Zusammensetzung der Korngrößen im Putzmörtel sowie die unterschiedlichen Reibebewegungen erzeugen verschiedene Oberflächenstrukturen. Beim sogenannten Vollabriebputz werden nur kleinkörnige Zuschlagsstoffe verwendet, die beim Reiben eine gleichmäßige Putzoberfläche herstellen.

Der Rillen- oder Wurmputz entsteht aus dem wechselnden kurzen, kreisförmigen Reiben des frisch aufgezogenen Putzmörtels. Er enthält kleinkörnige sowie einen kleinen Anteil an großen, gerundeten Zuschlagsstoffen. Diese werden unter dem Reibebrett und in der Reiberichtung mitgezogen und hinterlassen rillenartige oder wurmförmige Vertiefungen.

Der Kellenstrichputz, auch Rustikalputz genannt, bei dem Korngrößen zwischen 0,5 und 2,5 mm verwendet werden, hat eine fein strukturierte Putzoberfläche. Je nach gewünschter Oberflächenstruktur wird beim Bearbeiten des Putzmörtels die Mailänder-, Zungen- oder Glättkelle mit abgerundeten Kanten verwendet. Der aufgezogene Putzmörtel wird mit der Glättkelle abgeglättet, der Kellenstrich bleibt sichtbar und kann waagerecht, senkrecht, fächer-, schuppen- oder bogenförmig verstrichen werden. Der Kellenstrichputz kann mit unterschiedlichen Kellen stark strukturiert, glatt gestrichen, mit schwach verwaschener Oberfläche oder mit eingeglätteter Kalkhydratschlämme ausgeführt werden.

Beim Klosterputz handelt es sich um einen Kellenstrichglattputz. Bei dieser bereits aus dem Mittelalter bekannten Technik wird der mit der Kelle geglättete Kalkmörtelputz mit Weißkalk-Milch al fresco (nass in nass) überstrichen. Durch die Anreicherung der Putzoberfläche mit Kalk-Bindemitteln und Feinanteilen entsteht eine ebene, dichte, leicht wellige, weiße Oberfläche.

Waschen und Kratzen
Beim Waschputz werden die im Putz enthaltenen Zuschlagsstoffe durch Abwaschen der noch nicht erhärteten Bindemittelschlämme an der Oberfläche freigelegt. Der Putzmörtel wird aufgezogen und mit der Kelle geglättet. Das Auswaschen der zuoberst liegenden Bindemittelhaut erfolgt in der Regel nach zwei bis vier Stunden Wartezeit. Mit einem Schwamm oder einer Streichbürste und Wasser wird die Oberfläche gewaschen. Dabei wird die nasse Bürste bzw. der Schwamm mit kreisender Bewegung auf der Putzoberfläche geführt. Durch mehrmaliges Waschen wird die Schlämme vollständig abgetragen, die an der Oberfläche frei werdenden Körner müssen dabei noch zur Hälfte im Putz eingebunden sein. Zur Anwendung kommen daher ausschließlich Zement- oder Kalkzementmörtel, damit die freigelegten Zuschlagsstoffe fest eingebunden bleiben.

Der Kratzputz wird maschinell oder von Hand aufgetragen, mit einer Kartätsche abgezogen und verdichtet. Es darf dabei keine Luft im Putz eingeschlossen sein. Die Schichtdicke bewegt sich in Abhängigkeit der Korngröße und des Wandsystems zwischen 10 und 15 mm. Der Zeitpunkt des Kratzens erfolgt nach leichter Anhärtung des Deckputzes. Bei normaler Witterung kann in der Regel am folgenden Tag gekratzt werden. Beim Kratzvorgang muss das Korn sauber springen und am Kratzwerkzeug darf kein Mörtel haften bleiben. Die Putzoberfläche wird dazu mit einem Nagelbrett in kreisender Bewegung gekratzt. Nach ausreichender Erhärtung, in der Regel nach einem Tag, werden anhaftende Zuschlagsstoffe mit einem sauberen, weichen Besen abgekehrt.

Kämmen, Bürsten, Schablonieren und Stempeln
Gekämmter Putz: Der feinkörnige Deckputzmörtel wird unmittelbar nach dem Aufziehen und dem flächigen Abziehen mit einer Zahnkelle, einem Stahlblech- oder Holzkamm senkrecht, waagerecht oder in verschiedene Richtungen abgezogen. In Abhängigkeit der verwendeten Zahnkellenarten und Kammweiten entstehen unterschiedlich gekämmte Putzoberflächen.

Besenstrichputz: Auf einen ebenen und aufgerauten Grundputz wird ein dünnflüssiger und feinkörniger Deckputz mit der Traufel aufgezogen und mittels Kartätsche abgezogen. Die charakteristisch belebte Oberflächenstruktur entsteht durch das Überstreichen des noch feuchten Deckputzes mit einem Reisigbesen.

Schablonenputz: Grundlage für die Herstellung dieses Putzes ist eine Schablone. Eine digitalisierte Zeichnung oder ein Muster werden mittels CNC-Laserschnitt aus einem speziellen Kunststoff geschnitten, auf die Wand aufgebracht, in den Deckputz eingearbeitet und anschließend aus dem noch feuchten Putz wieder entfernt. Gerade Linien im Motiv können als traditioneller Leistenputz mit Holzleisten ausgeführt werden. Die fertige Putzoberfläche zeigt die Projektion der Zeichnung bzw. das Muster als Relief.

Stempelputz: Auch bei diesem Strukturputz handelt es sich um einen feinkörnigen, aber dick aufgetragenen Deckputzmörtel. Nach dem Aufziehen und Abglätten wird die Putzoberfläche mit Holz-, Gummi-, oder Metallstempeln plastisch strukturiert. Es können Muster oder Ornamente eingedrückt werden.

Glätten
Der Stucco Lustro, ein polierter Glanzstuck, ist eine Kalkputztechnik bei der nach dem Auftrag des Grundputzes und eines frischen Kalkmörtels als Zwischenputzschicht drei dünne Schichten aus Marmormehl-Sumpfkalk nass in nass aufgetragen werden. Bei diesen drei Schichten wird nach oben hin immer feiner gearbeitet. Der zeitliche Abstand bis zum Auftrag der nächsten Schicht beträgt ungefähr acht Stunden. Die ersten beiden Schichten bestehen aus Kalkmörtel mit Marmorzuschlag, die dritte und letzte Schicht enthält als Zuschlagsstoff nur noch Marmormehl. Diese Schicht wird nach dem Erhärten mit venezianischer Seife eingestrichen und mit einer erhitzten Edelstahlkelle oder einem anderen Glättwerkzeug so lange geglättet, bis eine dichte, glatte und glänzende Oberfläche entsteht.

Autorin: Pinar Gönül

Dieser Beitrag wurde uns freundlicherweise vom gta Verlag und dem Lehrstuhl von Prof. Annette Spiro, Departement Architektur, ETH Zürich, zur Verfügung gestellt. Er ist dem Fachbuch Über Putz, Oberflächen entwickeln und realisieren, von Annette Spiro, Hartmut Göhler und Pinar Gönül, erschienen im gta Verlag, Zürich 2012 entnommen (siehe Surftipps).

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