Firmenzentrale in Karlsruhe

Mit Samthandschuhen

Geradlinig und pragmatisch sollte die neue Firmenzentrale der Weisenburger-Gruppe sein – und nach einem Entwurf von Tadao Ando entstehen. Dieser Wunschvorstellung der auf Bau und Projektentwicklung spezialisierten Unternehmensgruppe stand zunächst das Zögern des japanischen Architekten im Wege. Durch Beharrlichkeit und einige persönliche Treffen später konnte Ando letztlich aber doch für das Projekt gewonnen werden. Nun prägt seine Handschrift zum ersten Mal in Deutschland einen Bürobau, also ein Gebäude, das für die Öffentlichkeit weitgehend unzugänglich bleibt.

Gallerie

Höhenstaffelung um den Innenhof

Andos Entwurf wurde mit dem lokalen Architekturbüro archis umgesetzt. Entstanden ist ein Gebäude, das sich aus verschiedenen Volumen unterschiedlicher Höhe zusammensetzt und so auf die heterogene Umgebung reagiert. Zur breiten Ludwig-Erhard-Allee hin wurde der Bau siebengeschossig ausgeführt, an der südwestlichen Gebäudeecke ragt der Bau sogar noch darüber hinaus. Dort erschließt das oberste Geschoss eine Dachterrasse.

Der Haupteingang auf der Westseite ist als Portikus gestaltet: Die dazugehörige Stützenreihe ist wie der dahinterliegende Gebäudeteil fünf Geschosse hoch ausgeführt. Zum Wohngebiet im Norden hin ist der Bau viergeschossig und weist eine konkav geschwungene Fassade auf, die eher geschlossen wirkt und mit Bandfenstern gestaltet wurde. Der Abschluss nach Osten ist wiederum fünfgeschossig. In diesem nicht ganz regelmäßigen Karree befindet sich der Innenhof, der das Zentrum des Entwurfs bildet und unter anderem mit einer Freitreppe zu einer Terrasse im ersten Obergeschoss aufwartet.

Meterdicker Wärmespeicher

Die für die Unternehmenszentrale notwendige Energie wird mithilfe von Wärmepumpen gewonnen. Die Bodenplatte des dritten sowie die Decke des ersten Untergeschosses sind aktiviert und fungieren mit einer Stärke von jeweils 1,19 Meter als thermische Pufferspeicher. Auch die Lüftungsanlage mit der Wärmerückgewinnung und adiabater Kühlung sorgt für eine effiziente Energienutzung. Pro Jahr werden so laut der Weisenburger-Gruppe 30 Tonnen CO₂ eingespart.

Beton: Tatamimaß und Blindkonen

Beim Sichtbeton à la Ando legte man besonderen Wert auf Präzision, was die scharfkantigen Ecken, Kreuzfugen und flächengleichen Übergänge zwischen zwei Schal- beziehungsweise Betoniertakten angeht. 16.950 Quadratmeter Sichtbeton wurden auf diese Weise erstellt. Die Schalungsfugen zeichnen das Bild der für den japanischen Architekten typischen Struktur, die sich von der Größe japanischer Tatamimatten herleitet. Dadurch ergibt sich ein Raster auf der Basis des Grundmaßes 1,8 auf 0,9 Meter.

Zu Andos Markenzeichen zählen auch sechs Ankerlöcher pro Schaltafel. Bei Weisenburger hat man nachgerechnet: Bei dem neuen Hauptquartier ergibt sich dadurch eine Gesamtzahl von 32.228 Ankerlöchern. 60 Prozent davon wurden mithilfe von Blindkonen verwirklicht. Für die Betonage kamen Trägerwand- und -deckenschalungen zum Einsatz; die speziell zugeschnittenen Schaltafeln wurden im Schnitt 1,8-mal im Wand- und zwei- bis dreimal im Deckenbereich verwendet.

Homogene Betonflächen trotz langer Bauzeit

Anders als bei japanischem Sichtbeton üblich kam in Karlsruhe kein selbstverdichtender Beton zum Einsatz, sondern ein C37/45 mit einem F4-Ausbreitmaß nach einer speziell abgestimmten Rezeptur. Diesen Beton ließ das Planungsteam auch bei den fünf Geschosse hohen Stützen des Portikus verwenden, die in zwei Abschnitten und mithilfe einer eigens angefertigten Stützenschalung hergestellt wurden. Als aussteifendes Element und temporäre Tragkonstruktion für die Betonage des Vordachs diente ein entsprechend hohes Raumgerüst.

Eine besondere Herausforderung war, dass die Betonbauteile nicht in einem Zug, sondern über einen Zeitraum von 1 ½ Jahren entstanden: Dass sie dennoch eine homogene Oberfläche zeigen und eine Nachbearbeitung der Flächen sowie Kanten und Übergänge nur in geringem Umfang nötig war, spricht für die hohe Ausführungsqualität und den ausgezeichneten Schutz der fertiggestellten Bauteile. -chi

Bautafel

Architektur: Tadao Ando Architect & Associates (TAAA), Osaka (Entwurf)
Projektbeteiligte: archis, Karlsruhe (lokales Partnerbüro, Ausführung); Ottensmeier TGA (Ingenieurleistungen); TGA weisenburger bau (Audit)
Bauherrin: WBV weisenburger Bau + Verwaltung, Karlsruhe
Standort: Ludwig-Erhard-Allee 21, 76131 Karlsruhe
Fertigstellung: 2021
Bildnachweis: WBV weisenburger Bau + Verwaltung / Foto: HGEsch und Roland Halbe

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