Temporärer Portalbau in Weimar

Ein Birkenhäuschen auf klassizistischem Stall

Wie kann man die Wahrnehmung eher unbekannten Sehenswürdigkeiten verbessern? Eine eindrucksvolle Antwort auf diese Frage gibt das Büro Helga Blocksdorf Architektur mit einem ungewöhnlichen, mit Birkenborke verkleideten Portalbau. Auf den rosafarben verputzten Holzställen des Roten Schlosses in Weimar, die 1820 von dem klassizistischen Architekten Clemens Wenzeslaus Coudray entworfen wurden, trohnt nun ein zeitgenössisches Aussichtstor. Im Erdgeschoss befindet sich eine interaktive Rauminstallation, die die Kulturlandschaft Thüringens thematisiert. Die Aussichtsplattform im Obergeschoss wird im Osten über eine imposante Freitreppe erschlossen.

Gallerie

Das Erlebnisportal als Bauaufgabe

Im Sinne der Landestourismusstrategie 2025 fördert das Land Thüringen an verschiedenen historisch und touristisch bedeutsamen Orten die Errichtung von sogenannten Erlebnisportalen, zu denen auch das Birkenhäuschen in Weimar zählt. Ziel dieser temporären Bauten ist es, auf die Vielfalt und Schönheit der Kulturlandschaft Thüringens aufmerksam zu machen und zu einem Besuch eher unbekannter Orte anzuregen. Das Portal befindet sich im Innenhof des Studienzentrums der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Dieser Hof wird über zwei klassizistische Torhäuser erschlossen, die im Erdgeschoss von der Coudray'schen Mauer verbunden werden. Der temporäre Anbau knüpft hofseitig an die Mauer an und ragt etwa fünf Meter über sie hinaus.

Über eine Freitreppe erreicht man die Aussichtsplattform, von der aus man den Ausblick zum Park, zur Herzogin Anna Amalia Bibliothek und zum Weimarer Residenzschloss genießen kann. Im Inneren des Birkenhäuschens werden auf zwei großformatigen Bildschirmen sieben Kurzfilme über ausgewählte kultur- und gesellschaftshistorisch interessante Orte in Thüringen gezeigt. In einer begleitenden Web-App werden zudem sieben Touren vorgestellt, die in der Umgebung unternommen werden können. Das Erlebnisportal soll nach fünfjähriger Nutzung im Juli 2026 wieder abgebaut werden.

Eine Fassade aus Birkenborke

Für die äußere Verkleidung des Portalbaus wählten die Planenden das historische und heute recht ungewöhnliche Material Birkenrinde. 225 m² Fassadenfläche wurden mit der hellen Hülle aus natürlich gebogenen Borkenscheiben verkleidet. Die dahinterliegende Konstruktion besteht aus 16 bis 18 cm breitem Brettsperrholz. Ebenso wurde das Puldach aus dem gleichen Holzlamellensystem in breiterer Ausführung gefertigt und mit Blech gedeckt. Die einzelnen Wand- und Deckenmodule wurden im Werk vorgefertigt und vor Ort innerhalb weniger Tage zusammengefügt.

Zur Verbesserung des Brandschutzes ist die Birkenrinde mit einer transparenten Lasur behandelt worden. Die Materialität des neuen Portals referenziert das unweit gelegene Borkenhäuschen, das Johann Wolfgang von Goethe im angrenzenden Park errichten ließ. Außerdem bildet die raue, gesprenkelte Oberfläche einen Kontrast zum glatten, rosa Putz des darunterliegenden Bestandsbaus.

Rundbogengerahmte Freitreppe

Das Rundbogenmotiv ist in Coudrays Bau sehr präsent. Insgesamt vier Arkadenbögen strukturieren den mittleren Gebäudeteil des Bestands. In dem linken Bogen befindet sich der Eingang, bei den übrigen drei Bögen handelt es sich um Blendarkaden. Beidseitig wird der Flachbau von Torrisaliten mit Satteldach flankiert, die den Zugang zum Innenhof ermöglichen. Der Neubau greift die Formensprache des Bestands im Bereich der imposanten Außentreppe auf. An der Stelle, an der die gerade, zweiläufige Treppe und das Gebäude hofseitig aufeinandertreffen, ist das Pultdach bogenförmig angeschnitten. Die Oberkanten der monumentalen Brüstungswangen beginnen am Fuß der Treppe auf Höhe des Handlaufs und münden in der Traufe des von Osten nach Westen ansteigenden Pultdachs. Auf der Aussichtsplattform angekommen, rahmt ein weiterer Rundbogen den Blick ins Grüne. -np

Bautafel

Architektur: Helga Blocksdorf Architektur, Berlin
Projektbeteiligte: Pichler Ingenieure, Berlin (Statik); Grubert Verhülsdonk Architekten, Berlin (Bauleitung); Holzbau Sauer, Dingelstädt (Rohbau/Holzbau); Holz-Scheidt, Bösleben-Wüllersleben (Holzbau/Fassade); Bau- und Kunstschosserei Karsten Gutschke, Weimar (Metallbau/Geländer)
Bauherr/in: Klassik Stiftung Weimar
Fertigstellung: 2021
Standort: Platz der Demokratie 4, 99423 Weimar
Bildnachweis: Simon Menges, Berlin; Ruben Beilby, Berlin; Helga Blocksdorf Architektur, Berlin

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