Polizeirevier in Chemnitz-Süd

Komplexes Überwachungs- und Sicherheitssystem

Ein marodes und stark zergliedertes Dienstgebäude aus den 80er Jahren in der Innenstadt  von Chemnitz sollte saniert und umgebaut werden. Die Architekten von Schulz & Schulz reduzierten den vorhandenen Gebäudekomplex aus Stahlbeton und Mauerwerk auf einen klaren Block. Sie setzten den neuen Haupteingang an die Ecke des fünfgeschossigen Riegels zur Annaberger Straße, planten einen eingeschossigen Riegel mit Garagen an der rückwärtigen Schulstraße neu und wählten für die Anlage eine einheitliche Fassadengestaltung. Der reduzierten Gesamtform fielen sämtliche Vorbauten und Nebengebäude zum Opfer - entstanden ist eine einfache Hofstruktur mit einander gegenüberliegenden Bauten und zwei Toren als Haupt- und Notausfahrt.

Gallerie

Mit vorgehängten Aluminium-Verbundplatten und den bestehenden Öffnungsformaten wird die einheitliche Fassadengestaltung erreicht; die Fensterelemente sind neu. Diese sind ohne Fensterbänke ausgeführt, ihre Blendrahmen sind nicht sichtbar und sie sind an der Süd-West-Fassade mit einem beweglichen und steuerbaren außenliegenden Sonnenschutz ausgestattet. Die Entwässerung der Vorhangfassade erfolgt auf der Innenseite. Die Breite der vertikalen Elemente orientiert sich an der Aufteilung der Innenräume. Im Bereich des Treppenhauses schufen die Architekten zusätzliche schmale horizontale Öffnungen.

Die Zufahrt auf das Grundstück erfolgt  über die Schulstraße. Das Kellergeschoss ist teilweise umstrukturiert, nun sind hier Zellen für einen vorübergehenden Gewahrsam sowie Lagerräume untergebracht. Die Grundrisse der Obergeschosse blieben weitgehend erhalten. Im Bereich des Haupteingangs mit Wartebereich ist das Gebäude über Eck großzügig eingeschnitten und wird hier mit Stahlträgern und -rundstützen abgefangen. Eine Freitreppe führt dorthin und betont zusätzlich den Zutritt, der innen vollständig grün gestaltet ist: vom Boden über die Sitzschalen, die Fenster und Türen, von den Türgriffen bis zur Decke aus Gitterrost. Dieser Wartebereich soll die Funktion eines Schaufensters haben - in Sachsen wird das alte Polizeigrün noch lange nicht wie im Westen durch Blau ersetzt.

Sicherheitstechnik
Insgesamt ist die Polizeistation nach dem Umbau so konzipiert, dass eine Überwachung der gesamten Anlage und insbesondere der sensiblen Punkte einfach möglich ist. So ist der Hof vom Hauptgebäude aus gut einsehbar, die Wache ist zwischen Personenschleuse (im Anschluss an den Wartebereich EG) und der Hauptzufahrt des Polizeihofs angeordnet und hat so direkten Blickkontakt zu den sicherheitstechnischen Nahtstellen des Polizeireviers. Die neuen Zellen zum Gewahrsam liegen nun im Keller. Hier ist auch die Technik untergebracht, die aber nur für bestimmte Personen zugänglich ist, so dass kein besonderes Gefahrenpotential oder erhöhtes Brandrisiko gegeben ist.

Das Gebäude wird als ein Brandabschnitt betrachtet und ohne "innere" Brandwand zulässig. Auch äußere Brandwände sind nicht notwendig, da die Mindestabstände zu den benachbarten Gebäuden gewahrt sind. Aufgrund der massiven Bauweise und der Wandstärken in allen tragenden Teilen und Wänden können die Wandkonstruktionen des Bestandes in die Feuerwiderstandsklasse F 60 eingeordnet werden. 

Der zweite Rettungsweg aus den oberirdischen Geschossen muss über Rettungsgeräte der Feuerwehr gesichert werden. Daher werden die Geschosse mit Trennwänden und Türen so eingeteilt (Kapselung), dass jeder funktionalen Einheit zehn bis zwölf Personen sowie nicht mehr als 400 m2 zugeordnet sind, die im Brandfall gemeinsam über mindestens ein Fenster gerettet werden können. Alle Zugangs- und Abschlusstüren des Treppenraums zu Fluren und Nutzungseinheiten sind als Rauchschutztüren ausgebildet. Auch die Lager- und Technikräume im Keller sind durch Kapselung abgetrennt sowie durch eine Brandmeldezentrale überwacht. Damit sind auch die Insassen der Zellen geschützt, die im Havariefall durch Polizeikräfte abgeführt werden sollen. Belichtet sind die Zellen ebenso wie der Gewahrsams-Duschraum mit vandalismusgeschützten Wandeinbauleuchten. Der zweite Rettungsweg aus dem Keller erfolgt über eine Außentreppe bzw. einen Notausstieg. 

Der oberste Bereich des Treppenraums, der als baulicher Rettungsweg gilt, ist mit einem Rauchabzug versehen. Dafür sind am obersten Podest sowie im Erdgeschoss Einrichtungen zur manuellen Auslösung/Öffnung der Rauchabzugseinrichtung angebracht. Diese ist zudem gekoppelt mit einem automatischen Rauchmelder. Das Signal der Brandmeldeanlage wird auf die Wache geleitet, die ständig besetzt ist ; diese alarmiert im Brandfall die Feuerwehr. 

Ein Notstromaggregat sichert den Betrieb aller sicherheitsrelevanter Einrichtungen wie Brandmeldeanlage, Alarm- und Signalanlage, Rauch- und Wärmeableitung, Schließeinrichtungen von Brandabschlüssen. Die Rettungswege sind mit beleuchteten Schildern gekennzeichnet.

Eine elektroakustische Anlage in allen Fluren sowie im Sportraum ermöglicht Durchsagen von der Wache aus. Die Ansteuerung der Lautsprecherkreise (je Flur ein Kreis und Sportraum) erfolgt über den Leitstandtisch.

Eine Einbruchmeldeanlage soll die besonderen Sicherheitsbereiche Waffenraum/Munition sowie den Technikraum Elektro und die Asservatenräume schützen. Jeder Raum ist ein Sicherungsbereich mit einem eigenen Bedienfeld. Die Räume werden mit Bewegungsmelder und die Türen auf Öffnung und Verschluss überwacht, Fenster gibt es dort nicht. Die Türen erhalten elektronische Blockschlösser mit berührungslosen Kartenlesern und Sperrriegel. Den  Waffen- und Munitionsraum sichert eine Code-Tastatur. Alle Geräte und Verteiler werden auf Sabotage überwacht. In den Datenverteilerschränken sind Rauchmelder eingebaut. Für den Alarmfall ist sichergestellt, dass das Signal der eingebauten Sirenen in allen Geschossen, an jedem Arbeitsplatz und auch auf den Toiletten zu hören ist. Die gemeinsame Zentrale der Einbruch- und Brandmeldeanlage ist im Technikraum im Keller montiert und erhält einen überwachten Umschrank. Zusätzlich ist in der Wache ein Anzeige- und Bedienfeld montiert, auf dem alle Meldungen textlich dargestellt sind. Der grafische Leitstand der Gegensprechanlage zeigt Summenalarme und Sammelstörungen getrennt für Brand oder Einbruch.

Eine Zutrittskontrolle mit Kartenleser erfolgt an folgenden Türen: vom Hof zum Gewahrsamsflur, von der Personenschleuse ins Innere, zur Wache, vom Polizeihof ins Gebäude, zum Raum mit der Waffenschließfachanlage, zur Einzel- und Sammelgarage, an den Säulen für die Hauptzufahrt sowie an der Säule vor dem Bedienstetenparkplatz.

Die Kontrolle der Hauptzufahrt und des Polizeihofs erfolgt mittels Domekameras mit Schwenk-/Neigefunktion und Zoom am Gebäude, eine Festkamera überwacht den Eingang zur Personenschleuse. Die Bilder werden ständig auf TFT-Monitoren an der Wand gezeigt, eine Aufzeichnung ist nicht vorgesehen. Das Bediengerät zur Kamerasteuerung steht auf dem Leitstandtisch. 

An mehreren Türen und Fenstern befinden sich Gegensprechanlagen, beispielweise an der Tür vom Polizeihof zum Gewahrsamsflur; in weiteren Räumen sind Bürosprechstellen installiert. In allen Gewahrsamsbereichen und Vernehmungsräumen sind Alarmtaster für eine Hand- und Fußbetätigung mit Lichtruf und Abstelltaster vorhanden. Wichtige Türen werden auf Öffnung und Verschluss überwacht. Technischen Störungen der Anlagen und des Netzes werden verarbeitet und auf dem grafischen Leitstand angezeigt. Im Technikraum im Keller münden alle Leitungen in Patchfelder in einem Datenverteilerschrank. -us

Bautafel

Architekten: Schulz & Schulz Architekten, Leipzig
Projektbeteiligte: Datasec Electronic, Strausberg (Zutrittskontrollanlage); Gehrke Kommunikationssysteme, Allersberg (Gegensprechanlage); Siemens, München (Telekommunikation)
Bauherr: Freistaat Sachsen/Sächsisches Staatsministerium der Finanzen, vertreten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB), Niederlassung Chemnitz
Fertigstellung: 2007
Standort: Annaberger Straße 200
Bildnachweis: Werner Huthmacher, Berlin

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