Justizzentrum in Wiesbaden

Sicher hinter Längs- und Querriegel

Südöstlich des Wiesbadener Bahnhofs befindet sich das Justiz- und Verwaltungszentrum der hessischen Landeshauptstadt. Es entstand auf dem Gelände einer ehemaligen Gartenbauzentrale an der Mainzer Straße und beherbergt die Staatsanwaltschaft, ein Amts- und Landgericht, ein Verwaltungsgericht sowie das Arbeits- und Sozialgericht. In einem Verbund mit privaten Unternehmen in Public Private Partnership (PPP) errichtet, wurde es von KSP Jürgen Engel Architekten aus Frankfurt am Main entworfen.

Gallerie

Sie entwickelten zwei parallel zueinander stehende Baukörper: das Verwaltungs- und das Justizzentrum. Diese gliedern sich jeweils in einen etwa 180 m langen, fünf- und sechsgeschossigen Längsriegel entlang der Verkehrsachsen und hofseitig in fünf Querriegel. Durchgänge und Durchblicke gliedern die langen Fassaden. Sie sind zum begrünten Blockinnenbereich hin ausgerichtet, der als verkehrsberuhigter Grünkorridor das Gebäudeensemble in Nord-Südrichtung durchzieht. Beide Baukörper besitzen erweiterte Kopfbauten, die gegeneinander versetzt sind und durch ihre hervortretende Ausbildung einen Platz inmitten des Grünzuges bilden. Hier befinden sich die Hauptzugänge zum Justiz- und Verwaltungszentrum; weitere Zugänge liegen zur jeweiligen Straßenseite.

Alle Nutzungen mit Publikumsverkehr, wie die 48 (!) Gerichtssäle, sind im Erdgeschoss oder ersten Obergeschoss angeordnet. Sie sind ebenso wie die Bibliothek und die Unterrichtsräume für Referendare von den zweigeschossigen Eingangshallen aus zu erreichen. Die Cafeteria im Erdgeschoss ist zum Quartiersplatz hin ausgerichtet. Insgesamt bieten beide Gebäudekomplexe Platz für rund 1.200 Beschäftigte, die zuvor an verschiedenen Standorten der Stadt untergebracht waren. Ergänzt wird das Gebäudeensemble durch ein angegliedertes Parkhaus mit 500 Stellplätzen. Mit den klar gegliederten Gebäuden haben die Architekten eine markante Eingangssituation zur Stadt geschaffen, die zu einer Aufwertung des städtebaulichen Umfeldes beiträgt.

Sicherheitstechnik
Um den besonderen Sicherheitsanforderungen eines Justiz- und Verwaltungszentrums gerecht zu werden, wurde schon zu Planungsbeginn ein zielorientiertes Sicherheitskonzept erstellt. Es war darauf ausgerichtet, die gesetzlich vorgeschriebene Öffentlichkeit im Bereich der Sitzungssäle sicherzustellen und gleichzeitig die unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen der Gerichte im nicht öffentlichen Bereich zu erfüllen. Das Sicherheitskonzept enthielt ein detailliertes Anforderungsprofil des Gesamtsystems, der Schnittstellen zwischen den Subsystemen und eine detaillierte Beschreibung der gewünschten Funktionen und der Bedienoberfläche. Ziel war es, ein integral und homogen funktionierendes Gesamtsystem zu erhalten.

Die baulichen und technischen Sicherheitsmaßnahmen sind so ausgeführt, dass sie den Dienstbetrieb der einzelnen Nutzer unterstützen und optimieren. Sie orientieren sich an einem Bedrohungsbild, das zahlreiche Umstände berücksichtigt. Dazu gehörten u.a. Angriffe auf Bedienstete, Gefangene und Zeugen, versuchte Gefangenenbefreiung und Flucht, Einbrüche und Diebstahl in Büros, Asservatenräumen und Archiven, das Ausspähen von Daten und Informationen sowie Vandalismus und Sachbeschädigung. Ziel der Sicherheitsmaßnahmen ist es u.a. Schäden vorzubeugen bzw. frühzeitig zu detektieren und deren Folgen durch geeignete Maßnahmen so gering wie möglich zu halten.

Innerhalb des Gebäudes wurden vier grundsätzliche Gruppen von Sicherheitszonen gebildet. Diese reichen vom unkontrollierten und öffentlichen Bereich der frei zugänglichen Eingangshalle über kontrollierte Bereiche für die Öffentlichkeit, Besucher und Arbeitnehmer bis hin zu kontrollierten Sonderbereichen mit höchsten Sicherheitsanforderungen wie etwa die Sicherheitsleitstände, Präsenzzellen, Gefangenenwege, Asservatenbereiche, Gerichtskasse usw. Der Zugang für die Mitarbeiter erfolgt über Vereinzelungsanlagen in Kombination mit Ausweislesern; der Zugang für die Öffentlichkeit und Besucher über personenbesetzte Zugänge in Kombination mit Metalldetektoren und einer Röntgenanlage für Taschen und Handgepäck. Insgesamt wurden über 50 unterschiedliche Türtypen eingesetzt.

Den einzelnen elektronischen Sicherheitssystemen ist ein Gefahrenmanagementsystem mit einer einheitlichen Bedienoberfläche übergeordnet. An dieses angebunden sind das Zutrittskontroll- und Videoüberwachungssystem, die Einbruchmelde- und Notrufanlagen, Fluchtwegsicherungssystem, Gegensprech-/Türsprechanlage, Zellenrufanlage, Gebäudeleittechnik und Brandmeldeanlage.

Bautafel

Architekten: KSP Jürgen Engel Architekten, Frankfurt am Main
Projektbeteiligte: Bilfinger Berger, Frankfurt am Main (Generalplaner); Ruffert und Partner, Limburg (Tragwerksplanung); Kubus Freiraumplanung, Wetzlar (Außenanlagen)
Bauherr: Helaba Landesbank Hessen-Thüringen vertreten durch die Objektgesellschaft HeWiPPP, Frankfurt am Main
Fertigstellung: 2009
Standort: Mainzer Straße 124, 65189 Wiesbaden
Bildnachweis: Jean-Luc Valentin, Frankfurt am Main

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