Tageslicht in sakralen Räumen
Natürliche Belichtung in Kirchen
In sakralen Räumen ist eine besonders kontemplative Atmosphäre wünschenswert, die dem Menschen einen inneren Rückzug von der lauten Außenwelt ermöglicht. Diesen Raum mit Tageslicht zu versorgen heißt, ihn im Verlauf des Tages wechselnden Lichtstimmungen auszusetzen, ohne dass der sakrale Charakter des Raumes verloren geht. Während Kunstlicht konstant bleibt und einen immer gleichen Schatten erzeugt, ist Tageslicht variantenreicher und gestaltet den Raum durch den unterschiedlichen Lichteinfall und das Schattenspiel immer wieder neu. Ob es sich um diffuses oder direktes Sonnenlicht handelt oder ob die Lichtfarben von abend- und morgendlichen Rottönen geprägt oder tageslichtweiß sind, beeinflusst die Lichtstimmung wesentlich und sollte bei der Planung berücksichtigt werden. Die Fenster befinden sich in sakralen Räumen meist im oberen Bereich der Außenhülle, damit die Introvertiertheit gewährleistet ist. Sollen Fenster in Höhe des Sichtbereiches entstehen, können sie z.B. mit einer undurchsichtigen Verglasung versehen werden oder einen Blick in die Natur ermöglichen.
Gallerie
Ein Kirchenraum ist vom Grundriss her meist relativ einfach aufgebaut, sodass die Art des einfallenden Lichtes entscheidend zur Raumatmosphäre beiträgt. Traditionell sind die Längsfassaden einer Kirche meist nach Süden und Norden ausgerichtet, der Chor nach Osten und die Vorhalle nach Westen. Fenster besitzen in alten Kirchengebäuden oftmals eine mit farbigen christlichen Motiven versehene oder transluzente Verglasung und befinden sich in der Regel im oberen Drittel der Außenwände. Diese Lage und die Ausbildung der Verglasung verstärken den kontemplativen Charakter des Raumes, weil kein ungehinderter Ausblick in die Außenwelt möglich ist. Meist wird der Altar zusätzlich durch ein Oberlicht oder durch eine besondere Anordnung der Fenster an der Rückwand belichtet, um ihn in seiner Bedeutsamkeit hervorzuheben.
Auch wenn die Außenwände in modernen Kirchenräumen im
Sichtbereich meist geschlossen sind und das Tageslicht im oberen
Drittel der Außenwände in den Innenraum fällt, gibt es hier
wesentlich größere Gestaltungsfreiräume. Wichtig ist eine gezielte
Dosierung von Lichteinfall und möglichem Ausblick. Ein
interessantes Entwurfskonzept verfolgt beispielsweise die
Herz-Jesu-Kirche in München vom Architekturbüro Allmann Sattler
Wappner, deren gläserne Außenwände sich von anderen Kirchen
grundlegend unterscheiden. Unterschiedliche, farbige oder weiße
Bedruckungen auf den Scheiben sorgen dafür, dass der gesamte
Kirchenraum in blendfreies, diffuses Licht getaucht wird und
dennoch kein Ein- oder Ausblick möglich ist. Zum Altar hin steigert
sich die Helligkeit des Kirchraumes, aber auch die Blickdichtheit
der Glasfassade. Ein eingestellter Holzkubus aus senkrechten,
beweglichen Lamellen schirmt den Kirchenraum darüber
hinaus an zwei Wänden zum umlaufenden Gang und zur Glasfassade
ab und lässt direktes Sonnenlicht nur dosiert in den Kirchenraum.
Die Introvertiertheit bleibt dadurch, trotz der hohen
Tagesbelichtung, gewährleistet.