Funksysteme für Smart-Home-Anwendungen
Standardisierte und proprietäre Kommunikationsprotokolle
Wenn drahtgebundene Lösungen nur mit hohem Aufwand installiert werden können oder gar nicht möglich sind, zum Beispiel aus Gründen des Denkmalsschutzes, kann das Kommunikationsmedium Funk vorteilhaft eingesetzt werden. Bei den Funksystemen unterscheidet man grundsätzlich zwischen standardisierten Kommunikationsprotokollen und herstellerspezifischen, proprietären Kommunikationsprotokollen. Die standardisierten Protokolle können herstellerübergreifend genutzt werden und sind daher für viele Anbieter offen. Die andere Variante hingegen kann nur von einem Hersteller (oder einigen wenigen) genutzt werden. Eine Kommunikation mit Komponenten anderer Anbieter ist dabei nicht ohne Weiteres möglich, sodass damit eine Herstellerabhängigkeit entsteht.
Gallerie
Zu den standardisierten Funkprotokollen, die weit verbreitet sind, gehören Bluetooth, EnOcean, KNX-RF, WLAN, ZigBee und Z-Wave, von denen nachfolgend einige beispielhaft dargestellt werden. Homematic, RWE Smart Home und viele weitere zählen zu den proprietären Protokollen.
Bluetooth
Bluetooth dient zum Datenaustausch über kurze Entfernungen zwischen Geräten, die sich durch ein einfaches Pairing miteinander verbinden, z. B. durch eine Tastatur mit einem Tablet. Der Funkstandard Bluetooth ist nur für kürzere Distanzen von etwa 0,2 bis 10 Meter geeignet (mit Bluetooth 5 sind aber schon Reichweiten bis 200 Meter möglich). Das zu Bluetooth gehörende Funkprotokoll ist das Wireless Personal Area Network (WPAN). Die Bezeichnung des Standards ist vom Namen des dänischen Königs Harald Blauzahn (engl. Harald Bluetooth) abgeleitet; diese Initialen H und B finden sich im Logo wieder. Die Bluetooth-Microchips mit je einer Sende- und Empfangseinheit sind oft schon in die Geräte integriert. Mit Bluetooth und WLAN können Smart-Home-Komponenten komfortabel über mobile Endgeräte wie Tablets oder Smartphones gesteuert werden.
Bluetooth LE (BLE) / Bluetooth 4.0
Bluetooth 4.0 oder Bluetooth Low Energy (Bluetooth LE
oder BLE) hat im Vergleich zu Bluetooth einen deutlich geringeren
Energieaufwand. Dadurch können Anwendungen mit einer schwächeren
Batterie über einen längeren Zeitraum betrieben werden. Der
entscheidende Unterschied in der Funktionsweise besteht darin, dass
BLE im Ruhezustand bleibt, solange keine Verbindung aufgebaut wird.
Diese kurzen Verbindungen sind notwendig, weil die
Datenübertragungsraten deutlich höher sind (1 Mb pro Sekunde).
Daher ist BLE unerlässlich für Funktionen, die regelmäßig kleine
Datenmengen austauschen, wie etwa bei IoT Anwendungen.
Basierend auf BLE können beispielsweise mit der kostenlosen
Software Casambi bis zu 250 LED-Leuchten einzeln oder in
Gruppen gesteuert und in Szenen verwaltet werden. Die
Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von Büros und
Konferenzräumen über Gastronomie, Museen und Galerien bis hin zu
Event- und Veranstaltungstechnik. Gesteuert werden die
Casambi-Beleuchtungssysteme über Funk-Wandsender mit Bluetooth LE
und batterielosem Energy Harvesting, die u.a. von Jung angeboten
werden. Die Umsetzung vor Ort ist abhängig von der Programmierung
und den verwendeten Leuchten sowie den Casambi-Empfängermodulen. So
können beispielsweise auch DALI-Komponente oder Phasendimmer über
die Funk-Wandsender gesteuert werden.
Funktionsmöglichkeiten mit Casambi:
- Einzelne Leuchten mobil schalten oder dimmen
- Aufruf von Szenen
- Gruppensteuerung
- Gesamtsteuerung aller angeschlossenen Leuchten
Bluetooth Mesh
Bluetooth Mesh ist eine erweiterte Version des
Bluetooth-Standards, die speziell für die Vernetzung von Geräten in
großen Bereichen entwickelt wurde. Es ermöglicht den Aufbau eines
Mesh-Netzwerks, in dem viele Geräte, sogenannte Knoten (nodes),
miteinander verbunden sind. Jeder Knoten fungiert als Sender und
Empfänger und kann Datenpakete im Netzwerk weiterleiten. Dadurch
entsteht eine dezentrale Netzwerkstruktur, in der die Geräte
miteinander kommunizieren, ohne dass ein zentraler Hub oder eine
Steuereinheit erforderlich ist, wie beispielsweise im
Smart-Home-System Jung Home.
EnOcean
Der EnOcean-Standard stellt eine energieautarke Funklösung für smarte Geräte dar. Besonderheit und Hauptvorteil ist, dass für die Übertragung von Steuersignalen weder Kabel noch Batterien benötigt werden. Die Sender nutzen die Energie aus der Umgebung (sogenanntes Energy Harvesting), zum Beispiel über den Piezoeffekt oder aus der Bewegungsenergie beim Betätigen von Schaltern oder aus Solarzellen. Der Funkstandard EnOcean arbeitet mit 868 MHz und ist seit 2012 durch das Normungsgremium für Elektrotechnik IEC (International Electrotechnical Commission) als internationaler Standard festgeschrieben. Das Protokoll wird vor allem für energieautarke Funkmodule (Sende-, Empfangs-, Transceiver-Module und die dazugehörigen Energiewandler) der Gebäudeautomation eingesetzt. Die wartungsarmen, energieautarken Lösungen eignen sich besonders für die einfache und schnelle Nachrüstung von Anlagen mit geringen Datenmengen.
Durch den interoperablen Funkstandard können Geräte wie
Schalter, Sensoren oder Gateways verschiedener Hersteller
einfach miteinander verbunden werden. Die Technologie wird heute
von zahlreichen Unternehmen genutzt, die in der EnOcean Alliance
zusammengeschlossen sind und Komponenten für die Gebäudeautomation,
für die Steuerung von Licht, Jalousien oder Raumklima herstellen.
Sie nutzen das Protokoll für Wandschalter, Rauch-, Bewegungs- und
Temperaturmelder, Fenster- und Türkontakte und viele weitere
Anwendungen.
KNX-RF
Der Standard KNX-RF ist die Funkversion von KNX und ergänzt
dieses drahtgebundene Bussystem. So können in das KNX-System
eingebundene Smart-Home-Geräte per Funk gesteuert werden. Der
Funkstandard eignet sich besonders gut zur Nachrüstung, da keine
baulichen Eingriffe notwendig sind – wohl aber eine fachkundige
Installation aufgrund der komplexen Integration und Programmierung.
Für die Datenübertragung wird die Frequenz 868 MHz genutzt. Die
Reichweite hängt von den räumlichen Gegebenheiten und der
Installation ab, da Hindernisse die Ausbreitung der elektrischen
Wellen dämpfen. So variiert die Reichweite von etwa zehn Metern in
engen Gängen bis zu etwa 30 Metern in einem großen, hohen
Raum.
WLAN/ WiFi
Das weit verbreitete WLAN (Wireless Local Area Network), oft
auch als WiFi bezeichnet, kann prinzipiell große Datenmengen
übertragen. Dieser Funkstandard wurde ursprünglich nicht für die
Gebäudeautomation oder Hausautomatisierung entwickelt und
optimiert. Da WLAN aber in den meisten Häusern und Wohnungen
vorhanden ist, wird das System nun auch für die Kommunikation in
der Gebäudetechnik und in Beleuchtungsanlagen angewendet. Der
Datenaustausch mit den Komponenten erfolgt direkt über WLAN-Router
oder über einen zwischengeschalteten drahtlosen Zugangspunkt
(Access Point).
ZigBee Der Funkstandard ZigBee ist ein
Smart-Home-Standard, der in der Gebäudeautomation, in drahtlosen
Sensornetzwerken, vor allem aber in der Beleuchtungstechnik weit
verbreitet ist. So werden beispielsweise ZigBee-fähige Lampen- und
Leuchtensysteme am Markt angeboten. Der Funkstandard ist für
Anwendungen mit geringen Datenmengen einfach und flexibel
handhabbar. ZigBee-Funkchips gibt es sowohl für die Frequenz 868
MHz als auch für 2,4 GHz, sodass das System weltweit einsetzbar
ist. Es benötigt wenig Energie und eignet sich daher gut für
batteriebetriebene Geräte. Der Schwerpunkt von ZigBee liegt auf
Netzwerken mit relativ kurzen Reichweiten von bis zu 100 Metern,
was in Gebäuden meist ausreicht. Über Mesh-Netzwerke sind aber auch
weitaus größere Strecken vernetzbar.
Z-Wave
Ein ähnliches Funkprotokoll wie ZigBee ist Z-Wave, das von der
Z-Wave-Alliance für Smart Homes spezifiziert wurde und
hauptsächlich für die Frequenz 868 MHz ausgelegt ist. Auch dieses
System kann als Mesh-Netzwerk organisiert werden, indem sich
Funkknoten miteinander verbinden und dadurch große Reichweiten
erzielen.
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