Verlegehilfen für Großformate
Fliesen und Platten werden immer größer: Aktuell ist die Drei-Meter-Marke überschritten und ein Ende der Gigantomanie nicht in Sicht. Wo die Hersteller sich auf der einen Seite über die große Nachfrage freuen, sind sie auf der anderen Seite aber auch in der Pflicht, Verlegebetriebe zu finden und sie mit den geeigneten Werkzeugen für das Handling und die Bearbeitung sowie mit Verlegewerkstoffen für die Verarbeitung zu versorgen. Zu Hilfe kommt ihnen die Schnelligkeit der Werkzeughersteller, die neue Produkte auf den Markt bringen, kaum dass ein neues Plattenmaterial angekündigt wird. Für den Anwender wirklich hilfreich ist, dass alle Unternehmen kleine Filme anbieten, die die Funktion ihrer einzelnen Werkzeuge veranschaulichen.
Gallerie
Neue Fliesenschneider für Großplatten
Ganz besonders wichtig ist die Weiterentwicklung der
Fliesenschneider, die für die extremen Großformate entsprechend
lange Schneid- oder Ritzschienen benötigen. Der spanische
Hersteller Rubi etwa bietet mit dem Slim Cutter einen
Fliesenschneider für bis zu 330 Zentimeter lange Fliesen mit drei
bis acht Millimetern Materialstärke an. Drei jeweils 110 Zentimeter
lange Aluminiumschienen lassen sich bei dem Modell zur vollen
Schnittkapazität kombinieren. Aufgrund der Silikonlippen-Schienen,
die mit separaten Vakuum-Saugtellern auf dem Untergrund
befestigt werden, können einwandfreie und gerade Schnitte ohne
ungewolltes Abrutschen durchgeführt werden. Ein
Hartmetall-Schneidrädchen garantiert beste Qualität beim Anreißen
der Schnittlinie. Um das Bruchrisiko nach dem Anreißen zu
minimieren, enthält das Werkzeug-Set zwei verstellbare
Brechzangen.
Den Längenrekord hält derzeit der Fliesenschneider Free Cut des italienischen Herstellers Raimondi, der perfekte Plattenschnitte von bis zu 426 Zentimetern (bei einer Maximalbreite von 156 Zentimetern) erlaubt. Um die maximale Schnittlänge zu erreichen, müssen auch hier die Verlängerungsschienen aneinander befestigt werden. Den nötigen Halt gewähren Saugheber, die allerdings bei diesem Fliesenschneider nicht separat liegen, sondern unter der Führungsschiene angebracht sind und durch Herunterdrücken von Arretierhebeln ansaugen. Besonders empfehlenswert ist eine speziell für dünne Großplatten entwickelte Brechzange des gleichen Herstellers; sie ist mit einer Schraubvorrichtung ausgestattet, die ein exaktes Dosieren des Bruchdrucks ermöglicht.
Etwas weniger lang, dafür aber an einem Stück (was schwieriger zu transportieren, insgesamt aber einfacher zu handhaben ist) geht es mit dem Kera-Cut von Sigma aus Italien, dessen längste Version neuerdings 371 Zentimeter erreicht; mehrere Varianten von 121 bis 301 Zentimeter sind ebenfalls erhältlich. Der Fliesenschneider kann entweder mit – frei positionierbaren – Saughebern fixiert werden oder, was für den Profi von Vorteil ist, auf dem Untergrund aufgeschraubt werden. Dies ermöglicht ein absolut sicheres Arbeiten; zudem lassen sich die Werkstücke leicht entfernen, da die Schraubvorrichtung über Stativgelenke verfügt. Weiteres besonderes Merkmal bei diesem Fliesenschneider: Der Schnittwagen läuft auf Schienen mit Kugellagern aus Edelstahl. Unpraktisch hingegen ist der Zweihandgriff, da sich beim beidhändigen Ritzen kaum ein gleichmäßig anhaltender Druck über die gesamte Schnittstrecke aufrecht erhalten lässt.
Schneiden und Bohren
Beim Bohren großer und dünner Platten kommt es nicht nur auf das
fachgerechte Werkzeug, sondern auch auf den Bohrvorgang als solchen
an. Volker Schwenk, der sich mit seinem Unternehmen Schwenk Fliesen
auf die Verlegung extremer Großformate spezialisiert hat,
erläutert: „Man sollte die Bohrkrone leicht schräg ansetzen und
dann in taumelnden Bewegungen bohren“. Die Taumelbewegung würde
dazu führen, dass immer nur ein Teil der Krone auf dem Werkstück
aufliege, was perfekte Bohrergebnisse erziele“, so der Eppsteiner
Verlegeprofi. Beim Trockenbohren empfiehlt er Paraffin-gefüllte
Bohrkronen, da sich das Werkstück dann gleichmäßig erwärme und
weniger schnell reiße. Der deutsche Werkzeug-Anbieter Karl Dahm
etwa, der derartige Bohrkronen im Durchmesser von 6 bis 14
Millimetern anbietet, wirbt damit, dass die Paraffin-Füllung für
eine perfekte Kühlung der Diamant-Bohrkrone sorge, da sich die
Füllung beim Bohren verflüssige. Bei den kleineren Bohrdurchmessern
erhalte der Anwender hierdurch zudem eine höhere Standzeit. Ein
weiterer Bohrtipp vom Fachmann: „Immer Vollgas geben, also mit
höchster Drehzahl bohren.“ Gleiches gilt für das Einschneiden
größerer Öffnungen in die Platten. Hierfür eignen sich am besten
möglichst dünne (1,2 Millimeter) Diamant-Trennscheiben für den
Winkelschleifer; für die Bearbeitung der dünnen Großformate sollten
immer geschlossene Diamantscheiben – mit durchgehendem Rand –
gewählt werden.
Es empfiehlt sich folgende Vorgehensweise: Als erstes die auszuschneidende Öffnung oder Ausklinkung auf der Platte anzeichnen, anschließend an den Kreuzungspunkten vorbohren um dem Material die Spannung zu nehmen und dann mit dem Winkelschleifer die erforderlichen Schnitte ausführen. Wer bei Ausschnitten auf Nummer Sicher gehen will, ritzt zunächst die Ausschnittkanten an und bohrt an den Endpunkten vor, erstellt dann mit dem Winkelschneider grob einen kleineren Ausschnitt als nötig, teilt den noch zu entfernenden Rand mit Einschnitten in kleinere Segmente und bricht diese Segmente mit der Brechzange einzeln ab. Zum Schluss müssen die noch runden Eckpunkte zu Ecken bearbeitet werden – was am einfachsten mit einem Diamantpad geht. Übrigens sollten ohnehin nach jedem Schneiden die scharfen Kanten der Platte gebrochen werden – am besten mit einem Diamantpad mit 200er Körnung.
Sollen die Fliesen beispielsweise an der Wandecke, bei Waschtischen oder Küchenarbeitsplatten auf Gehrung geschnitten werden, müssten sie eigentlich auf der elektrischen Nassschneide-Maschine mit Brücke für Gehrungs- und Kappschnitte bearbeitet werden. Derartige Geräte gibt es bislang aber noch nicht für die Riesenfliesen. Statt des Jollyschnittes kann die Gehrung mit der Diamant-Schleifscheibe an die Platte angearbeitet werden; dies erfordert je Kante jedoch zwischen 20 und 30 Minuten Arbeitszeit, da hier mit niedriger Drehzahl (etwa 4.000 bis 5.000 U/min) gearbeitet werden muss. Der Hersteller Raimondi hat daher einen Kantenautomaten (mit integrierter Staubabsaugung) entworfen, der einfach auf die Führungsschiene den Free-Cut aufgesetzt werden kann. Dieser Free-Flex ist mit einer Diamantscheibe ausgerüstet und ermöglicht im Trockenschnitt problemlose Gehrungsschnitte bei 90 oder 45 Grad – und zwar nicht nur an dünnen Platten von 3 bis 6 Millimeter, sondern auch solchen mit regulären Dicken bis 12 Millimeter, egal ob sie aus Keramik, aus Porzellankeramik oder aus Naturstein bestehen.
Die Kunst der vollsatten Verlegung
Sind die Platten vor Ort perfekt bearbeitet, müssen sie noch
korrekt verklebt werden. Speziell am Boden ist eine nahezu
hohlraumfreie Verlegung unerlässlich, da jeder Hohlleger später zu
Bruchschäden führen kann. Daher wird ausschließlich das kombinierte
Verfahren – auch Buttering-Floating-Verfahren – empfohlen, bei dem
neben dem Verlegeuntergrund auch die Plattenrückseite mit Klebstoff
bestrichen wird. Um den Klebstoff auf dem Arbeitstisch aufzahnen
und die Platte anschließend noch transportieren zu können,
empfehlen sich Saugheber-Gestelle, mit denen die Platte auf dem
Arbeitstisch gelegt und später zum Verlegeort transportiert wird.
Alle Verlegewerkstoff-Hersteller bieten Produkte speziell zur
Verlegung von XXL-Formaten an. Sie sind häufig zusätzlich mit einer
Kunststoff-Dispersion vergütet, die den zementären Dünnbettkleber
schubelastischer macht.
Für das Aufkämmen des Klebstoffes am Boden und an der Wand hat Rubi eine Kelle mit im 45-Grad-Winkel geneigten Zähnen (Stegbreite x Steghöhe: 6 x 6, 8 x 8, 10 x 10 und 12 x 12 mm) entwickelt, die hilft, die Haftung des Mörtels auf der Arbeitsfläche zu verbessern. Wird nämlich die klebstoffbeschichtete Großplatte aufgedrückt, kippen die schräg stehenden Klebstoffriefen um und sorgen für eine vollsatte Klebstoff-Bettung. Ob übrigens die Klebstoffzahnung auf Plattenrückseite und Untergrund in dieselbe Richtung oder gegensätzlich aufgetragen werden muss, darüber sind sich die Klebstoff-Hersteller uneinig. Während etwa Ardex angibt, dass der Klebstoff auf beiden Seiten „exakt in die gleiche Richtung“ aufgetragen werden sollte, empfiehlt beispielsweise Sopro, dass auf dem Verlegeuntergrund quer und auf der Plattenrückseite längs oder umgekehrt aufgezahnt werden sollte.
Um eventuell nach dem Kleben doch noch vorhandene
Lufteinschlüsse unter der Platte zu entfernen, werden die Platten
mit dem Gummihammer (auf Schlagklotz) abgeklopft. Als verbesserte
Alternative hierzu hat Raimondi ein Entlüftebrett erfunden, welches
aus stabilem Metallrahmen und einem Gummiboden besteht, der
speziell für dünne Großkeramikplatten entwickelt wurde. Mit ihm
kann verbliebene Luft zwischen Unterseite der Platte und Untergrund
herausgedrückt und so die Plattenhaftung im Kleberbett verbessert
werden.