Wohnhausaufstockung in Bochum
Flachdach ersetzt Satteldach
Nicht selten erhielten Flachdachbungalows der Nachkriegsmoderne im Zuge der Sanierung eine Aufstockung durch ein Satteldach. Genau andersherum geschah es einem Siedlerhäuschen am Südpark in Bochum-Wattenscheid, dessen Erbauungszeit bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. Das bewaldete, leicht abschüssige Grundstück des Hauses gefiel dem Bauherrn so gut, dass er mit seiner Familie unbedingt dort wohnen wollte – wenngleich der Bestand für die fünfköpfige Familie deutlich zu klein war. Er beauftragte das Büro bsp Architekten aus Bochum mit dem Umbau und der Erweiterung des bis dahin eingeschossigen, unterkellerten Siedlerhäuschens. Planungsrechtlich befindet es sich im Außenbereich, sodass ein Abriss und anschließender Neubau nicht infrage kamen. In enger Abstimmung mit dem städtischen Bauordnungsamt wurde das Satteldach entfernt, das Gebäude um eine Etage aufgestockt und an der südlichen Gebäudeecke um einen breiten, eingeschossigen Erker erweitert. Heute ist dem geräumigen, sauber verputzten Flachdachbungalow mit den schmalen Fensterprofilen und Dachkanten seine Vergangenheit kaum anzusehen – sie lässt sich höchstens anhand seiner Positionierung erahnen.
Gallerie
Das im Laufe der Zeit mehrfach umgebaute Wohnhaus wurde ursprünglich von der südöstlichen Talseite aus erschlossen. Dort befand sich eine Garage, die nun dem Untergeschoss angegliedert ist. Eine Außenwand an der Längsseite wurde dafür verlängert und ein Nebeneingang geschaffen. Der neue Haupteingang liegt mittig an der Südwestseite, überdacht durch den seitlichen Anbau. Das Erdgeschoss teilt sich in eine halböffentliche Zone zur Rechten, mit Küche, Esszimmer und Wohnraum, sowie einen weitgehend unabhängigen Bereich für ein erwachsenes Kind zur Linken. Auf einer Achse mit dem Eingang befindet sich die zweiläufige Treppe ins Obergeschoss, das ein Schlafzimmer mit Ankleide und Bad für die Eltern sowie zwei Kinderzimmer mit eigenem Bad beinhaltet. An der Südostseite und im Anbau nach Südwesten öffnen sich Küche und Wohnraum mit hohen Verglasungen, zum Teil auch mit Glastüren zur umlaufenden Terrasse. Weiße Wände und Decken sowie ein durchgehender Bodenbelag aus hellgrauem Zementmörtel unterstützen den großzügigen Raumeindruck.
Der gestaffelte Flachbau zeigt eine klare Linienführung mit fein ausgearbeiteten Details. Die kantigen Volumen werden durch die außenbündigen Fenster und die schmal geführten Dachprofile hervorgehoben. Die Putzfassaden changieren vom Weiß des Anbaus über das hellgraue Haupthaus bis hin zum Erdton an der Garage.
Bauphysik
Ältester Teil des Bestands war der Keller, das eingeschossige
Siedlerhaus mit Satteldach war später aufgesetzt worden. Die alten
Ziegelmauern des Untergeschosses wurden aufgrund der hohen Feuchte
vollständig freigelegt und schwarz (bituminös) abgedichtet. Eine
Abdichtung der Bodenplatte zum Erdreich erfolgte
jedoch nicht, sodass im Keller ein vergleichsweise feuchtes Klima
herrscht. Der Estrich am Boden wurde mit Epoxidharz versiegelt; ein
dort befindlicher Hobbyraum ist nicht dauerhaft bewohnt. An einer
Außenecke war eine Unterfangung notwendig. Eine Schotterschicht vor
den abgedichteten Bestandswänden fungiert als Spritzschutz
Das Erdgeschoss wurde vollständig entkernt, der Grundriss neu organisiert. Die neuen Wände sind aus Kalksandstein (17,5 cm) errichtet. Eine Herausforderung war die ebenmäßige Fassadengestaltung mit WDVS (14 cm) auf verschiedenen Untergründen. Bei den neu errichteten Wänden reichte eine Verklebung aus, auf den Bestandsmauern mussten die Dämmelemente zusätzlich verdübelt werden. Die Fensterrahmen wurden über eine Unterkonstruktion vor der Rohbauwandöffnung gehalten, bis alle Lagen des WDVS (Klebeschaum, Dämmplatten aus EPS bzw. PUR-Hartschaum, Schwerarmierung mit Spachtelmasse, Kratzputz) aufgebracht waren, damit die Profilrahmen bündig mit der Fassade abschließen. Die Putzschicht erhielt einen schützenden Außenanstrich. Die nach außen öffnenden Fenster sind ein dänisches Fabrikat: eine mit Aluminium verblendete Holzrahmenkonstruktion, die schlagregendicht und besonders witterungsbeständig sein soll. Eine Schattenfuge trennt die Fensterprofile von der Wandfläche, damit durch Schlagregen keine Tropffahnen auf der Putzfläche entstehen. Das Wasser läuft in der Fuge bis zur Fensterbank, die rund 3 cm hervorkragt und eine saubere Abtropfkante hat. Die Fugen selbst sind zweilagig durch ein 3 cm starkes Kompriband und ein Dichtband aus Neopren abgedichtet. Auf einen Sonnenschutz konnte verzichtet werden, da die vielen Laubbäume auf dem Gelände während der warmen Monate genügend Schatten spenden.
Die Flachdächer (1% Gefälle) folgen einem klassischen Aufbau:
Oberhalb einer Stahlbetondecke befindet sich die Dampfsperre und darüber eine im Mittel 20 cm
starke Gefälledämmung aus EPS (WLG 035). Als Abdichtung kommen Dachbahnen aus
Kunststoff (TPO mit Glasvlieseinlage) zum Einsatz, geschützt durch
eine mindestens 5 cm starke Kiesschüttung. Die Abdichtung wird an
der Attika hochgeführt, in der eine 25 mm starke OSB-Platte die
Unterkonstruktion bildet; als Abdeckung fungiert ein unbewittertes
Zinkblech. Die Dachentwässerung oberhalb des Anbaus erfolgt innen
liegend, über ein Fallrohr in der Trennwand zwischen dem Wohnraum
und einem kleinen Arbeitszimmer. (us)
Bautafel
Architekten: bsp Architekten Bödecker Schulte Partner, Bochum
Projektbeteiligte: Ingenieurbüro C-Plan, Friedrich Cleven, Kevelaer (Statik); TGA Ditmer, Moers (TGA); KuW Zimmermann, Bochum (WDVS und Malerarbeiten); Werkhof Witten Schreinerei, Witten (Fenstereinbau); Brillux, Münster (Hersteller WDVS und Farbe); Velvac, Horsens (Fensterhersteller); Bauder, Stuttgart (Bitumenabdichtung der Bestandswände)
Bauherr: Herr Schäfer-Taschke
Fertigstellung: 2014
Standort: Am Südpark 31, 44869 Bochum
Bildnachweis: Podehl Fotodesign, Detlef Podehl, Unna