Voraussetzungen am Bestand für Aufstockungen
Statik, Bauphysik sowie Brand- und Schallschutzanforderungen
Um den Eingriff in die Bestandsstrukturen so gering wie möglich zu halten, sollte bei einer Aufstockung bestenfalls das vorhandene statische Grundsystem weiter genutzt werden. Daher sind aus statisch-konstruktiver Sicht die Beanspruchbarkeit sowie die konstruktive Ausbildung der obersten Geschossdecke, der Tragkonstruktion sowie des Fundaments zu untersuchen. Neben der Tragwerksstruktur müssen auch bauphysikalische Faktoren berücksichtigt werden. Es sind verschiedene energetische Richtlinien sowie Brand- und Schallschutzanforderungen für die bestehenden und neuen Räumlichkeiten zu erfüllen.
Gallerie
Traglastreserven
Bei Aufstockungen kommen als zusätzliche Lasten das Eigengewicht
der neuen Geschosse sowie die Nutzlasten hinzu. Bei der Bewertung
dieser zusätzlichen Lasten werden die vorhandenen Lastreserven des
Bestandes berücksichtigt.
Bei Umnutzungen zu Wohngebäuden fallen in der Regel Lastreserven an, da bei einer Wohnnutzung im Vergleich zu anderen Nutzungskategorien die geringsten Nutzlasten anzusetzen sind. So beträgt die Nutzlast eines Warenhauses 5kN/m², während die Nutzlast eines Wohnhauses bei nur 2 kN/m² liegt. Daraus ergeben sich Lastreserven, die etwa für eine Aufstockung herangezogen werden können.
Wie viele Geschosse unter Ausnutzung der konstruktiven Tragfähigkeitsreserven durch eine Aufstockung durchschnittlich aufgebracht werden können, wird als mittlerer Verdichtungsschlüssel (mVS) bezeichnet. Für Nichtwohngebäude der Jahre 1950 bis 1995 ergibt sich ein Verdichtungsschlüssel von 1,35 Geschossen pro Gebäude. Für Mehrfamilienhäuser der Jahre 1950 bis 1989 ergibt sich ein mittlerer Verdichtungsschlüssel von 1,2 bis 1,4 Geschosse pro Gebäude.
Brandschutz
Die Anforderungen an den bauliche Brandschutz sind abhängig von der
Nutzung des Gebäudes sowie der Gebäudehöhe und Größe der
Nutzungseinheiten und werden in den aktuellen Landesbauordnungen
über die Gebäudeklassen definiert. Durch Aufstockungen können sich
diese Anforderungen ändern oder erhöhen. In der Regel genießen
bestehende Gebäude Bestandsschutz, der auch für den Bereich des
Brandschutzes gilt. Bei einer Änderung der baulichen Struktur oder
der Nutzung, kann dieser Bestandsschutz verloren gehen. Besonders
bei bauantragsrelevanten Änderungen muss der veränderte Bereich auf
die aktuellen rechtlichen Vorgaben angepasst werden: Beim
Brandschutz gilt das für den veränderten Bereich bis zu einem
brandschutztechnisch wirksamen Abschluss sowie für erforderliche
Flucht- und Rettungswege. Für die übrigen Bereiche muss ein
Nachweis vorgelegt werden, dass es durch die Änderung zu keinen
nachteiligen Auswirkungen kommen kann. Sofern in den betrachteten
Bereichen die Anforderungen nicht eingehalten werden können, müssen
folgende Maßnahmen vorgenommen werden:
- brandschutztechnische Ertüchtigung
- Brandschutznachweis untersuchen und nachweisen, dass die Unterschreitung der heutigen materiellen Anforderungen zu keiner Beeinträchtigung des Schutzniveaus (definiert in Bauordnungen) führt
- ebenso müssen Flucht- und Rettungswege neu beurteilt werden, da diese u.a. in Abhängigkeit zu Gebäudehöhe stehen
- bei der Erhöhung von Gebäuden können ergänzende Maßnahmen erforderlich werden
- wenn eine Aufstockung einen Wechsel in eine höhere Gebäudeklasse zur Folge hat, gelten ggf. auch für den Bestand erhöhte Anforderungen
Sofern eine ausreichende Feuerbeständigkeit des Gebäudes nachgewiesen werden kann und Flucht- und Rettungswege in allen Geschossen sichergestellt sind, stellen die brandschutztechnischen Anforderungen in der Regel kein maßgebliches Hemmnis zur Umsetzung dar.
Schall- und Emissionsschutz
Anforderungen an den Schall- und Emissionsschutz unterscheiden sich
nach Art und Standort.
Büro- und Verwaltungsgebäude:
- nach DIN 4109: Schallschutz im Hochbau sind die Wohnnutzung der Aufstockung wie auch die bestehende Büronutzung wechselseitig voreinander zu schützen
- die Anforderungen an den Trittschallpegel für eine Wohnnutzung
ist etwas höher als für eine Büronutzung
- Emissionen der anliefernden LKW sowie des Entladevorgangs sind zu beachten
- dafür können spezielle Entladevorrichtungen eingesetzt werden, in denen der Entladevorgang nach außen entkoppelt und geräuscharm stattfinden kann
Stellplatzverordnung
Die Stellplatzbaupflicht ist in den jeweiligen Landesbauordnungen
festgeschrieben; in einigen Bundesländern liegt sie in der
Verantwortung der Kommunen. Dabei ist der jeweilige notwendige
Stellplatznachweis je nach Bauvorhaben als Einzelfall zu
betrachten. Aus städtebaulichen oder verkehrlichen Gründen kann die
Herstellung von Stellplätzen untersagt oder eingeschränkt werden,
in jedem Fall ist aber individuell und standortabhängig die
Sicherung der Mobilität für Anwohnende zu gewährleisten.
-si
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