Bauliche Varianten von Aufstockungen
Was ist konstruktiv möglich und gestalterisch erlaubt?
Geschossaufstockung
Die häufigste Form der Dachaufstockung ist die Geschossaufstockung,
da sie den größtmöglichen Zugewinn an Wohnraum ermöglicht. Dabei
können, je nach Statik des Bestands und erlaubter Traufhöhe, ein
Staffelgeschoss mit Dachterrasse oder mehrere Vollgeschosse
aufgestockt werden. Die Geschossaufstockung eignet sich
insbesondere für Bestandsgebäude mit Flachdach und kann in
vielfältigen gestalterischen Varianten erstellt werden. Auch bei
Bestandsgebäuden mit Schrägdach kann dieses abgebaut, das Gebäude
aufgestockt und mit einer Dachform der Wahl abgeschlossen
werden.
Gallerie
Kniestockerhöhung
Bei Bestandsbauten mit einem geneigtem Dach können sogenannte
Kniestockerhöhungen realisiert werden. Als Kniestock werden die
Außenwandteile bezeichnet, auf denen die Steildachkonstruktion
aufliegt. Bei Satteldächern findet sich auf beiden Traufseiten
jeweils ein gemauerter Kniestock, der auf der Rohdecke unter dem
Dachgeschoss beginnt und dort endet, wo die Außenwand an die
Dachfläche stößt. Je höher der Kniestock, desto größer ist also der
Raum unter dem Steildach. Dieser Zugewinn an Wohnraum lässt sich
zusätzlich erhöhen, wenn gleichzeitig der Neigungswinkel der
Dachflächen vergrößert wird. Grundsätzlich kann eine
Kniestockerhöhung auf zwei Arten realisiert werden:
- Wenn das Altdach in gutem Zustand ist, kann der gesamte Dachstuhl mit einem Kran angehoben werden, sodass der Kniestock auf beiden Seiten aufgemauert werden kann. Danach wird das Dach wieder abgesenkt und mit dem Gebäude verbunden.
- Muss das alte Dach erneuert werden, kann dieses abgebaut und nach der Kniestockerhöhung durch ein neues Dach ersetzt werden.
Konstruktionsarten von Aufstockungen
Grundsätzlich sind Aufstockungen in Leichtbauweisen oder massive, gemauerte Aufstockungen möglich. So muss abhängig von den konstruktiven Voraussetzungen im Bestand im Einzelfall entschieden werden, welche Art der Aufstockung möglich ist.
Leichtbauaufstockung
Da die Konstruktion und Tragfähigkeit von Bestandsbauten in der
Regel nur so stark wie nötig dimensioniert ist, kann davon
ausgegangen werden, dass die zusätzliche Last einer Aufstockung so
gering wie möglich zu halten ist. Der Vorteil von
Leichtbauaufstockungen liegt einerseits im geringen Gewicht und
andererseits darin, dass oftmals Fertigbauteile verwendet werden,
die im Werk vorgefertigt und auf der Baustelle schnell und einfach
zusammengesetzt werden können. Das minimiert die Bauzeit und damit
auch die Zeit, in der die Bewohnerinnen und Bewohner des Bestands
durch Baulärm gestört werden müssen. Vor allem Holz- und
Stahlbauweise eignen sich gut für Leichtbauaufstockungen.
Allerdings bestehen bei diesen Materialen große
Verformungsunterschiede zum massiven Bestandsmaterial (in der Regel
Beton oder Mauerwerk), dies muss bei der Planung berücksichtigt und
durch entsprechende Maßnahmen kompensiert werden. Der Innenausbau
geschieht meist mit Trockenbauplatten, die neben ihrem geringen
Gewicht auch schall- und brandschutztechnisch vorteilhaft sind.
Aufgemauerte Aufstockung
Wenn die vorhandene Bausubstanz die konstruktiven und statischen
Voraussetzungen für eine massive Aufstockung erfüllt, ist diese aus
bauphysikalischen und Verformungsgründen der Leichtbauweise
vorzuziehen. Diese Wahl empfiehlt sich also, wenn die Vorteile von
Mauerwerk wie hohe Beständigkeit, guter Schall- und Brandschutz,
hohe Wärmespeicherfähigkeit sowie hohe Tragfähigkeit genutzt werden
sollen. Um Verformungsdifferenzen und die Gefahr daraus
resultierender Rissbildungen zu verringern, ist es sinnvoll,
Mauersteine mit ähnlichen Verformungseigenschaften wie das
Bestandsmauerwerk zu verwenden. Dementsprechend sollte man darauf
achten, die gleiche Steingattung zu verwenden (also z. B. Kalksandstein, wenn das Bestandsgebäude aus
KS-Mauerwerk besteht oder Ziegel, wenn es aus altem Ziegelmauerwerk
besteht). Natürlich kann die Aufstockung auch mit anderen
Mauersteinen erfolgen. Dann sind beim Verputzen entsprechende
Maßnahmen (z. B. die Verwendung von Putzarmierung) vorzusehen, um
die Rissbildung möglichst zu verhindern bzw. die Rissbreite
kleinzuhalten. Die schlanksten Wände mit sehr guten Schall- und
Brandschutzwerten lassen sich mit Kalksandsteinen realisieren.
Planung einer Dachaufstockung
Bei jeder Form der Dachaufstockung handelt es sich um einen Eingriff in den Gebäudebestand, die eine Baugenehmigung voraussetzt. Im Vergleich zu Neubauten sind bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Regelungen im Zusammenhang mit dem Bestand zu beachten. In einem Baugenehmigungsverfahren prüft die örtliche Bauaufsichtsbehörde, ob das Bauvorhaben mit dem geltenden Baurecht übereinstimmt. Näheres wird von den Landesbauordnungen geregelt. Dabei stellen sich folgende Fragen:
Ist das Bauvorhaben technisch realisierbar?
- Ein Sachverständiger muss berechnen, ob das Bestandsgebäude über die statischen Voraussetzungen für eine Aufstockung verfügt
Wird das Vorhaben den optisch-gestalterischen Anforderungen gerecht?
- In detaillierten Bebauungsplänen wird von den Kommunen festgelegt, was erlaubt ist – lässt der Bebauungsplan ein weiteres Stockwerk zu?
- In der Regel darf sich das Gebäude nicht zu sehr von den Nachbargebäuden abheben und muss optisch ins städtebauliche Gesamtkonzept passen
- Oft stehen starre Beschränkungen bei Trauf- und Firsthöhen der Umsetzung einer Aufstockung im Weg
- Stimmt das Vorhaben mit den Maßgaben der Flächennutzung im Bebauungsplan überein?
- Geschossflächenzahl (GFZ): Dieser Wert gibt an, wie viel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche zulässig sind. Die GFZ ist ein festgeschriebener Wert im Bebauungsplan und soll eine zu hohe Bebauungsdichte vermeiden
- Demnach darf die Summe der einzelnen Brutto-Geschossflächen in Quadratmeter die Grundstücksgröße multipliziert mit der GFZ-Zahl nicht überschreiten
- In bestimmten Fällen können Ausnahmegenehmigungen ausgesprochen
werden. -si
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