Transkritische CO2-Anlagen
Transkritische CO2-Kälteanlagen werden seit einigen
Jahren besonders im Einzelhandel und in der industriellen
Kältetechnik verstärkt eingesetzt. Während bei herkömmlichen
CO2-Kälteanlagen die Abwärme in der Regel unterstützend
für Warmwasser und Gebäudeheizung genutzt wird, sollen
transkritische Anlagen den gesamten Wärmebedarf eines Gebäudes oder
Supermarkts abdecken können, indem die nutzbare Abwärmemenge stark
erhöht wird. Zudem lässt sich Kohlenstoffdioxid im transkritischen
Betrieb auch bei höheren Temperaturen einsetzen, was es für die
Verwendung als Kältemittel für Wärmepumpen interessant
macht.
Gallerie
Eigenschaften von Kohlenstoffdioxid
Kohlenstoffdioxid (ASHRAE-Nummer: R744) hat als Kältemittel
bereits eine lange Tradition. Bereits 1850 wurde es von Alexander
Twinning in seinem Britischen Patent vorgeschlagen, Die erste
CO2-Kompressionskältemaschine in Europa wurde 1881 von
Carl von Linde konstruiert, im MAN-Konzern hergestellt und 1882 bei
der Firma Krupp in Essen in Betrieb genommen. Mit dem Aufkommen
synthetischer Kältemittel in den 1930er-Jahren wurde es als
Kältemittel jedoch weitgehend verdrängt. Erst in den 1980er- und
1990er-Jahren, als klar wurde, dass die am häufigsten eingesetzten
synthetischen Kältemittel im Wesentlichen für den Ozonabbau und den
Treibhauseffekt verantwortlich sind, rückte das Kohlenstoffdioxid
wieder ins Rampenlicht.
Denn CO2 ist nicht brennbar, trägt nicht zum Ozonabbau bei und besitzt ein vielfach geringeres Treibhauspotenzial als herkömmliche Kältemittel. In kleinen Mengen ist das Gas zudem ungiftig, bei hohen Konzentrationen in der Luft droht allerdings Erstickungsgefahr. Da es geruchs- und farblos ist, bieten bodennahe Sensoren hier die entsprechende Sicherheit. Anlagen, die mit CO2 als Kältemittel betrieben werden, müssen indes höhere Systemdrücke und niedrigere, kritische Temperaturen aushalten. Entsprechend sicher muss eine Anlage gebaut sein und gewartet werden.
Da Kohlenstoffdioxid allerdings gegenüber konventionellen
Kältemitteln ein günstigeres Druckverhältnis und eine fünf- bis
achtfach größere volumetrische Leistung besitzt, können die
Anlagekomponenten wie Verdichter oder Rohrdurchmesser wesentlich
kleiner dimensioniert werden. Durch den hohen
Wärmeübertragungskoeffizient von CO2 kann der
Wärmeübertrager kleiner ausfallen. Aufgrund der geringen Viskosität
ist weniger Pumparbeit nötig, was vor allem bei Anlagen mit
größerer Netzlänge vorteilhaft ist. Durch all das wiederum
reduzieren sich Materialeinsatz, Anlagengewicht und
Abtauzeit.
Thermodynamische Grundlagen
Um zu verstehen, was eine transkritische CO2-Anlage
ausmacht, muss zunächst ein Blick auf die drei thermodynamischen
Zustände von Stoffen geworfen werden: fest, flüssig und gasförmig.
Der Punkt, definiert durch Druck und Temperatur, an dem alle drei
Aggregatzustände zugleich auftreten, sich also im Gleichgewicht
miteinander befinden, wird als Triplepunkt bezeichnet (im Bild 2:
Pt). Der kritische Punkt (im Bild 2: Pc) ist erreicht, wenn sich
die Dichten der flüssigen und der gasförmigen Phase so weit
angleichen, dass zwischen beiden Aggregatszuständen kein
Unterschied mehr existiert. Beim Überschreiten dieses kritischen
Punktes spricht man von einem transkritischen (also überkritischen)
System.
Transkritischer Bereich
Bei herkömmlichen Kältemitteln spielen die thermodynamischen
Punkte meist keine Rolle. Beim Einsatz von CO2 sind sie
jedoch wichtig: Der kritische Punkt liegt bei niedrigen rund +31 °C
und 74 bar. Darüber treten sehr hohe Drücke auf, weswegen bei
subkritischen Anlagen, also solchen, die unterhalb des kritischen
Punktes arbeiten, vor allem eine übermäßige Erwärmung der Anlage
(beispielsweise durch die Umgebungstemperatur) vermieden werden
muss, etwa durch Schutzmaßnahmen wie eine Hilfskühlung, ein
Ausgleichsgefäß oder das Ablassen von CO2. Das
Kältemittel wird hier auf der Hochdruckseite verflüssigt und auf
der Niederdruckseite verdampft.
Bei transkritischen Anlagen gibt es hingegen keinen
Verflüssiger, sondern einen Gaskühler. Darüber hinaus müssen
transkritische Anlagen sehr hohen Drücken von weit über 75 bar
standhalten. Aus diesem Grund sind auch die Kosten für die
benötigten Komponenten derzeit noch relativ hoch. Darüber hinaus
handelt es sich um eine recht junge Anlagentechnik.
Bedeutung der Umgebungsstemperatur
Der Einsatz von transkritischen CO2-Kälteanlagen ist vor allem dann effizient, wenn die Umgebungstemperatur bzw. die Temperatur auf der warmen Seite durchschnittlich unter 15 °C liegt. Je höher die Temperatur, desto geringer die Effizienz. Bis vor Kurzem war deshalb das Klima des Aufstellungsortes ein wichtiger Faktor. In dem Zusammenhang sprach man in Fachkreisen von einem „CO2-Äquator“, ein imaginärer Breitengrad, der mitten durch Europa führte: Nördlich davon ließen sich transkritische Anlagen sinnvoll betreiben, im wärmeren Süden nicht. Durch künstliche Unterkühlung mithilfe externer Kälteanlagen verschiebt sich dieser Äquator aber deutlich nach Süden, sodass transkritische Anlagen fast in ganz Europa betrieben werden können.
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