Sanierputze sind keine Alleskönner
Fachbeitrag in Ausgabe 04-20 des Deutschen Architektenblatts (dab)
Der Einsatz von Sanierputzen ist weit verbreitet, sie gelten geradezu als „Allzweckwaffe” bei alten, insbesondere feuchten Putzen. Wer sie anwendet, sollte jedoch die bauphysikalischen Zusammenhänge kennen, die mit ihrer Funktion und Verarbeitung einhergehen. Was zu beachten ist, schildern Sylvia Stürmer und Hermann G. Meier im Fachbeitrag „Sanierputze sind keine Alleskönner: Vorbereitung, Ausführung, Risiken”, erschienen in Ausgabe 04-20 des Deutschen Architektenblatts (dab) bzw. Ausgabe 5 der Zeitschrift Bausubstanz des Fraunhofer IRB Verlags.
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Bereits 1985 erschien das erste Merkblatt der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege (WTA) zum Einsatz von Sanierputzen. Von Beginn an lag der Fokus hierbei auf Qualitätssicherung und Zertifizierungsverfahren – d.h. auf Beratung und Bestands- bzw. Schadensanalyse. Während die Putzsysteme schon früh äußerst leistungsfähig waren und mittlerweile praxiserprobt sind, verursachen Fehlanwendungen gestern wie heute zahlreiche Baumängel.
Eine umfangreiche Voruntersuchung mit Klärung der Feuchteursache und Bestimmung der Salzbelastung durch Laboranalysen sollte immer die Grundlage bilden. Der Versalzungsgrad wird durch Mauerwerks- und Altputzproben ermittelt. Anhand der Salzbelastung beschreibt das WTA-Merkblatt „Sanierungsputzsysteme“ die Instandsetzungsmaßnahmen als ein- oder zweilagigen Sanierputz. Insbesondere der zweilagige Aufbau mit Porengrundputz und Sanierputz hat sich bei geringer wie auch hoher Salzbelastung in der Praxis bewährt: Die erste Lage, der Porengrundputz, dient als Puffer- und Ausgleichsschicht mit einem ausreichenden Speichervermögen für Salzablagerungen. Dabei muss eine hohe Porosität und Wasserdampfdurchlässigkeit bei gleichzeitig erheblich verminderter kapillarer Leitfähigkeit gewährleistet sein, um einerseits den Feuchtetransport aus dem feuchten Bauteil an die Putzoberfläche zu ermöglichen, andererseits die Salzablagerung dort zu verhindern.
Sanierputze müssen auf Dauer einen Feuchtigkeitsaustausch auf dem Diffusionswege ermöglichen. Durch Erhöhung der Porosität des Putzquerschnittes wird die Diffusionsleistung verbessert. Die Porengeometrie muss so gestaltet sein, dass auch nach langer Zeit keine Trocknungsblockade infolge von Salzeinlagerungen eintritt. Durch hydrophobierend wirkende Zusatzmittel wird der kapillare Wassertransport stark reduziert. Dadurch ist gewährleistet, dass die Verdunstungszone des Wassers nicht an der Putzoberfläche, sondern im Putzquerschnitt liegt: Eine wichtige Voraussetzung für schadensfreien Putz auf salzhaltigem Untergrund.
Nach Möglichkeit sollte bei der Sanierung zunächst der Durchfeuchtungsgrad gesenkt werden, durch eine nachträgliche vertikale bzw. horizontale Abdichtung, Trocknung und ähnliche Maßnahmen. Ansonsten reicht die Transportleistung des Sanierputzes über die Feuchtediffusion nicht aus. Bei der Anwendung von Sanierputzen als Innenputz spielt zudem die relative Luftfeuchte bzw. das bauphysikalische Raumklima eine entscheidende Rolle. Denn liegt der Taupunkt ständig innerhalb des Sanierputzquerschnitts, würde dies auch bei einem grundsätzlich funktionierenden Putzsystem mit der Zeit zu einer Durchfeuchtung führen.
Auch wenn der Aufbau und die Wirkungsweise von
Sanierputzsystemen mittlerweile bewährt, die Voruntersuchungen,
Laboranalysen und Instandsetzungsplanungen in den WTA-Merkblättern
detailliert beschrieben sind, werden in der Ausführung häufig
Fehler gemacht: Zum Beispiel durch mangelhafte
Untergrundvorbereitung oder eine zu hohe Luftfeuchtigkeit, die ein Trocknen des Putzes
verhindert. Besonderes Augenmerk und vertieftes Wissen bei der
Bauüberwachung sind notwendig – viele Architekten bzw. Bauleiter
stoßen dabei an ihre Grenzen.