Bruchschäden
Generell verfügen keramische Fliesen und insbesondere das zumeist
eingesetzte bedruckte, glasierte und unglasierte Feinsteinzeug über eine hohe Bruchfestigkeit.
Ihre Bruchlast/Biegezugfestigkeit wird in der DIN EN ISO 10545,
Teil 4 Keramische Fliesen und Platten - Bestimmung der Biegefestigkeit und der Bruchlast
abgehandelt. Die Biegezugfestigkeit eines Materials ist bei hohen
Punktlasten von Bedeutung. Bei diesen Lasten wird die Fliese von
oben auf Druck und an der Unterseite auf Zugspannung
beansprucht.
Bruchlasten und Biegezugwerte
Während bei stationären Beanspruchungen von Fliesen eine vollsatte
hohlraumfreie Verlegung meist völlig ausreicht, können ambulante
Belastungen – etwa durch Befahren – schnell zum Bruch der Fliese
führen. Dies ist der Fall, wenn die Fliese den Anforderungen nicht
entspricht, also zum Beispiel mechanisch nicht hochbelastbar ist.
Entscheidend ist hierbei weniger das Gesamtgewicht des
überfahrenden Fahrzeuges als vielmehr die Art seiner Bereifung.
Während beispielsweise luftbereifte Fahrzeuge und auch solche mit
Vollgummi-Reifen noch unproblematisch sind, steigt die Gefahr bei
Polyamidrollen (Druckbelastung bis ca. 20 N/mm²) und erst recht bei
Stahlrädern (Druckbelastung bis ca. 150 N/mm²). Dabei spielt es
keine Rolle, wie häufig die Fliese überfahren wird; bereits ein
einmaliges Befahren kann zum Bruch einer Fliese führen, wenn sie
für die einwirkenden Lasten nicht konzipiert wurde.
Gallerie
Trockengepresstes unglasiertes Feinsteinzeug gehört nach DIN EN 14411 Keramische Fliesen und Platten - Begriffe, Klassifizierung, Gütemerkmale und Kennzeichnung zur Gruppe B Ia, das heißt, es erreicht die höchsten Biegezugwerte (siehe Tabelle „Beispiele für die Bruchlast keramischer Fliesen und Platten“ im Download). Während bisher besonders dicke Spezialfliesen aus bestimmten Serien hergestellt werden mussten, um hohe Belastungswerte zu erreichen, produzieren führende Herstellern inzwischen Fliesen in 11 mm Stärke, die bei einem rechteckigen Format von 30 x 60 cm eine Druckbelastung zwischen 50 und 60 N/mm² aushalten. Damit sind sie nur von Stahlrädern in Verbindung mit tonnenschweren Lasten zu beschädigen.
Quadratische Formate verhalten sich bei Belastung unkritischer als rechteckige Formate, da bei ihnen die Belastung gleichmäßig über die gesamte Fliese verteilt wird – vorausgesetzt, die Fliese ist vollsatt und hohlraumfrei auf einem ebenen Untergrund verlegt. Gleiches gilt, je kleiner die einzelne Fliese ist.
Möglichkeiten der Verlegung
Für die Verlegung großformatiger und besonders dünner Fliesen sowie
der noch dünneren Porzellankeramik empfiehlt sich das
Buttering-Floating-Verfahren, da bei Schadensfällen häufig eine
schlechte Benetzung der Rückseite und kaum zerdrückte
Dünnbettmörtelstege festzustellen sind. Eine solcherart stark
reduzierte Haftfläche kann logischerweise nur bedingt Kräfte und
Spannungen aufnehmen. Da das Buttering-Floating-Verfahren
zeitaufwändig ist, kommen immer häufiger neu entwickelte
Fließbettmörtel zum Einsatz, die eine nahezu hohlraumfreie
Einbettung der Fliesen in das Kleberbett ermöglichen.
Schwierigkeiten bei der Verlegung von großformatigen und
dünnen Fliesen
Mit der Verwendung von Großformaten und der Markteinführung von 3
mm starker Porzellankeramik sowie etwa 5 mm starken
Feinsteinzeugfliesen ist die Zahl der Bruchschäden dramatisch
angestiegen. Während die „normalen“ großformatigen Fliesen mit den
oben genannten Verlegematerialien und -verfahren einigermaßen
beherrschbar sind, verführen die mittlerweile bereits in gleichen
Großformaten erhältlichen dünnen Fliesen zur
Sorglosigkeit - obgleich sie entgegen den Aussagen mancher
Hersteller über wesentlich niedrigere Biegebruchwerte verfügen. Es
drängt sich der Eindruck auf, dass hier ein Produkt auf dem Rücken
der Verarbeiter in den Markt eingeführt wurde, nur um an dünnere
und leichtere Materialien verlorene Marktanteile im
Renovierungsmarkt zurückzugewinnen.
Wegen der nur 3 mm starken ultradünnen und mit Formaten von bis
zu 3,60 x 1,20 m zugleich riesigen Porzellankeramik haben viele
Fliesenleger einiges Lehrgeld zahlen müssen: Allein der
beschädigungsfreie Transport bis an den Verlegeort stellt eine
Herausforderung dar - und das gilt auch bei der mit einem
rückseitig in Epoxidharz gebetteten Glasfasergewebe geschützten
Materialvariante. Allerdings kann Porzellankeramik bis zu einem
gewissen Grad gebogen werden und erlaubt dadurch die Verlegung auf
leicht konkaven und konvexen Flächen. Schwierig stellt sich auch
die Bearbeitung dar: Porzellankeramik verhält sich so ähnlich wie
Glas und muss auch so geschnitten werden. Besondere Vorsicht ist
beim Bohren von Löchern geboten, denn Porzellankeramik braucht eine
anschließende Entspannungszeit, damit das Material nicht bricht.
Und schließlich muss Porzellankeramik auf topfebenen Untergründen
völlig hohlraumfrei verlegt werden.