St. Vinzenzhaus in München
Sanierung eines historischen Krankenpflegehauses
Das St. Vinzenzhaus liegt mitten in München, umbaut von Klinikbauten der LMU, nur rund 500 Meter vom Sendlinger Tor entfernt. In seiner Bauzeit, 1836 bis 1839, war das noch anders: König Ludwig hatte das Krankenpflegehaus als Erweiterung für das allgemeine Krankenhaus von Friedrich von Gärtner planen lassen. Er ließ es vor den Toren der Stadt bauen. So konnten sich die Kranken im Grünen und unter der Pflege der Frauen des Ordens der barmherzigen Schwestern erholen. Das Haus war zugleich das deutsche Mutterhaus und als Kloster der spirituelle Mittelpunkt des Ordens. Mit dem Fortzug der Schwestern ging das Gebäude in den Besitz des Bayerischen Staates über.
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2016 erfolgte der Auftrag an Kai Otto Architekten, die Sanierung und Umnutzung des Gebäudes als psychiatrische Klinik zu planen. Das Haus musste dafür nicht nur denkmalgerecht aufgearbeitet werden. Es brauchte eine grundlegende energetische und gebäudetechnische Sanierung, in Teilen eine statische und brandschutztechnische Ertüchtigung und eine funktionelle Neuordnung der Grundrisse. Hinzu kamen die besonderen Ansprüche an die Nutzung als Hospital. Das Team von Kai Otto Architekten übernahm die Entwurfs- und Ausführungsplanung bis hin zur Bauleitung.
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Statische und brandschutztechnische Sanierung
Das Team plante den Rückbau der nichttragenden, teils gemauerten Wände der Einbauten. Sie überprüften die Bauteile und die alten Holzbalkendecken auf Feuchtigkeit und Schäden und stellten einen schweren Befall mit Hausschwamm und Pilzen fest. Daher mussten sie alle Geschossdecken vom Erdgeschoss bis ins dritte Obergeschoss entfernen lassen. Sie ließen die Decken in Stahlbeton neu aufbauen, was auch den Brandschutz verbesserte. Denn auch dieser war ein Knackpunkt: Der um den Innenhof laufende Kreuzgang mit direktem Anschluss an den alten Treppenaufgang aus Holz verlangte eine Optimierung der Fluchtwege. So plante das Team die Unterteilung der Flure mit Glastüren in fünf Abschnitte. Ein zweites Fluchttreppenhaus aus Beton war bereits nachgerüstet. Das Team plante einen dritten Fluchtweg von den alten Kappellenemporen über eine Wendeltreppe aus Stahl.
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Versteckte Anlagentechnik
Die für Krankenhäuser typischen, technischen Anlagen sind bei diesem Haus kaum sichtbar. Die notwendige Lüftungs- und Klimatechnik, ebenso Elektro-, Licht- und Medientechnik verschwinden überwiegend hinter den abgehängten Decken. Diese Deckenabhängungen fallen im Erdgeschoss sehr knapp aus, um die Bestandsfenster und Bogengänge in der Höhe nicht zu beschneiden. Mit anderen Funktionen und entsprechendem Technikbedarf in den Obergeschossen brauchten die Decken der oberen Geschosse eine tiefere Abhängung und verdecken in Teilen die Durchgangsbögen. Die Technikzentralen liegen versteckt in den Gewölbekellern und im Spitzboden. Dort mäandern die Lüftungsrohre von Stützen gehalten um das Sprengwerk, ohne dieses zu berühren. Sie stehen sinnbildlich für den Umgang mit dem Alten.
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Altes erhalten
Denn was in der Bausubstanz zu erhalten war, durfte bleiben und prägt den Innenraum und die Außenansicht. So wurden die Holztreppe und der Natursteinboden in den Fluren aufgearbeitet und partiell ausgebessert. Der Außenputz blieb, wurde in Teilbereichen ausgebessert und nach historischem Vorbild in gebrochenem Weiß gestrichen. Ein Teil der alten Kastenfenster konnte erhalten werden, wurde aufgearbeitet und gelbgrün gestrichen, ebenfalls nach historischem Vorbild. Alle neu eingesetzten Fenster sind gestalterisch an den Altbau angelehnt: Sie haben eine Einfachverglasung in den äußeren Flügeln, eine Isolierverglasung in den inneren Flügeln. Im Innern nimmt sich das Architekturteam mehr Gestaltungsfreiraum: Die Flure werden für eine bessere Orientierung in kräftigen Farben gestrichen, Aufenthaltsbereiche werden ergänzt und neue Schulungsräume eingezogen.
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Aus Kapelle wird Veranstaltungssaal
Die ehemalige Kapelle erfuhr die größte Verwandlung. Sie dient nun als Veranstaltungsraum und bedurfte vieler technischer Optimierungen: Der Boden erhielt eine Fußbodenheizung und einen neuen Terrazzobelag. Für die Raumakustik plante das Team eine abgehängte Akustikdecke und Absorberflächen, die die Wände rundum erdgeschosshoch verkleiden. Der Saal wurde mit farbwechselnder LED-Beleuchtung, repräsentativen Pendelleuchten und umfassender Medientechnik ausgestattet, sodass er sich gleichermaßen für Vorträge und Konzerte eignet.
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Kosten- und Zeitkontrolle durch digitalisiertes Büromanagement
Die Planungszeit für diese inhaltlich und technisch komplexe Bauaufgabe betrug zwei Jahre; die Ausführung weitere vier Jahre. 2022 wurde das Gebäude bezogen. Dass die Planungs- und Bauzeit relativ kurz blieb, trotz der in der Zeit üblichen zeitverzögernden Lieferketten und trotz unerwarteter Mängel am Bestand, lag u.a. an einer Digitalisierung der verwalterischen Büroprozesse. So erfolgte die Arbeitszeiterfassung und Ressourcenplanung mit der Managementsoftware von Projekt Pro. Die Abrechnungsverwaltung, der Abgleich von Rechnungen mit den ausgeschriebenen Leistungen, die eigene Rechnungs- und Angebotserstellung und die Kostenkontrolle im Projekt liefen digitalisiert. So konnte das Büro systematisch Prozesse und Schnittstellen zu anderen Gewerken kontrollieren und wo nötig nachjustieren. Das ist vor allem bei Sanierungen mit unerwarteten Aufwänden von Vorteil.
Bautafel
Architektur: Kai Otto Architekten
Projektteam: Andreas Müller, Bärbel Heitzer, Niki Asimi, Wolfram Kottmeier, Magdalena Junkes, Leona Schwab, Rossella Balistreri, Hilton Ashta, Anna Storm, Kim Djukow
Projektbeteiligte: nowak.müller Landschaftsarchitekten, München (Landschaftsarchitektur); Sturm Viermetz Architekten, München (Tragwerksplanung); Wolfgang Sorge Ingenieurbüro, Nürnberg (Bauphysik/Raumakustik); Ingenieurbüro Pertler, München (TGA:HLS/MSR); Ingenieurbüro ENT, Burghausen (TGA: Elektro/FMT/BMA); Susanne Pittroff, München (Kunst am Bau), Projekt Pro, Aschau (Software)
Bauherr*innen: Staatliches Bauamt München 2
Fertigsstellung: 2022
Standort: Nußbaumstr. 5, 80336 München
Bildnachweis: Kai Otto Architekten / Ines Jenewein, Hilton Ashta
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