Sanierung Busbahnhof in Brünn
Wiederbelebter Verkehrsknotenpunkt
Im tschechischen Brünn hat das Architekturbüro Chybik + Kristof ein brutalistisches Gebäude aus den 1980er-Jahren in einen zeitgemäßen Busbahnhof verwandelt. Im Dunkeln scheint das riesige, beleuchtete Flachdach über der Stadt zu schweben.
Gallerie
Brutalistisches Ungetüm
Das Gebäude des Zentralen Busbahnhofs Zvonarka ist mit seiner prägnanten Stahlkonstruktion und dem riesigen Betonflachdach ein architektonisches Statement im Stadtzentrum von Brünn. Entstanden in den 1980er-Jahren, ist es eines der wichtigen Beispiele des tschechischen Brutalismus, das das in Prag ansässige Architekturbüro Chybik + Kristof unbedingt erhalten und als Verkehrsknotenpunkt wiederbeleben wollte. Die Bauaufgabe: die Sanierung des heruntergekommenen Gebäudes sowie die Revitalisierung des umgebenen öffentlichen Raums.
Fenster zur Stadt
Der in den Jahren 1984 bis 1988 errichtete Zentrale Busbahnhof des Architekten Radúz Russ ging kurz nach seiner Fertigstellung in Privatbesitz über und verkam wegen der hohen Instandhaltungskosten sukzessive. Bereits vor zehn Jahren war das Architekturbüro mit einem Neugestaltungsvorschlag auf die Eigentümer zugekommen und hatte auch die Stadt Brünn mit ins Boot geholt. Das Ergebnis: die Anerkennung als brutalistisches Kulturdenkmal und die Finanzierung durch ein europäisches Förderprojekt. Die architektonische, technische und restauratorische Instandsetzung sollte die Bedeutung des Gebäudes als Verkehrsknotenpunkt und als „Fenster zur Stadt“ hervorheben. Immerhin rund 17.000 Menschen nutzen den Busbahnhof täglich als Transitraum oder starten von hier mit Bussen zu einem der insgesamt 820 Ziele. „Die Rolles des Architekten beginnt weit vor den ersten Skizzen“, sagt Ondrej Chybik, einer der Gründer des Architekturbüros. „Die soziale Dynamik eines Projekts zu verstehen steht im Mittelpunkt unseres Architekturverständnisses.“
Lichtplanung: schwebender Block
Eine ausgeklügelte Lichtplanung sorgt dafür, dass das weitgespannte Dach wie schwebend erscheint – trotz der Massivität der Stahlkonstruktion und des Betons. Die Architekten haben insgesamt 400 neue Leuchten entworfen und maßfertigen lassen – mit direktem und indirektem Licht. Das farblich an die Stahlkonstruktion angepasste System ist DALI-gesteuert, wobei es Voreinstellungen für verschiedene Lichtstimmungen gibt. Sensoren sorgen dafür, dass die Intensität des Tageslichts gemessen und die Beleuchtung dementsprechend angepasst wird. So wirken das massive Stahlgerüst und das schwere Betondach leicht.
Das Runde muss ins Eckige
Dass das Gebäude nach der Sanierung insgesamt sehr luftig und
leicht wirkt, hat auch damit zu tun, dass Wände herausgenommen und
die Tragstruktur weiß gestrichen wurde. Im Gegensatz zu den
strengen Konturen des Originalbaus, hat Chybik + Kristof einen
organischen, transparenten Baukörper unter das riesige Dach
gesetzt, der einen Infopoint, Ticket- und Warteräume fasst. In
seiner fluiden Form versinnbildlicht er die Verkehrsströme des
Busbahnhofs und setzt mit seinen roten Elementen Akzente im Innen-
und Außenraum. -csh
Bautafel
Architektur & Lichtplanung Sanierung: Chybik + Kristof Architects & Urban Designers, Prag
Architektur 1984-88: Radúz Russ, Brünn
Fertigstellung: 2021
Standort: ÚAN Zvonařka, 602 00 Brno-střed, Tschechien
Bildnachweis: Alexandra Timpau, Prag (Fotos), Chybik + Kristof, Prag (Pläne, Axonometrien, Diagramme)