Temporärer Markt in München-Schwabing

Vertikalschiebefenster und Türen mit kreisrunden Fenstern

Ein Wochenmarkt, erst recht ein Interimsmarkt, also eine provisorische Lösung, ist nicht häufig Gegenstand eines architektonischen Porträts. Spätestens seit der Tiny-House-Bewegung ist aber klar, dass auch kleine und kleinste bauliche Strukturen denselben sorgfältigen gestalterischen wie konstruktiven Input benötigen wie größere Gebäude. Das zeigen auch die von Bogevischs Buero entworfenen temporären Pavillons in München-Schwabing.

Gallerie

Der Markt am Elisabethplatz – benannt nach der legendären Kaiserin Elisabeth „Sisi“ von Österreich – ist ein traditioneller Lebensmittelmarkt, der seit mehr als 100 Jahren existiert. Die Markthäuschen, nach dem 2. Weltkrieg recht einfach wiederaufgebaut, wurden abgerissen, denn es entstehen derzeit neben dem Platz zwei Neubauten und die Fläche des eigentlichen Marktes wird mit einer Tiefgarage und Lagerräumen unterkellert. Da der Markt sehr beliebt ist, wird bis zur geplanten Fertigstellung 2024 eine temporäre Lösung benötigt. Der Interimsmarkt nach Plänen von Bogevischs Buero befindet sich seitlich versetzt in der Arcisstraße Ecke Elisabethstraße.

Als zeitlich befristete Lösung sollten die neuen Marktpavillons kostengünstig sein, aber dennoch eine gute baukonstruktive Qualität und überzeugende Gestaltung aufweisen, um von den Händlern wie von den Kunden und Kundinnen akzeptiert und wertgeschätzt zu werden. Ein funktionierender Markt lebt nicht nur vom Handel, sondern auch von der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum.

Vorfertigung und Re-Use

Die 30 Pavillons sind vorgefertigte orthogonale Module aus Brettsperrholz, die einschließlich technischem Ausbau, für den Verkauf erforderlichem Mobiliar, mit Vordächern, Podesten, Bänken und Sitzstufen angeliefert und aufgestellt wurden. Aneinandergedockt bilden sie lineare Strukturen mit Zwischenräumen als Gassen. Wenn der Interimsmarkt nicht mehr benötigt wird, können diese Module als komplette Zellen wieder abtransportiert und an anderer Stelle erneut genutzt werden. Für diesen Re-Use sind die Installationen für die technische Infrastruktur auch nicht im Boden, sondern ungewöhnlicherweise auf den Dächern montiert.

Die Pavillons sind trotz modularer Bauweise nicht alle identisch, denn sie erfüllen die verschiedenen Anforderungen des angebotenen Warensortiments, also Fleisch, Fisch, Käse, Brot und Brötchen, Obst und Gemüse, Säfte, Kaffee und Street Food sowie Non-Food und Lagerräume.

Vertikalschiebefenster als Schaufenster und Fensterverkauf

Der Verkauf findet über ein großes Fenster statt, das eine Kombination aus Schaufenster und Fensterverkauf ist. Diese sind als breite liegende Fenster aus drei Teilen konstruiert. Die Fenster wurden speziell für die Marktpavillons entworfen und gefertigt. Der untere Teil, eine feststehende, verglaste Brüstung, funktioniert als sogenannter Spuckschutz. Dieses Brüstungsfeld ist beim Fisch- und Street-Food-Pavillon deshalb höher als bei hygienisch unbedenklichen Warenpräsentation wie beispielsweise Non-Food. Darüber befindet sich ein beweglicher Flügel als Vertikalschiebeelement. Dieser Flügel kann für den Verkauf und die Warenüberreichung nach oben geöffnet und anschließend, auch abhängig von der Witterung, wieder nach unten geschoben und geschlossen werden. Der bewegliche Flügel schiebt sich innen hinter einen oberen feststehenden Flügel, der als Pendant zum Brüstungselement die Höhe des Türsturzes aufnimmt.

Die Vertikalschiebefenster bestehen aus Aluminium, mit einem Motorantrieb und in drei verschiedenen Abmessungen, 130 cm Höhe auf 220 cm Breite, 130 cm Höhe auf 320 cm Breite sowie 180 cm Breite auf 320 cm Höhe, also modular und geometrisch proportioniert. Die Pavillons für den Verkauf von Street Food können außerdem von den Kundinnen und Kunden betreten werden. Hier sind die Türen mit einem kreisrunden Bullauge versehen, das der Orientierung dient.

Farbkonzept

Sowohl für die Bretterverschalung als auch für die Fensterprofile und die Türen wurde einheitlich eine neutrale helle Farbe gewählt, um den Waren, deren individueller Präsentation und Namensschildern, Tafeln und Logos der Händler den visuellen Vortritt zu lassen. Im Inneren dagegen leuchten Wand-, Decken- und Bodenoberflächen je nach Pavillon in verschiedenen Farbtönen. Diese Farben korrespondieren mit den jeweiligen Waren und wirken durch die sehr großen Fenster auch nach außen, gliedern und beleben also subtil das Ensemble des Marktes.  

Die Pavillons vom Interimsmarkt wurde mit dem BDA-Award „Über Oberbayern 2021" für gelungenes temporäres Bauen in der Region München und Oberbayern ausgezeichnet. -sj

Bautafel

Architektur: bogevischs buero architekten & stadtplaner, München
Projektteam: Julius Klaffke, Gilles Dostert, Swantje Meiners, Alexander Coupis
Projektbeteiligte:
RS Ingenieure, Achern (HLSE); Planungsgesellschaft Dittrich, München (Tragwerk, Bauphysik, Brandschutz)
Bauherr/in:
LH München, Kommunalreferat, Markthallen München
Fertigstellung: 2020
Standort:
Arcisstraße/ Elisabethplatz, München
Bildnachweis:
Michael Heinrich, München

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