Emil-Schumacher-Museum in Hagen
Solegefüllte Röhren zur Kühlung und Heizung der Fassade
Im Kunstquartier Hagen lassen sich nicht nur die Arbeiten verschiedener Künstler studieren, sondern auch die Architekturgeschichte der letzten 150 Jahre - einschließlich der gegenwärtigen Innovationen im nachhaltigen Museumsbau. Um eine alte Ulme herum gruppieren sich in der Hagener Innenstadt das 1898 entstandene Osthaus-Museum mit einem Anbau aus den 1970er Jahren und seit 2009 das Emil-Schumacher-Museum von Lindemann Architekten aus Mannheim.
Gallerie
Der dreigeschossige Neubau ist dem Leben und Werk des in Hagen geborenen Künstlers Emil Schumacher (1912-1999) gewidmet. Die besondere Herausforderung des europaweit ausgeschriebenen Wettbewerbs aus dem Jahre 2000 bestand in der sensiblen Einbindung eines neuen Museums in die sehr heterogene architektonische Umgebung. Vorhanden war vom Klassizismus bis in die Moderne fast jede Stilrichtung und parallel dazu forderte der Wettbewerb eine angemessen hohe Aufenthaltsqualität für dieses innerstädtische Quartier. Bereits in der Auslobung verlangte die Stadt Hagen zusätzlich ein nachhaltiges Konzept unter Einbeziehung regenerativer Energien.
Neben dem Museumsneubau wurde der Bestand denkmalgerecht saniert und ein weiterer Neubau für Verwaltung und Gastronomie komplettiert nun das Ensemble des Kunstquartiers. Verbindendes Element zwischen den beiden Museen ist ein kleines gläsernes Foyer, an das sich der ebenfalls vollflächig verglaste große Neubau als Solitär anschließt. Er besteht aus einem rechteckigen Sichtbetonkern, der ganz von einer Glashülle umschlossen ist. Im Fassadenzwischenraum befindet sich die Erschließung, der Betonkubus beinhaltet als White Cube die 1.050 m² große Ausstellungsfläche.
Solares Bauen
Das Haus-im-Haus-Prinzip wurde hier erstmals im Museumsbau
angewendet. Der Fassaden-Zwischenraum stellt eine Pufferzone dar,
um Differenzen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit auszugleichen
und bietet somit eine Klimastabilität für die Exponate im
Ausstellungsbereich und im Depot. Sowohl die Stahlbetonkonstruktion
als auch die umgebende Glasfassade werden zur
Bauteilkonditionierung genutzt. In den Glasfugen der seilgespannten
Konstruktion verlaufen solegefüllte Röhren, die die Fassade kühlen
bzw. im Winter erwärmen, um Kondensat zu vermeiden. Auch dieses
System wurde hier erstmalig eingesetzt.
Insgesamt 81 Erdsonden mit einer Einbringtiefe von 99 m versorgen mit 80.000 kWh pro Jahr neben dem Neubau auch noch das Bestandsgebäude. Sie sind an zwei Wärmepumpen mit einer Leistung von je 270 kW angeschlossen. Kurzfristige Temperaturschwankungen gleicht die durch einen Erdwärmetauscher vorkonditionierte Luft aus. Der Energieertrag liegt hier bei 10.000 kWh/a. In den warmen Monaten erfolgt die Lüftung über passive freie Nachtkühlung. Das Glasdach von Hülle und Betonkern lässt eine natürliche Belichtung des zweiten Obergeschosses zu. Unter Berücksichtigung der Aspekte Überhitzung und Verschattung wurde eine integrierte Photovoltaik-Anlage im Randbereich des Daches installiert. Zusammen mit der Aufdach-montierten Anlage auf dem Flachdach des Osthaus-Museums wird damit eine Leistung von 30.000 kWh pro Jahr erreicht.
Der gewonnene Solarstrom könnte vollständig und ohne
Zwischenspeicherung für den Museumsbetrieb (Entfeuchtung, Kühlung)
genutzt werden, wird aus wirtschaftlichen Gründen aber ins Netz
eingespeist.
Der Energiebedarf des Emil-Schumacher-Museums liegt bei 40 kWh pro
Quadratmeter und Jahr. Bereits das bauliche Konzept reduziert
gegenüber herkömmlichen Museumsbauten den Energiebedarf um ca. 50
Prozent, hinzu kommt noch die Verwendung regenerativer Energien. So
werden pro Jahr 110 t CO2 eingespart.
Bautafel
Architekten: Lindemann Architekten, Mannheim
Projektbeteiligte: Roschmann Konstruktionen aus Stahl und Glas, Gersthofen (Ausführung Fassade/Stahltragwerk); Werner Sobek, Stuttgart (Fassadenplanung); Arge Kahlert und Winkels Behrens Pospich (Fachplaner TGA)
Bauherr: Stadt Hagen
Fertigstellung: Mai 2009
Standort: Museumsplatz, Hagen
Bildnachweis: Werner Hannappel, Essen; M. Sauer, Stuttgart