Wohnanlage Sonninpark in Hamburg
Komplexes Bauprojekt für 340 Wohnungen
Bislang ist der Hamburger Stadtteil Hammerbrook vor allem durch
Verwaltungs- und Industriebauten geprägt. Das soll sich aufgrund
der zentralen, anziehenden Lage zwischen diversen Kanälen und des
Strukturwandels ändern. Auf dem ehemaligen Areal eines
Elektronikkonzerns entsteht ein Karree mit insgesamt 750
Mietwohnungen. An drei Seiten ist der Sonninpark von Straßen
gesäumt, die südliche Schmalseite mündet am Mittelkanal. Der bis zu
achtgeschossige Wohnkomplex umschließt eine begrünte Hofanlage,
wovon ein Großteil als öffentlicher Park und Spielplatz konzipiert
ist. 24 Häuser bilden die gesamte Blockrandbebauung, die Hälfte
davon planen die ortsansässigen KBNK Architekten. Diese zwölf
Gebäude beherbergen 340 Wohnungen mit einer Bruttogeschossfläche
von 30.100 Quadratmeter.
Gallerie
Sieben der von dem Hamburger Architekturbüro geplanten Neubauten
sind am Nagelsweg im Osten gereiht, fünf entlang der Sonninstraße
im Westen. Mittig in der westlichen Reihe markiert eine
häuserbreite Lücke den Eingang zum öffentlichen Hof. Zwei hohe
Durchgänge befinden sich gegenüber auf der anderen Parkseite. Zur
Straße zeigt sich der Komplex mit Ziegelfassaden in Rot- und
Brauntönen. Vor- und Rücksprünge sowie eine Staffelung der zwei
obersten Geschosse sorgen für Abwechslung in der Straßenflucht.
Auch eine unterschiedliche Farbigkeit und Struktur des
Sichtmauerwerks stärkt die Ablesbarkeit der Einzelhäuser und wirkt
einer Monotonie trotz gleichmäßiger, im Raster angeordneter
Fensteröffnungen entgegen.
Zur Hofseite sind die obersten beiden Geschosse der Neubauten
ebenfalls gestaffelt, wodurch Dachterrassen ausgebildet werden. Ein
begrüntes, aber nicht begehbares Flachdach bildet den oberen
Abschluss. Die Wohnungen bis zur fünften Etage sind mit Loggien
oder Balkonen ausgestattet. Die Hoffassaden sind über einem
zweigeschossigen Sockel aus hellem Ziegel, hausweise in
verschiedenen hellen Nuancen verputzt.
Eine hohe Aufenthaltsqualität für die künftigen Bewohner und die
enge Verknüpfung von den neuen Wohnbauten mit dem angrenzenden
Stadtraum zeigen sich nicht nur in dem offen zugänglichen, 17.000m²
großen Hof, sondern auch in der Gestaltung einer Uferpromenade und
einer Freitreppe zum Mittelkanal. Komfort bieten Nahversorger,
Drogerie und Café in den nördlichen Kopfbauten sowie großzügige
Tiefgaragen für Autos und Fahrräder unterhalb des gesamten Karrees.
Eine Kindertagesstätte sichert darüber hinaus die Familienbetreuung
im Viertel.
Planung
Die Planungen am Projekt begannen bei KBNK Architekten bereits
im Jahr 2014. So wurden in Folge eines städtebaulichen Wettbewerbs
im Rahmen eines vierstufigen Workshop-Verfahrens zusammen mit
Vertretern der Projektentwickler, Planungsbehörden und Vertretern
der Bezirkspolitik die Fassaden des gesamten Karrees abgestimmt.
Während des bereits laufenden Projektes initiierte der Auftraggeber
den Einsatz der BIM-Planungsmethode. Hierfür wählte man den
westlichen, zweiten Bauabschnitt an der Sonninstraße aus. Alle
Bauabschnitte sind bis dahin in bewährter Weise in CAD in 2D
geplant worden.
Mit Beginn der Ausführungsplanung wurde der
Building-Information-Modeling-Prozess fachübergreifend eingeführt
und der neue Projektteil als Open BIM konzipiert. Alle beteiligten
Fachplaner nutzten ihre bevorzugte BIM-Planungssoftware. Der
Austausch erfolgte über das Format IFC2x3. Dazu wurde das bisher
schon übliche Planpaket in PDF- und DWG-Formaten mit jedem
Modellaustausch beigefügt. Ziel war es, ein möglichst umfassendes
Bild der Möglichkeiten der neuen Planungsmethode zu gewinnen.
Zugleich mussten die heute noch üblichen Anforderungen der
Baustelle einer konventionellen 2D-Ausführungsplanung erfüllt
werden. Dies war eine besondere Herausforderung, zumal der Inhalt
eines gebräuchlichen Ausführungsplans im Maßstab 1:50 in seiner
Informationsdichte die der angestrebten Informationstiefe der
Modellierung zum Teil erheblich übersteigt. Interessant am
BIM-Bauabschnitt war die direkte Vergleichbarkeit zum konventionell
geplanten ersten Bauabschnitt.
Initialisierungsphase
Aufgrund der für das übergreifende Planerteam neuen Methode wurde
ein über mehrere Monate angelegter, sukzessiver
Implementierungszeitraum vereinbart. Mit Hilfe verschiedener in
Kollaboration oder bürointern zu erarbeitender Meilensteine
ermöglichten die Planer einen strukturierten Start der
Umsetzungsphase. Die wichtigsten Marken waren hierbei im ersten
Schritt die Definition der Ziele und Inhalte, der
Modellierungsrichtlinien und der Werkzeuge. Im Folgenden legte man
eine umfassende Bauteilbibliothek, die Klassenstruktur und eine für
dieses Bauvorhaben geltende Gebäudetopologie (Geschosse) an.
Die Bibliothek beinhaltet neben den geometrischen Aussagen aller
im Projekt vorkommenden Bauteile bereits alle Klassifizierungen und
Attribute, die über eine Modellanalyse-Software oder Modellchecker
ausgelesen werden können. Der Bearbeiter kann so auf eine
vollständige Bibliothek mit allen im Projekt vorkommenden Bauteilen
zugreifen, ohne sich um die eigentliche Eingabe von BIM-Attributen
kümmern zu müssen. Eine Anreicherung der Informationen findet
später idealerweise nur noch in der Bibliothek statt. Bei der
Erstellung dieser Vorgabebibliothek wurde sehr genau auf die
Anforderungen des Auftraggebers hinsichtlich der Attribute
eingegangen. In einem nächsten Schritt erfolgte der Austausch
einfacher Referenz-Fachmodelle zwischen den einzelnen Beteiligten,
um den BIM-Datenaustausch zu testen. Hierfür wurden Nullpunkte,
Referenzierungsmethoden sowie Export- und Importrichtlinien
vereinbart.
Umsetzungsphase
Ziel dieser Phase war die Erstellung der einzelnen Fachmodelle,
deren Austausch und das Generieren von Koordinationsmodellen zur
Prüfung vor allem von Kollisionen innerhalb der Modelle sowie
zwischen den Fachmodellen. Diese wurden in turnusmäßigen
BIM-Projektsitzungen gemeinsam besprochen und in Kollaboration
abgestellt. Aufgrund der zeitlichen Nähe zur Bauausführung war eine
herausfordernde Aufgabe neben der komplexen Modellierung die im
konventionellen Planungs- und Baubetrieb dennoch erforderlich
werdende Dokumentation der Ausführungsplanung mit ihren dem
BIM-Prozess nicht unbedingt entsprechenden Planläufen. Angestrebt
war weniger eine Beschleunigung des Planungsprozesses, sondern vor
allem die Reduzierung von Störungen im Bauablauf.
Erkenntnisphase
Im Projekt Sonninpark ist es gelungen, ein Open-BIM-Projekt zu
einem sehr späten Zeitpunkt in ein laufendes Projekt einzuführen
und die Planungsmethode im Team der verschiedenen Planer zu
implementieren. Die Notwendigkeit von einer präzisen Vereinbarung
zwischen allen Beteiligten zur BIM-Projektabwicklung kann hierbei
nicht genug betont werden. Eine leistungsfähige Soft- und Hardware,
die Bereitschaft der Beteiligten neue Wege zu gehen, ohne bewährte
Methoden außer Acht zu lassen, sind nur einige Kernpunkte für ein
erfolgreiches BIM-Projekt. Erwähnenswert ist aus Sicht der
Architekten, dass der kommunikative Aufwand und die Bereitschaft
hierzu im Vergleich zu einem konventionellen Planungsprozess
durchaus höher ausfallen. Die verständliche räumliche
Visualisierung, gerade in komplexen Bauvorhaben erzeugt hier aber
ein noch größeres Bewusstsein für sonst eventuell erst auf der
Baustelle auftretende Störungen. Durch das gemeinsame Betrachten
des Modells mit den Fachplanern und Auftraggebern werden etwaige
Problempunkte digital zum Greifen sichtbar und können in
Kollaboration schneller gelöst werden. -Hendrik Hoffmeister,
KBNK
Bautafel
Architekten: KBNK Architekten, Hamburg
Projektbeteiligte: August Prien Immobilien, Hamburg (Projektentwickler), August Prien Bauunternehmung, Hamburg (Bauausführung und BIM Management); Ingenierugesellschaft Sander & Schneider PartG, Hamburg (Statik); Ingenieurbüro Rainer Mai, Berlin (Haustechnik); Ingenieurbüro Wackermann, Hamburg (Brandschutz); 03 Architekten, München (Entwurf der Häuser am Mittelkanal), Grabner + Huber Landschaftsarchitekten, Freising (Entwurf Freiraumgestaltung), BHF Bendfeldt Herrmann Franke LandschaftsArchitekten, Kiel (Ausführungsplanung Freiraumgestaltung), ComputerWorks, Lörrach (BIM-Software Vectorworks Fachmodell Architektur)
Bauherr: Objektgesellschaft Sonninstraße II. Wohnungsbau, Hamburg
Fertigstellung: erster Bauabschnitt geplant 2018
Standort: Sonninstraße und Nagelsweg, 20097 Hamburg
Bildnachweis: KBNK Architekten, Hamburg
Fachwissen zum Thema
Baunetz Wissen Integrales Planen sponsored by:
Graphisoft Deutschland GmbH
Landaubogen 10
81373 München
Tel. +49 89 74643-0
https://graphisoft.com