Garagenaufstockung in Karlsruhe

Präzision durch digitale Werkzeuge

Auf den Dächern dreier Garagenanlagen entstanden in Karlsruhe zwölf neue Wohneinheiten. Am Beispiel der Garagenaufstockung von Falk Schneemann Architektur (FSA) zeigt sich, wie sich mit einer Nachverdichtung bezahlbarer Wohnraum schaffen lässt, ohne neue Flächen zu versiegeln. Die kreislaufgerechte und ressourcenschonende Bauweise basiert auf einer präzisen Planung mithilfe verschiedener digitaler Tools, wie das zur Ökobilanzierung.

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Behutsame Aufstockung für ein soziales Miteinander

Die drei nahezu baugleichen Garagenanlagen befinden sich inmitten einer großzügigen Nachkriegssiedlung im Stadtteil Rintheim – umgeben von fünfstöckigen Wohngebäuden und viel Grün. Der Entwurf des ortsansässigen Architekturbüros sieht weitere drei Einzimmerwohnungen und eine Mehrzimmerwohnung je Garagenaufstockung vor. Die ursprüngliche Nutzung für PKW-Stellplätze bleibt von der Baumaßnahme unberührt – hinzukommen überdachte Fahrradstellplätze, ein Waschsalon und Müllräume, die die gesamte Nachbarschaft nutzen kann. 

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Auf den Pultdächern der winkelförmig angeordneten Garagen ist ein Rost aus Stahlträgern aufgebracht. Auf diesem ist die Aufstockung in Holzständerbauweise montiert. Die vier Wohnungen jeder Garagenanlage werden über eine außenliegende Treppe und einen Laubengang erschlossen, der auch als nachbarschaftlicher Begegnungsort dient. Die Dachlandschaft erinnert einerseits an die Satteldächer der Bestandsgebäude und andererseits spiegelt sie die Funktionen im Inneren wider: niedrig im Bereich der Küchen und Bäder, hoch in den Wohnbereichen. Nach außen präsentieren sich die Aufstockungen mit einer Titanzink-Fassade, hauptsächlich um dem Brandschutz gerecht zu werden.

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Aktivierung ungenutzter Potenziale

Schon während eines Ideenwettbewerbs 2017 entwickelten die Architekt*innen von FSA ein Konzept zur innerstädtischen Nachverdichtung auf bereits vorhandenen Garagenanlagen. Die verträgliche Aktivierung von ungenutzten Raumressourcen reduziert das Flächenwachstum der Stadt Karlsruhe. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Volkswohnung wurde auf das Architekturbüro aufmerksam und beauftragte die Planenden mit einer Machbarkeitsstudie an drei Standorten in Nachkriegssiedlungen. In einer Sammlung an Wohnungstypen und Erschließungssystemen unterschiedlicher Größe und Geometrie mit insgesamt elf Aufstockungen und 28 Wohnungen wurden die Ergebnisse zusammengefasst. Zwei der drei Bauvoranfragen wurden abgelehnt, der positive Bauvorentscheid des dritten untersuchten Standorts an der Heilbronner Straße setzte den Startschuss für die weitere Planung.

Vorfertigen, Ressourcen schonen und sortenrein rückbauen

Im Zuge der Wohnraumoffensive Baden-Württemberg für modellhafte und experimentelle Wohnprojekte wurde ein Förderschwerpunkt entwickelt: Unter der Leitidee Ressourcenschonung kristallisierte sich eine kreislaufgerechte und demontierbare Holzkonstruktion für die Aufstockung heraus. Die Boden-, Wand- und Deckenmodule wurden als 2D-Elemente inklusive Fenster, Sonnenschutz und Elektroinstallation vorgefertigt und sorgten für eine kurze Bauzeit vor Ort. Auch die Nasszellen wurden im Werk zusammengebaut und vor der Montage der Dachelemente an ihren Platz gehoben. Die Baumaterialien der Aufstockungen sind sortenrein und einfach rückbaubar zusammengefügt und entsprechen daher vielen Aspekten der Kreislaufwirtschaft. Sollte es zukünftig zu einer Demontage kommen, kann ein Wiederaufbau an anderer Stelle ressourcenschonend erfolgen. Für die wissenschaftliche Begleitung und Beratung, zum Beispiel zum Materialkonzept, sorgte Dirk Hebel, Professor für Nachhaltiges Bauen am KIT.

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Zusammenspiel aus digitalen Werkzeugen und analoger Planung

Mit einem Laseraufmaß des Bestandes wurde ein 3D-Modell aus digitalen Punktwolken erzeugt. Auf dessen Grundlage erfolgte die exakte Positionierung und Fertigung der Unterkonstruktion für die Aufstockung. Auch die Zimmerei nutze das digitale 3D-Modell für die präzise, detailgenaue Herstellung der zusammengefügten Konstruktion. Die CNC-gefertigten, zimmermannsmäßigen Verbindungen lassen sich sortenrein und kreislaufgerecht demontieren. Die restliche Planung der Aufstockungen bearbeiteten die Planenden weitgehend konventionell: Grundrisse, Ansichten und Schnitte pflegten sie in separaten Dateien. Dies erwies sich im Vergleich zu einer modellbasierten 3D-Planung als fehleranfälliger und weniger effizient.

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Software für Lebenszyklusanalyse (LCA)

Im Verlauf der Planung nutzten die Architekt*innen das Ökobilanzierungstool eLCA des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), das auf den ÖKOBAUDAT-Datensätzen basiert. Mithilfe des Tools ließen sich die Umweltwirkungen der Garagenaufstockung unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus bestimmen und bewerten. So wurden etwa das GWP (Global Warming Potential) und der PENRT (nicht erneuerbarer Primärenergiebedarf) ermittelt. Die schon in der Konzeptphase des Projekts angelegten Projektziele hinsichtlich Ressourceneffizienz und Klimaneutralität ließen sich dadurch überprüfen und erreichen.

Bautafel

Architektur: Falk Schneemann Architektur, Karlsruhe
Projektbeteiligte: wh-p Ingenieure, Stuttgart (Tragwerk); gent + gent, Karlsruhe (HLS); Ossowski Engineering, Durmersheim (Elektro); Müller Ingenieure, Waldbronn (Bauphysik); Prof. Dirk Hebel, Karlsruhe (Beratung Kreislaufgerechtigkeit); Schmitt + Mann, Karlsruhe (Schallschutz); Christian Uhlig, Willich (Brandschutz); Gerd Prause, Lindlar (Beratung Holzbau); Zimmerei Sieveke, Lohne (Holzbau); Maurer & Kaupp, Schramberg (Klempner); estec Modulbad, Haslach (Fertigbäder); Goertz Galabau, Großröhrsdorf (Bestand, Erschließung, Garten- und Landschaftsbau); Selinger Fußboden, Karlsruhe (Böden); Schreinerei Potaczek, Karlsruhe (Ausbau)
Bauherr*in: Volkswohnung, Karlsruhe
Fertigstellung: 2024
Standort: Heilbronner Straße 5a, 9a und 13a, Karlsruhe
Bildnachweis: Stephan Baumann bild_raum, Karlsruhe; Chiara Bellamoli; Falk Schneemann Architektur, Karlsruhe

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