Mehrzweckhalle in Dudelange
Ein Gebäude für zwei Standorte: Kreislaufwirtschaft digital geplant
Die Anforderungen an moderne Gebäude hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit spielt vor dem Hintergrund der fortschreitenden Klimaerwärmung eine immer größere Rolle. Inwiefern digitale Planungsmethoden ökologisches Bauen begünstigen können, zeigen FAT Architects beim Neubau der Multifunktionshalle für die luxemburgische Stadt Dudelange. Für diesen waren von der Gemeinde klare Forderungen bezüglich des Nutzungskonzepts sowie des Einsatzes ökologischer Baustoffe gestellt worden. Nicht zuletzt musste der Bau aufgrund stadtplanerischer Umstände so geplant werden, dass er nach einer gewissen Nutzungszeit an eine andere Stelle befördert werden kann.
Gallerie
Vielfältige Nutzungen für ein reges Gemeindeleben
Konzipiert als Mehrzweckgebäude für das lokale Vereinsleben an der Route de Bettembourg gegenüber des städtischen Friedhofs, wird der Holzbau nach einer Standzeit von etwa 10 Jahren nochmals umziehen und einen neuen Platz im entstehenden Ökoviertel Nei Schmelz finden. Neben Vereinsaktivitäten soll der Neubau Schauplatz zahlreicher regionaler Veranstaltungen sein.
Der Eingang in den eingeschossigen Baukörper wird durch einen markanten Einschnitt in der Fassade markiert. Über das großzügige Foyer mit Garderobenbereich kann das Herzstück des Gebäudes erschlossen werden – ein über 250 m² großer Saal, der in zwei Segmente unterteilt werden kann und Platz für bis zu 200 Personen bietet. Ergänzend hinzu kommen Flächen für eine kleine Küche mit Ausschank, Büro- und Besprechungsräume, Sanitäranlagen, Technikflächen sowie Lagerräume. Im Außenbereich komplettiert eine überdachte Terrasse mit Freiraum für Feiern und Veranstaltungen in den warmen Sommermonaten die flexible Kubatur.
Holzmodulbau mit bewegter Zukunft
Das Mehrzweckgebäude ist ein Holzmodulbau. Im Frühjahr 2022 wird das Gebäude an der Route de Bettembourg auf dem Standort einer abgeräumten alten Halle stehen. Je nach Baufortschritt soll es dann in acht bis zehn Jahren in das neue Ökoquartier Nei Schmelz auf dem Gelände eines ehemaligen Walzwerks integriert werden.
Die Modulbauweise ermöglicht es, die einzelnen Elemente komplett vorzufertigen und auf eine maximale Breite von 3,5 m zu konfektionieren. So lassen sich die Bauteile auf dem Lkw verladen und zur Baustelle bringen. Diese werden anschließend verschraubt – nicht verklebt oder genagelt – womit sich gewährleisten lässt, dass die vollständige Demontage und der erneute Wiederaufbau am zweiten Einsatzort reibungs- und rückstandslos möglich sind.
Zwei Standorte für ein Gebäude
Von vornherein standen die zwei Standorte für das Gebäude fest. Daher sind sie beide umfassend in der Planung berücksichtigt. Vor allem die Grundstücksgröße und Lage, die Ausrichtung auf dem Grundstück und die örtliche Topographie waren hierbei einzubeziehen. Besonderes Augenmerk lag zudem auf die Anordnung der Öffnungen für ausreichenden Lichteinfall sowie der Ausrichtung der PV-Paneele auf dem Hallendach, um an beiden Standorten eine möglichst hohe Energieausbeute zu erzielen.
Um die Setzung und Kubatur des Baukörpers an beide Bauplätze anzupassen, bildeten die planenden Architekten sehr pragmatisch die Schnittmenge der beiden Grundstücke mithilfe einer Überlagerung. Die sich hieraus ergebende Form bildet den Grundriss des Mehrzweckbaus. Das Innere prägt ein striktes modulares Konstruktionsraster, das sich sowohl an der Zuordnung der Raum- und Flächenmodule wie an allen inneren Bauteilen wie Türen, Innen- und Trennwänden abbildet.
Zusammenspiel im integralen Planungsteam
Die Planung erfolgte innerhalb eines integralen Planungsteams, bestehend aus Fachleuten aus den Bereichen Architektur, Holzbau-, Haustechnik- und Bauingenieurwesen sowie einem Büro für die Nachhaltigkeitsplanung. Damit konnte einerseits gewährleistet werden, dass den Wünschen der beteiligten Vereine und Verbände entsprochen werden konnte, andererseits konnten die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft in alle Fachplanungen eingebunden und die technischen und konstruktiven Herausforderungen des Standortwechsels berücksichtigt werden. Daher war die frühe Einbindung der relevanten Planungsgewerke für das projektleitende Architekturbüro eine logische Konsequenz.
Die Gründung am ersten Standort an der Route de Bettembourg ist als demontierbare Unterkonstruktion aus Stahlträgerelementen mit Streifenfundamenten ausgeführt. Am zweiten Standort wird die Mehrzweckhalle direkt auf dem Dach einer Tiefgarage montiert. Die Stahlelemente kommen hier erneut als Unterkonstruktion zum Einsatz. De facto werden damit so gut wie alle Materialien erneut einer Nutzung im Bauwerkskontext zugeführt – das ist Kreislaufwirtschaft wie aus dem Lehrbuch.
Als Open BIM-Projekt geplant
Die Planung seitens der Architekten erfolgte mit ihrer büroeigenen BIM-Planungssoftware, die Abstimmung mit den verschiedenen Fachplanern via IFC-Datenaustausch. Das Projekt ist als Open BIM-Projekt realisiert. So fand, neben der Architekturplanung, die Tragwerksplanung der Stahlkonstruktion sowie die TGA-Fachplanung modellbasiert statt. Das Holzbaustatikunternehmen erstellte seine Detail- und Konstruktionsplanung wiederum in 2D; Anschlusspunkte und Details sind im Nachgang jedoch durch das Architektenteam in die 3D-Planung integriert worden.
Das erwies sich im Projektverlauf als wichtige Entscheidung, da es im Modul- oder Elementbau von Vorteil ist, die Fügungen möglichst dreidimensional betrachten zu können und die Anschlusspunkte für eine korrekte Ausführung exakt vorzuplanen. Dadurch lassen sich Fehler vermeiden, die andernfalls erst auf der Baustelle zutage treten würden.
Das Interesse an dem Projekt ist vor allem in Luxemburg groß, zeigt es doch, wie Kreislaufwirtschaft, Cradle-to-Cradle-Ansätze und moderne Planungsmethoden sinnvoll miteinander zu verbinden sind. Obwohl der Einsatz von BIM nicht explizit gefordert war, liegt ein wesentlicher Nutzen der Methode schnell auf der Hand: Durch die zeitintensive, integrale Planungsarbeit im Vorfeld kann die Realisierungszeit verkürzt werden, während gleichzeitig Probleme bei der Ausführung vermieden werden können.-tw
Bautafel
Architekten: FAT Architects, Moutfort
Projektbeteiligte: DESA Ingénieurs conseils, Contern, (Tragwerksplanung); ICONE, Luxembourg (Außenanlagen und Hausanschlüsse); Dal Zotto et associés Ingénieurs-Conseils génie technique, Differdange (TGA-Fachplanung); Pirmin Jung Deutschland, Sinzig (Holzbau Statik, Akustik und Brandschutz); E3 Consult, Mertert (Nachhaltigkeitsplanung)
Planungswerkzeug: Archicad (FAT Architects)
Bauherr: Ville de Dudelange
Fertigstellung: 2022
Standort: Route de Bettembourg 8, 3429 Dudelange, Luxemburg
Bildnachweis: FAT Architects, Moutfort
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