Sanierung Palac und Corso Karlin in Prag/CZ
Komplettsanierung mit Aufstockung
Tschechien, insbesondere Prag, steht mit der Öffnung des Ostens
vor einem großen wirtschaftlichen Aufschwung, der sich auch durch
eine rege Bautätigkeit auszeichnet. Das "Taller de Arquitectura"
des Katalanen Ricard Bofill, der sich vor Jahren mit seinen
postmodernen Wohnbauten "Abraxas et alii" in Paris einen Namen
machte, hatte den Auftrag erhalten, den Masterplan für ein
ehemaliges Industrieviertel zu erstellen. Mit der wirtschaftlichen
Umstrukturierung verloren in Prag ganze Viertel ihre Bestimmung und
standen nach massenhaften Entlassungen der Belegschaft und Konkurs
der Firmen leer.
Die eng bebauten Baublöcke im Viertel Karlin dienten früher einem
ehemaligen Lokomotiven- und Waggonhersteller als
Produktionsstätten. Die Durchmischung mit Wohnbauten nutzte das
Büro, um die zuvor geschlossenen Blöcke aufzubrechen und eine
öffentliche Durchwegung mit Plätzen, Fußgängerzonen und Grünflächen
zu schaffen.
Gallerie
Sanierung/Modernisierung
Von den avisierten 18 Gebäuden, die umgenutzt und revitalisiert
werden sollen, wurde ein Block in seiner Bestimmung für zwei
Bürohäuser als erstes in Angriff genommen. Bereits 1999 wurde das
ehemalige Verwaltungsgebäude, das um 1930 für die Eisenbahnfirma
errichtet wurde, unter denkmalsschützenden Gesichtspunkten, die im
Erhalt der Fassaden und der weitgehenden Renovierung des Massivbaus
bestanden, revitalisiert. Der ehemalige Innenhof konnte mit einem
Glasdach versehen und als hell erleuchetes Foyer für die
Bürogeschosse hinzu gewonnen werden. Größere Eingriffe waren bei
der angrenzenden, beinahe 150 Meter langen Produktionshalle
notwendig.
Die Verpflichtung gegenüber der historischen Bausubstanz ist gut an
der Außenfassade abzulesen: die bestehende Lochfassade wurde
erhalten und lediglich mit neuen Fenstern versehen. Die weiß
verputzten Fassaden wurden zum Teil abgeschlagen und neu ergänzt,
zum Teil nur gefestigt. Neues kam an Stelle des Giebeldaches hinzu:
eine zweigeschossige Aufstockung krönt das Gebäude. Um die Dominanz
der alten Putzfassade nicht zu schmälern, wurde die rot gefärbte
Gebäudestruktur von der Traufkante deutlich abgesetzt und mit einer
doppelten Glasfassade als Schirm versehen. Der Einschnitt der
Empfangshalle in das Gebäude macht den Entwurfsansatz deutlich: der
große Raum verbindet Alt und Neu zu einem neuen Ganzen und soll als
Haus im Haus verstanden werden. Der an der Außenfassade der
Aufstockung wie hinter einem Schleier versteckte kräftige Rotton,
ist hier unverstellt sichtbar und dominiert neben den
Verbindungsbrücken den Raumeindruck.
Unter dem großen Dachoberlicht, das wie die zweigeschossige
Aufstockung von dünnen Fachwerkunterspannungen ausgesteift wird,
stehen die neuen rot verkleideten Neubauteile hinter der weiß
verputzten Außenwand der ehemaligen Fabrik. Die Belebung der alten
Bausubstanz profitiert nicht nur von dem Neubauteilen sondern auch
ganz wesentlich von der zurückhaltenden Dominanz der Struktur des
Bestands.
Bautafel
Architekten: Taller de Arquitectura: Ricardo Bofill, Barcelona
Projektbeteiligte: Jean-Pierre Carniaux, Jose Maria Rocias; ATREA-QARTA: Jiri Rezak, Jiri Koukolik, Jiri Grosz (Mitarbeiter); Petr Soukop (Projektleiter); Vaclav Legner, Patrik Skala (Bauleitung); Ing. Viktor Benes, ing. Michael Trnka (Tragwerksplanung); ABB, Schrack, Schneider (Elektrotechnik); Metrostav (Generalunternehmer)
Bauherr: Real Estate Karlín, Prag
Fertigstellung: 2000
Standort: Corso Karlín Krizíkova, Prag/CZ
Bildnachweis: Filíp Slapal, Prag