Wärmedämmung und Brandschutz
In der Folge einiger Brandereignisse und den damit verbundenen Medienberichten in den vergangenen Jahren haben sich die Haltung und Betrachtungsweise zu Dämmsystemen für den Wand- und Dachbereich verändert. Neben den energieeinsparenden Eigenschaften stehen nun auch Anforderungen des Brandschutzes im Fokus – und damit die Materialeigenschaften insbesondere der Dämmstoffe auf Polystyrolbasis.
Gallerie
Anforderungen an den Brandschutz
Nach Musterbauordnung § 26 Allgemeine Anforderungen
an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen dürfen
leicht entflammbare Baustoffe grundsätzlich nicht verbaut werden.
Es besteht also eine Anforderung an mindestens normal entflammbare
Materialien. Eine Ausnahmeregelung gilt, wenn leicht entflammbare
Baustoffe im Zusammenhang mit anderen Baustoffen dies nicht mehr
sind. Im § 28 Außenwände formuliert die Musterbauordnung
unter Punkt (3) Anforderungen an die Oberflächen von
Außenwänden und Bekleidungen. Diese müssen einschließlich der
Dämmstoffe und der Unterkonstruktionen schwer entflammbar (B1)
sein. Im Ausnahmefall darf eine Unterkonstruktion auch normal
entflammbar (B2) eingebaut werden, wenn sie gemäß Pkt. (1)
ausgeführt wird und eine Brandausbreitung begrenzt ist. Von dieser
Anforderung ausgenommen sind Gebäude, die den Klassen 1-3
zugeordnet werden können: Darunter fallen Gebäude geringer Höhe,
deren Fertigfußboden ≤ 7 m über Oberkante Gelände liegt.
Zählt das Gebäude zu den Sonderbauten, gelten weiterführende
Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz. Dazu gehören unter
anderem Versammlungsstätten, Hochhäuser, Schulen sowie
Tageseinrichtungen für Kinder oder alte Menschen. Zusätzliche
Anforderungen können aus der Industriebaurichtlinie, der
Verkaufsstättenverordnung, der Versammlungsstättenverordnung, der
Schulbau-Richtlinie oder der Krankenhausverordnung resultieren.
Gerade bei Sonderbauten müssen die Brandschutzanforderungen an
Fassaden und Dächer immer fallbezogen im Brandschutzkonzept im Zuge
des Baugenehmigungsverfahrens betrachtet werden.
Merkblatt des DIBt
Im Juni 2015 veröffentlichte das Deutsche Institut für Bautechnik
(DIBt) ein Merkblatt mit Empfehlungen zur Sicherstellung der
Schutzwirkung von Wärmedämmverbundsystemen aus Polystyrol. Das
Merkblatt unterscheidet drei wesentliche Aspekte, die in der
Planung und im Unterhalt beachtet werden müssen:
- Instandhaltung der Fassade
- Vermeiden von Brandlasten an der Außenfassade
- Nachträgliches Aufbringen von WDVS an bestehenden Gebäuden.
Danach ist der Inhaber eines Bauwerks mit einem Wärmedämmverbundsystem angehalten, die Fassade
regelmäßig zu warten und instand zu halten. Schäden an den
Putzoberflächen müssen zeitnah und fachgerecht beseitigt werden,
damit die Schutzwirkung des gesamten Systems gegen Brandursachen
und Feuchtigkeit erhalten bleibt. Das Merkblatt enthält zudem die
Empfehlung, für Brandlasten wie z.B. Müllcontainer grundsätzlich
einen Mindestabstand von drei Metern einzuhalten. Müllcontainer
sollten nach Möglichkeit in einer geschlossenen, nicht brennbaren
Einhausung aufgestellt werden. Neben diesen Aspekten gibt es eine
organisatorische Empfehlung für das nachträgliche Dämmen im
Bestand. So sind während der Bauphase in spezifischen
Baustellensituationen Vorkehrungen zum Brandschutz, zum Schutz der
Nutzer und des Gebäudes zu treffen. Für deren Umsetzung sind
Bauherr, ausführende Firma und Bauleiter verantwortlich; sie haben
dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend Rettungswege vorhanden
sind. Handelt es sich um einen Sonderbau oder ein Gebäude der
Gebäudeklassen 4 und 5, sollte zusätzlich ein erfahrener
Fachbauleiter anwesend sein.
Für den konstruktiven Aufbau von Fassaden auf Polystyrol- bzw.
EPS-Basis ergeben sich zusätzliche Anforderungen, die in den am 03.
Juli 2015 veröffentlichten FAQs und den Hinweisen des Referats II 1
im DIBt vom 27. Mai 2015 enthalten sind.
Fassadendämmung aus EPS
Mit dem Schutzziel, ein Durchbrennen der Fassadendämmung und das
Abtropfen von Polystyrol zu verhindern, unterscheiden die Hinweise
des DIBt folgende beispielhafte Ausführungsmöglichkeiten eines
Wärmedämmverbundsystems:
- WDVS mit angeklebtem EPS-Dämmstoff in Stärken bis 300 mm auf massiven und mineralischen Untergründen mit Putzschicht
- WDVS mit angeklebtem und zusätzlich angedübeltem EPS-Dämmstoff in Stärken bis 300 mm auf massiven und mineralischen Untergründen mit Putzschicht
- WDVS mit Dämmstoffdicken über 300 mm
- WDVS mit schienenbefestigtem EPS-Dämmstoff in Stärken bis maximal 200 mm auf massiv mineralischen Untergründen mit Putzschicht
- WDVS mit angeklebtem und zusätzlich angedübeltem EPS-Dämmstoff in Stärken bis maximal 200 mm auf massiven und mineralischen Untergründen mit angeklebter Keramik- oder Natursteinbekleidung
- WDVS mit angeklebtem EPS-Dämmstoff in Stärken bis maximal 200 mm auf Untergründen des Holztafelbaus mit Putzschicht
- WDVS mit angeklebtem und zusätzlich angedübeltem EPS-Dämmstoff mit Putzschicht auf bestehenden WDVS mit EPS- oder Mineralwolle-Dämmstoff oder auf Holzwolleleichtbauplatten
- WDVS ohne bewehrte Unterputzschicht
- WDVS nach ETA (Europäische Technische Zulassung)
Je nach Einbaufall, Dämmstärke und Befestigungsart werden
Anforderungen an die Anzahl und Lage der horizontalen bzw.
vertikalen Brandriegel sowie des Schutzes von Fensterstürzen
formuliert. Diese müssen aus nicht brennbarer Mineralwolle in die
EPS-Dämmschicht eingebaut werden. Die Brandriegel haben eine Höhe
von mindestens 200 mm. Zusätzlich bestehen Anforderungen an die
Rohdichte des EPS-Dämmstoffs, an das Flächengewicht des
Armierungsgewebes in der Putzschicht, an die Putzschicht selbst
sowie die Art und Weise des Befestigungssystems der Dämmplatten.
Planer müssen diese Punkte im Rahmen der Ausführungsplanung
objektbezogen prüfen und umsetzen. Die unterschiedlichen
Einbausituationen mit erläuternden Zeichnungen sind auf den
Internetseiten des DIBt in dem Hinweis vom 27. Mai 2015
einsehbar.
Abweichend von der DIN 55699:2005-02: Verarbeitung von
Wärmedämm-Verbundsystemen sind nun vorbeugende Maßnahmen zum
Brandschutz nicht erst ab einer Dämmstärke > 100 mm notwendig.
Dieser Schwellenwert fand sich bisher in der vorgenannten Norm, die
bereits das Auswechseln von EPS-Dämmstoff in Mineralwolle oberhalb
von Fenstern im Sturzbereich beschrieb. Die am 3. Juli 2015 vom
DIBt veröffentlichten FAQs beschreiben unter Punkt 13 diese
Thematik und lösen den Schwellenwert von > 100 mm ab. Damit
werden grundsätzlich und bei allen Dämmstärken von EPS
Schutzmaßnahmen im Fassadenbereich notwendig.