Vorhangfassaden zwischen 1950 und 1980
Typologien und Erscheinungsformen
Vorhangfassaden aus der Nachkriegszeit haben mit ihren geschichtlichen Vorläufern nur noch die Erscheinungsform gemeinsam. Im Gegensatz zu den relativ einfachen, handwerklich hergestellten Sprossengerüsten, machte es die industrielle Vorfertigung möglich, präzise Spezialprofile und große Glasflächen herzustellen, wodurch auch die Arbeitsvorgänge am Bau auf ein Minimum reduziert werden konnten. Durch den zunehmenden Einsatz von korrosionsbeständigem Aluminium als Material für die Profile ab den 1950er Jahren, reduzierte sich deren ohnehin relativ geringes Gewicht weiter. Außerdem ermöglichte das Extrusionsverfahren eine differenziertere Profilausbildung als bisher. Vorhangfassaden wurden in dieser Zeit vorwiegend in Schul- und Verwaltungsbauten als Sprossen- oder Tafelkonstruktionen eingesetzt.
Gallerie
Sprossenkonstruktionen
Diese Ausführung der
Konstruktion bestand aus rechtwinklig angeordneten Fassadenrastern,
deren Felder als raumabschließende Bestandteile mit Glas oder
Platten ausgefüllt wurden. Die Hauptsprossen, entweder horizontal
oder vertikal am Tragskelett befestigt, dienten zur Aufnahme und
Halterung des Glases oder der Ausfachungen. Sie trugen das
Eigengewicht der Fassadenbestandteile, gaben die anfallenden
Windlasten auf das tragende Skelett ab und bildeten durch ihr
regelmäßiges Raster das für diese Fassade typische
Gestaltungsmerkmal. Ähnlich der späteren
Pfosten-Riegel-Konstruktion konnten die vorgefertigten einzelnen
Sprossen vor Ort zu einer Vorhangfassade zusammengefügt werden. Die
Möglichkeit der kompletten Zerlegung der Fassadenelemente
verringerte zwar den Transportaufwand, hatte jedoch eine aufwendige
Montage vor Ort zur Folge, sodass sich die Vorfertigung größerer
Montageelemente im Werk durchsetzte.
Tafelkonstruktionen
Bei dieser Konstruktionsart
bildeten großformatige Tafeln den Raumabschluss. Sie übertrugen ihr
Eigengewicht und die Windlasten auf das tragende Skelett.
Wichtigstes konstruktives Merkmal der Tafelkonstruktion war,
vergleichbar mit der späteren Paneelkonstruktion, die geschlossene,
nur durch einzelne Fensteröffnungen unterbrochene, Außenfläche der
Fassade. Weitgehend ohne sichtbare Fugen auskommend, gab die eigene
Struktur vorwiegend die Fassadengestaltung vor. Mechanisch
verbundene Tafelelemente wurden schichtweise von innen nach außen
montiert und durch Schrauben oder Klammern verbunden. Vorgefertigte
Tafelkonstruktionen kamen montagefertig auf die Baustelle und
konnten als komplette Elemente eingesetzt werden.
Sandwich-Paneelen
Die überwiegend ungedämmte
Generation der Vorhangfassaden bestand bis etwa 1973. Nach der
zeitgleichen Energiekrise, die zu Vorschriften zur Beschränkung des
Einsatzes fossiler Energieträger führte, folgte kurze Zeit später
die gedämmte Vorhangfassade. Sie bestand im Normalfall aus
mehrschichtigen Isoliergläsern, Sandwich-Paneelen als wärmegedämmte
Brüstungen sowie thermisch getrennten Profilen, um Kältebrücken zu
vermeiden. Der Fassadenaufbau bestand im Bereich der Dämmung aus
einer äußeren Wetterschutzschicht, dem Wärmedämmstoff selbst und
einer Innenverkleidung. Nur in Ausnahmefällen befand sich die
Wärmedämmung außerhalb der Vorhangwand. Bei diesen Ausführungen
bestand die eigentliche vorgehängte Wand lediglich aus einer
witterungsbeständigen Außenhaut, während die Wärmedämmung - in Form
von gedämmten Verbundplatten oder als Mauerwerk - mit geringem
Abstand hinter der Vorhangwand direkt am Skelett befestigt
wurde.
Durch eine technische und konstruktive Weiterentwicklung sowie
vermehrt zur Verfügung stehende Mengen und Abmessungen von
Glasscheiben, wandelte sich die Vorhangfassade im Laufe der 1980er
Jahre immer mehr zur reinen Glasfassade. Die dadurch entstehende
Wärmelast im Sommer, wurde mit Hilfe von sonnenreflektierenden,
gefärbten Verglasungen möglichst gering gehalten. Darüber hinaus
gaben Anlagen zur Gebäudeklimatisierung, industriell hergestellte
und beschichtete Gläser sowie synthetische Dichtstoffe weitere
Impulse für die Möglichkeit des Einsatzes weitgehend gläserner
Vorhangfassaden.