Wohnquartier Comfort Town in Kiew
Revitalisierung eines ehemaligen Industriegebiets
Farbklecks in Kiew: Die ukrainische Hauptstadt ist seit 2020 um eine außergewöhnliche Wohnsiedlung reicher. Unzählige bunte Häuschen sprießen wie Legosteine aus dem Boden eines ehemaligen Industrieareals östlich des Flusses Dnjepr. Der Name ist dabei Programm: Trost spenden und erheitern sollen die 180 farbenfrohen Bauten in Comfort Town zwischen der grauen Nachbarbebauung aus den 1950er- und 60er-Jahren. Für den Entwurf verantwortlich zeichnet das ortsansässige Architekturbüro Archimatika.
Gallerie
Urbanes Stadtquartier mit Mischnutzung
Beim Umbau des rund 40 Hektar großen Areals wurden die bestehenden Grünflächen erhalten, zu öffentlichen Parks mit Erholungsmöglichkeiten transformiert und in das neue Konzept der Stadt in der Stadt integriert. Dementsprechend haben die Beteiligten, neben den Wohnräumen, diverse Einrichtungen des öffentlichen Lebens untergebracht, darunter mehrere Kindergärten und Schulen, die Akademie für moderne Bildung, verschiedene Geschäfte und Gastronomieeinrichtungen sowie ein breites Sportangebot mit Fitnessstudios, Schwimmbädern und Außensportplätzen.
Gegliedert ist das Areal in aufgelöste Blockrandstrukturen, die
jeweils einen privaten Freiraum umschließen. Der motorisierte
Individualverkehr konzentriert sich auf die äußeren
Erschließungswege – die Innenhöfe sind verkehrsberuhigt und
lediglich für Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge zugänglich. An den
Hauptverkehrswegen wechseln sich großzügige öffentliche Parks mit
kleinen privaten Höfen ab und lockern die dichte Bebauung auf. Für
Orientierung sorgen Punkt-Hochhäuser an den Eingängen in das
Stadtquartier sowie an den öffentlichen Freiflächen und erzeugen
zudem eine urbane Atmosphäre. Die restlichen Gebäude sind jeweils
zwischen acht und sechzehn Geschosse hoch. Zudem gibt es drei
mehrstöckige Parkhäuser, die bis zu 1.000 PKWs aufnehmen. Im
Kontrast zu den klaren geometrischen Formen der Bebauung mutet die
Außenraumgestaltung organisch und fließend an.
Gallerie
Auffällige Farbgestaltung
Jeder Block setzt sich aus mehreren Gebäuden mit unterschiedlicher Farbgestaltung und Geschosszahl zusammen, was für eine kleinteilige Parzellierung innerhalb dieser großen Struktur sorgt. Der gesamte Wohnkomplex hebt sich deutlich von den umliegenden Plattenbauten der 1950er und 60er Jahre ab: Alle Gebäudeteile weisen ein Satteldach aus gerilltem Metall auf. Bei der Farbgestaltung richteten sich die Architekt*innen nach den Farbmustern des Dachherstellers und kombinierten diese jeweils mit einem pastelligen Ton für die Fassade. Zum Teil sind die Dächer außerdem um 90 Grad zueinander gedreht, sodass – in Kombination mit den Höhenunterschieden innerhalb der Blöcke – eine heterogene Silhouette entsteht. Nicht zuletzt sorgt das Fassadenspiel aus unterschiedlichen Fensterformaten für wechselvolle Ansichten und einen hohen Wiedererkennungswert.
Gallerie
Implementierung der BIM-Methode
Die Arbeiten am Projekt begannen während der weltweiten Wirtschaftskrise 2009. Daher war ein Perspektivwechsel im Hinblick auf die Optimierung der Entwurfsprozesse und die Verbesserung der Qualität und Geschwindigkeit von Planung und Projektabwicklung erforderlich. Das Architekturbüro Archimatika implementierte aus diesem Grund erstmals die BIM-Methode als Grundlage für die Bearbeitung. Damit war das Architekturbüro das erste, das BIM in einem solchen Umfang auf dem ukrainischen Markt verwendete.
Zu einem reibungslosen Projektablauf trug zudem bei, dass die Gesamtstruktur – trotz der enormen Größe – aus nur fünf bis sechs verschiedenartigen Gebäudetypen besteht. Diese Bausteine kombinierten und arrangierten die Beteiligten so, dass im Ergebnis ein mehrschichtiges und heterogenes Quartier entstand, ohne eine übermäßig komplexe Struktur entwerfen und konstruieren zu müssen – was vor allem vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage wichtig war.
Die verwendete BIM-Planungssoftware spielte in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle: Damit konnten die verschiedenen Zusammenstellungen der sechs Gebäudetypen schnell und einfach ausprobiert und umgesetzt werden. Dies wiederum erleichterte die anschließende Aufteilung in Standardelemente, sodass der Entwurfsprozess und die Informationsweitergabe beschleunigt wurden. Außerdem erleichterten die 3D-Modelle mit ihren visuellen Informationen die Kommunikation und das Verständnis für den Entwurf. Schließlich habe der Einsatz von BIM zu einem schnelleren Ergebnis und damit letztlich auch zu einer Verringerung der Baukosten geführt, so das Architekturbüro.
Bautafel
Architektur: Archimatika, Kiew/Oslo
Projektbeteiligte: Metal Roof, Kiew (Dächer); Promstalkonstruktsiya Corporation, Makiivka (Tragwerksplanung); Rubezh; Ingeeniring Group
Verwendete Software: BIM-Planungssoftware Archicad / Graphisoft
Bauherr/in: KAN Development
Fertigstellung: 2020
Standort: 4 Reheneratorna St., 02000, Kiew, Ukraine
Bildnachweis: Andrey Avdeenko, Alexander Angelovskiy, Alex Ivanov
Fachwissen zum Thema
Baunetz Wissen Integrales Planen sponsored by:
Graphisoft Deutschland GmbH
Landaubogen 10
81373 München
Tel. +49 89 74643-0
https://graphisoft.com