Kinderkrankenhaus in Ostrov u Macochy
Sanatorium für Kinder mit BIM-Methode entwickelt
Inmitten des Landschaftsschutzgebietes Mährische Karst, das sich
nördlich von Brünn in Tschechien erstreckt, befindet sich das
kürzlich realisierte Sanatorium für Kinder mit Atemwegsproblemen
von Adam Rujbr Architekten. Prägend für die Region Blansko und den
Ort Ostrov u Macochy sind die zahlreichen Karsthöhlen, deren
Umgebung und Klima sich positiv auf die Gesundheit der Kinder
auswirkt. Der sich in die Topografie einfügende Komplex aus vier
miteinander verbundenen Körpern ersetzt das ursprüngliche,
provisorische und für die Anforderungen unzureichende Gebäude: In
der spezialisierten, medizinischen Einrichtung können nun 78 Kinder
und Begleitpersonen gleichzeitig unterkommen.
Gallerie
In die Natur eingebettet
Vom Archetyp eines Hauses aus Kinderzeichnungen inspiriert,
liegt das Ensemble eingelassen in die Topografie am nördlichen Rand
des Dorfes, gegenüber einer Einfamilienhausansammlung. Das
Sanatorium für Kinder im Alter von 4-18 Jahren besticht durch seine
klare gradlinige Kubatur. Die weiße Farbgestaltung der Putzfassade
und des Trapezblech-Daches nimmt Bezug auf den in der Region viel
vorkommenden Kalkstein. Vier rechteckige Körper mit Giebeldach sind
parallel zueinander verschoben, sodass sich je zwei gefasste
Außenräume nördlich und südlich ausbilden. An den Schnittstellen
der zweigeschossigen Körper ergibt sich ein zusammenhängendes
Raumgefüge – ein Kontinuum, das die funktional voneinander
getrennten Trakte verbindet und die Natur und das Tageslicht
miteinbezieht.
Die Morphologie des Geländes steht im Vordergrund: Der Garten
gliedert sich in unterschiedliche Zonen, die funktional dem
Sanatorium zugeordnet sind. Ergänzt werden die Außenflächen durch
Spielelemente und Sportplätze für Kinder, sowie durch überwiegend
einheimische Baumarten. Das nach Süden hinabfallende Gelände
ermöglicht darüber hinaus die Erschließung des Gebäudes auf zwei
Ebenen und lässt unterschiedlich weit gefasste Außenräume
entstehen. Eine weitere Besonderheit des Sanatoriums ist die
Nutzung der nahegelegenen Kaiserhöhle, die als natürliche
Karsthöhle ausschließlich zu Therapiezwecken und zur Behandlung von
Atemwegserkrankungen, Asthma und Allergien dient.
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Klare Funktionstrennung
Das spezialisierte Behandlungszentrum ist in vier funktionale Bereiche unterteilt, die im Erdgeschoss über eine großzügige Erschließungszone mit Treppenhalle verbunden sind. Jeweils zwei der vier Baukörper sind gleich lang und in die gleiche Richtung verschoben, sodass sich ein kürzerer rechteckiger Körper mit einem langgestreckten Volumen – in südliche Richtung orientiert – abwechseln. Den Auftakt in das Gebäude bildet der östlich gelegene Haupteingang mit angrenzendem Foyer und Rezeption, sowie diversen Technikräumen. Im Geschoss darüber befindet sich der Speisesaal mit großer Küche. Daran schließt der zweite Bereich im langgestreckten Volumen an: Im Erdgeschoss liegen alle Räume und Funktionen der medizinischen Versorgung, inklusive einer Personalwohnung. Im ersten Obergeschoss befindet sich die Schule mit einem sich nach Norden hin öffnenden Außenraum. Den thematischen Schwerpunkt des wiederum kleineren, dritten Trakts bilden der Wellness- und Fitnessbereich im Erdgeschoss und das für therapeutische Zwecke genutzte Wasserbecken mit zugehöriger Außenfläche im Obergeschoss. Der vierte und letzte Abschnitt ist als zweigeschossiger Trakt den Patientenzimmern sowie Umkleide- und Trockenräumen und der Wäscherei im Untergeschoss gewidmet.
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Hohe Anforderungen an Innenraumqualitäten
Dem Neubau des Sanatoriums liegt laut Architekturbüro das
Gestaltungsprinzip der sogenannten „heilenden Architektur“
zugrunde. Das Ziel, einen Heilkomplex zu realisieren, in dem sich
alle – Kinder und ihre Angehörigen – wohlfühlen, spiegelt sich in
der Gesamterscheinung wider, die durch die rein weiße Farbe der
Fassade und des Daches, sowie die Einbettung in die Landschaft und
klare Sichtbezüge in die Natur geprägt ist. Die Innenräume zeichnen
sich ebenso durch helle Farben aus und stehen in konsequenter
Verbindung mit den Entspannungsbereichen im Außenraum. Kreisförmige
Elemente, darunter die Bänke im Hof, die Beleuchtungskörper sowie
die Oberlichter, kontrastieren mit dem rechteckigen Grundriss und
lockern die ansonsten orthogonale Gestaltung auf.
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Die Hygieneanforderungen in dieser derart spezialisierten
medizinischen Einrichtung erforderten besondere Aufmerksamkeit.
Daher folgt die technische Ausstattung des Gebäudes insbesondere
dem Zweck, Kindern mit Atemproblemen das bestmögliche Raumklima zu
bieten. Dafür sorgt eine in die HLK-Einheiten integrierte
Luftaufbereitung mit Schwerpunkt auf Luftreinheit, Temperatur und
Feuchtigkeit. Dafür wurden in jedem Raum Temperatur-,
Feuchtigkeits- und CO₂-Sensoren installiert, mit deren Hilfe
die Raumluftqualität überprüft und mit einem intelligenten System
automatisch gesteuert werden kann. Zur Kühlung wird eine
Kompressionskältemaschine eingesetzt. Wärme wird günstig und
umweltfreundlich über eine Holzpelletheizung erzeugt; unterstützt
wird die Wärmeerzeugung als Reserve durch einen Brennwertkessel.
Das gesamte System ist vollständig automatisiert und verfügt über
die Möglichkeit des Fernzugriffs und der Fernsteuerung.
Kollaboration dank BIM
Das Bauvorhaben wurde als sogenanntes Design and Build-Projekt umgesetzt; darunter wird ein Projektabwicklungssystem verstanden, bei denen Planungs- und Ausführungsleistungen an einen einzelnen Auftragnehmenden vergeben wird, statt Planung und Ausführung einzeln auszuschreiben. Mit diesem Planungsansatz und dem vorgestellten Entwurf überzeugte das Konsortium aus Adam Rujbr Architekten, ENESA und VCE im ausgelobten Architekturwettbewerb. Sie erfüllten zudem den vorab festgelegten Höchstpreis für die Entwurfs- und Bauphase, bis hin zur Betriebsphase, der Abnahme sowie der Übergabe des Gebäudes an die Nutzer*innen.
Durch alle Planungsphasen hinweg und für alle Gewerke wurde BIM
als Planungsmethode verwendet. Grundlage für die Bearbeitung des
Projekts war eine gemeinsame Kollaborationsplattform (englisch: Common Data
Environment); diese erlaubte die transparente und fehlerfreie
Kommunikation mit allen Beteiligten, darunter die Bauherr*innen und
die späteren Nutzer*innen. Problemstellungen und Änderungen während
des Entwurfsprozesses konnten so frühzeitig aufgedeckt, kommentiert
und behoben werden.
Bautafel
Architektur: Adam Rujbr Architekten, Brünn/Prag
Projektteam: Adam Rujbr Architekten: Michal Surka, Ales Chlád, Michaela Bastlová, Katerina Gayerová,
Projektbeteiligte: ENESA (TGA-Planung); VCES (Bauunternehmer)
Bauherr: Region Südmähren
Fertigstellung: 2022
Standort: Ostrov u Macochy 490, 679 14 Ostrov u Macochy, Tschechische Republik
Bildnachweis: BoysPlayNice, Prag/Rožnov p.R./Znojmo; Adam Rujbr Architekten, Prag/Brünn
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