Licht als therapeutische Maßnahme
Alternativen zur medikamentösen Behandlung
Dass sich Licht positiv auf den Körper und die Psyche auswirkt, ist bekannt. Es kann zu Entspannung oder besserer Konzentration verhelfen, die Stimmung heben und Schlafmuster beeinflussen. Natürliches Tageslicht mit künstlicher Beleuchtung zum Erreichen von bestimmten Effekten zu imitieren, macht sich auch die Beleuchtungstechnik zunutze – bekannt unter dem Begriff Human Centric Lighting (HCL) imitiert es durch wechselnde Lichtfarbe und Helligkeit den sich verändernden Verlauf des Tageslichts. Einsatzgebiete sind Büros und Schulen sowie Gesundheitseinrichtungen, wie zwei bemerkenswerte Forschungsbeispiele in Norwegen zeigen.
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Im Akutzentrum vom St. Olavs Krankenhaus in Trondheim werden psychiatrisch erkrankte Menschen behandelt. Der zweigeschossige Neubau, der über 20 Belegbetten verfügt, ist so geplant worden, dass Lichttechnik und -nutzung zu Behandlungs- und Testzwecken integriert sind. Anwendung findet unter anderem ein Konzept, bei dem orangefarbenes Licht zu festgelegten Zeiten therapeutisch eingesetzt wird. Das Forschungsprojekt basiert auf einer Studie der norwegischen Wissenschaftlerin und Ärztin Tone Elise Gjøtterud Henriksen, die zeigte, dass Menschen mit einer bipolaren Störung das Tragen einer Brille mit orangefarbenen Gläsern hilft, ruhiger zu werden. Die Besonderheit der Brillengläser liegt darin, dass blaue Lichtanteile nahezu vollständig blockiert werden, der Körper daher mehr vom Schlafhormon Melatonin im Blut freisetzt und die Patienten dadurch müder und deutlich weniger angeregt oder hyperaktiv sind. Manische Zustände konnten so stark gemindert werden. Diese Erkenntnis übertrugen die Planer auf das neue Klinikgebäude und setzten ein Lichtmanagementsystem vom Hersteller Glamox ein.
Tagsüber ähnelt das künstliche Licht in den Räumen dem
Tageslicht: weißes Licht, das zwischen warmen und kalten Tönen
variiert. Ab 18 Uhr Uhr geht es in das sehr warme, orangefarbene
Licht über; von 23 bis 6 Uhr früh wird es auf 25 Prozent gedimmt.
Am Morgen erhellt ein kaltweißes Licht die Zimmer; das unterdrückt
die Melatoninproduktion und erhöht zugleich die Produktion von
Cortisol. So trägt die Beleuchtung dazu bei, dass die
Patienten – und auch die Mitarbeiter – sich tagsüber wach und
energiegeladen fühlen und gegen Abend müde und ruhiger
werden.
Die Patientenzimmer, Flure, Bäder und Wohn- und Erholungsräume sind über ein gemeinsames Lichtmanagementsystem verbunden. Jeder Patient kann das Licht im Raum nach seinen Wünschen dimmen, jedoch sorgt eine Lichtsteuerung dafür, dass nur das zur Tages- und Nachtzeit passende Licht entsprechend zur Verfügung steht. Der behandelnde Arzt kann auf seinem Bildschirm den Überblick behalten und die individuelle Beleuchtung für jeden Patienten einsehen und dokumentieren. Der Gebäudebereich für die bipolaren Patienten muss ohne natürliches Tageslicht sein. Daher sind alle Fenster mit speziellen Filtern ausgestattet. Alle Leuchten sind in die Wände oder Decken eingelassen, jeweils mehrere LED-Module für die Lichtsteuerung integriert. Das orangefarbene Licht wird aus roten, blauen und grün-weißen LEDs gemischt. Es gelang den Entwicklern, die blauen Anteile zu 99 Prozent zu entfernen.
Lichttherapie für Demenzpatienten
Ob eine Lichtbehandlung auch bei demenzkranken Menschen alternativ zu einer medikamentösen Therapie Wirkung zeigt, erforschen Wissenschaftler der Universität Bergen in Norwegen in dem Forschungsprojekt Dem.Light. Das Team um Elisabeth Flo vom Lehrstuhl für Klinische Psychologie untersucht, ob der Einsatz von Kunstlicht, das den Mangel an natürlichem Tageslicht ausgleicht, die Verhaltens- und psychologischen Symptome signifikant vermindert und die Schlaf- und Alltagsfunktionalität bei Patienten mit Demenz im Pflegeheim verbessert.
Eine traditionelle Lichttherapie, in der Patienten für kurze Zeit wiederholt mit hoher Intensität (etwa 10.000 Lux) von einer Lichtquelle in nächster Nähe bestrahlt werden, eignet sich für demente Menschen nicht gut. Bei dem Forschungsprojekt wird alternativ die erhöhte Lichteinstrahlung über die normale Deckenbeleuchtung in Aufenthaltsräumen geregelt. Eingesetzt werden auch hier Leuchten von Glamox, die ihre Lichtfarbe und Helligkeit wie beim natürlichen Rhythmus verändern. In den Monaten von Oktober bis März, in denen die Tage besonders kurz sind, werden etwa 70 Patienten in acht norwegischen Pflegeheimen mit dem Tageslicht nachempfundenen Kunstlicht behandelt. Auch die Mitarbeiter der Einrichtungen sind mit in die Studie einbezogen und werden dahingehend befragt, ob Auswirkungen unter anderem auf Wachsamkeit, Müdigkeit oder die Stimmungslage auszumachen sind. Die Wohnräume in den Pflegeheimen sind so umgestaltet, dass die Teilnehmer über einen längeren Zeitraum des Tages dem helleren Licht ausgesetzt waren. Solche Lösungen lassen sich vermutlich auf die häusliche Pflege übertragen und könnten es ermöglichen, dass an Demenz erkrankte Menschen länger im eigenen Zuhause leben können.