Ryerson University Student Learning Centre in Toronto

Gläserne Gebäudehülle mit weißem Siebdruckmuster

Ein gute Vernetzung ist für Studenten ebenso wichtig, wie in der Architektur sinnvoll. Das Student Learning Centre (SLC) der Ryerson University im Herzen von Toronto ist der gebaute Beweis dafür. Der vom norwegischen Architekturbüro Snøhetta geplante Bau bietet den rund 38.000 Studenten, die in verschiedenen Gebäuden über die Stadt verteilt sind, vielseitig nutzbare Räume zum Lernen und Arbeiten. Gleichzeitig dient er ihnen als zentraler Treffpunkt und sorgt mit seiner markanten, asymmetrischen Gestalt für eine erkennbare Präsenz der Universität im Stadtbild.

Mit seiner markanten Gestalt sorgt das SLC für eine erkennbare Präsenz der Universität im Stadtbild
Der unübersehbare Haupteingang befindet sich an der Südseite
Siebbedruckte Isolierverglasungen umhüllen das Gebäude

An einer belebten Geschäftsstraße der kanadischen Metropole gelegen, bildet der achtgeschossige, nahezu vollständig verglaste Neubau den Übergang zwischen Stadt und Campusareal. Der unübersehbare Haupteingang befindet sich an der Südseite. Über eine breite Treppe mit angrenzenden Sitzstufen geht es hinauf auf einen Vorplatz, der als halböffentliche Zwischenzone funktioniert und von den oberen Geschossen überdacht ist. Auffällig machen ihn vor allem die blausilbern schimmernden, dreidimensional gefalteten Blechpaneele, die sich wie ein Keil von den schrägen Deckenunterseiten über einen Teil der Fassade ziehen. Auf der anderen Seite reichen sie bis in das großzügige Foyer, das sich hinter der verglasten Eingangsfront öffnet und für Veranstaltungen aller Art genutzt werden kann. Es gibt ein Café und einen Empfang, wo sich Besucher und Studieninteressierte über die Universität informieren können. Sitzstufen laden auch hier zum Verweilen an oder dienen als Zuschauertribüne bei Aufführungen. Ihnen gegenüber führt eine weitere breite Treppe in die Bibliothek im benachbarten Bestandsgebäude östlich des Lernzentrums.

Die interne Erschließung ist in einem Betonkern auf der Nordseite angeordnet. Von hier gelangen die Studierenden in die oberen Geschosse, die alle unterschiedlich gestaltet und anders gegliedert sind: es gibt große offene Lernbereiche wie in der The Beach genannten Etage, in The Garden und The Forest befinden sich Räume für kleinere Gruppen und Einzelpersonen. Das oberste, höher ausgebildete Geschoss heißt natürlich The Sky, ist ebenfalls offen gestaltet und bietet eine tolle Aussicht auf die Stadt. Trotz der Tiefe des Gebäudes ist es innen hell und freundlich. Dafür verantwortlich sind die Glasfassade, die hohen Räume und die überwiegend weißen Oberflächen. Die Primärstruktur aus Stahlbeton lässt sich an den Sichtbetonstützen und unverkleideten Deckenträgern ablesen. Für Auflockerung sorgen die kräftigen Farben der Möbel und leichten Glastrennwände.

Glas
Die Fassaden des Gebäudes sind Pfosten-Riegel-Konstruktionen mit Ausfachungen aus bedruckten Dreifach-Isolierverglasungen. Das weiße Siebdruckmuster mit unterschiedlichen, teils sehr großformatigen Polygonen (siehe Abb. 16 und 17) verleiht dem Gebäude nicht nur sein charakteristisches Erscheinungsbild, es verringert auch den solaren Wärmeeintrag. Um seine Farbwirkung nicht zu verfälschen, entschieden sich die Planer für Weißglas anstelle eines konventionellen Kalk-Natron-Silikatglases, das aufgrund von Eisenoxidanteilen einen grünen Farbstich aufweist, der bei Weißglas durch eine besondere Reinheit der Ausgangsmaterialien unterbunden wird.

Die absturzsichernden Isoliergläser sind standardmäßig 2,50 x 5,00 Meter groß. Der Glasaufbau besteht von außen nach innen aus 10 mm ESG, 12 mm SZR, 6 mm Floatglas mit Low-E-Beschichtung, 12 mm SZR und 6 mm ESG. Die Scheibenzwischenräume (SZR) sind mit dem Edelgas Argon gefüllt; der Siebdruck ist auf der zum SZR orientierten Scheibenoberfläche der außen liegenden Verglasung (Position 2) aufgebracht. Die variierende Dichte der Bedruckung wurde entsprechend der Nutzung im Gebäude ausgeführt. Davon ausgenommene, transparente Bereiche erlauben Ausblicke, dichter bedruckte, transluzente Areale sorgen zusammen mit den innen liegenden Rollos vor direkter Sonneneinstrahlung.

Würde das Lernzentrum in Deutschland stehen, entsprächen die Verglasungen nicht den hiesigen Vorschriften der DIN 18008 Glas im Bauwesen – Bemessungs- und Konstruktionsregeln. Gemäß DIN 18008-4: Zusatzanforderungen an absturzsichernde Verglasungen und DIN 18008-2: Linienförmig gelagerte Verglasungen handelt es sich um Kategorie A Verglasungen, bei denen mindestens eine der Glasscheiben aus Verbundsicherheitsglas ausgebildet sein müsste. Bei Verwendung von Einscheibensicherheitsglas müsste die außen liegende Verglasung außerdem aus heißgelagertem ESG-H bestehen. Sofern die mittlere Scheibe von Dreifach-Isolierverglasungen mit Funktionsschichten versehen wäre, sollte sie zudem grundsätzlich thermisch vorgespannt werden.

Bautafel

Architekt: Snøhetta, Oslo / New York mit Zeidler Partnership Architects, Toronto
Projektbeteiligte:  Halcrow Yolles, Mississauga (Tragwerksplanung); Ferris Associates, Toronto (Landschaftsarchitekten); Ellisdon, Mississauga (Generalunternehmer); Flynn Canada, Toronto (Fassade), Prelco, Rivière-du-Loup (Glaslieferant)
Bauherr: Ryerson University, Totonto
Fertigstellung: 2015
Standort: 341 Yonge St, Toronto, ON M5B 1S1, Kanada
Bildnachweis: Lorne Bridgman, Marc Mitanis, Younes Bounhar & Amanda Large | DoubleSpace Photography und Snøhetta

Fachwissen zum Thema

Gläserne Brüstung zur Absturzsicherung im Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen (Architekten: gmp, Hamburg)

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Vertikale Glaselemente

Absturzsichernde Verglasungen

Das Kunstwerk „Stanza II“ von Catherine Gfeller in Genf wurde mithilfe des Digitaldruckverfahrens auf 10 mm ESG gedruckt

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Glasbearbeitung

Digitaldruck auf Glas

Punktgelagerte Fassade des Centre Pompidou Malaga (Architekten: L35, Barcelona)

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Nachweise und Normen

Normen: DIN 18008 Glas im Bauwesen

Eine schlanke Pfosten- und Riegelkonstruktion aus Stahl und Aluminium bildet die Fassade am Bundeskanzleramt, Schultes Architekten, Berlin

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Vertikale Glaselemente

Pfosten-Riegel-Fassaden

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