Fach- und Berufsoberschule FOSBOS in Neu-Ulm

Erweiterung im Passivhausstandard und Generalsanierung gemäß EnEV 2009

Die energetische Ertüchtigung in die Jahre gekommener Schulbauten unter Berücksichtigung funktionaler und räumlicher Aspekte steht in Deutschland derzeit hoch im Kurs – sollen doch die Schüler und Lehrer unter optimalen Bedingungen lernen und arbeiten können. Auch die Fach- und Berufsoberschule Neu-Ulm (FOSBOS) entsprach nach rund 50 Jahren nicht mehr den Anforderungen an einen zeitgemäßen und vor allem wirtschaftlichen Schulbetrieb, sodass eine Generalüberholung mitsamt Erweiterung dringend notwendig wurde. Den dazu ausgeschriebenen Wettbewerb konnte das Büro Schaller Architekten aus Stuttgart mit seinem Entwurf für sich entscheiden. Die Architekten planten eine dreiteilig konzipierte Erweiterung im Passivhausstandard und sanierten den Bestand, abgesehen von der Sporthalle, gemäß den Anforderungen nach EnEV 2009.

Einst war der Pausenhof gen Westen und Süden hin offen, jetzt umfassen ihn die Erweiterungsbauten (Südwestansicht)
Der aufgeständerte Riegel agert im Norden auf dem bestehenden, hellgrün verputzten Flachbau auf, unter dem Baukörper befinden sich Fahrradständer (Nordwestansicht)
Der Pausenhof wird nun von allen Seiten eingefasst; der Bestand (hier das dreigeschossige Hauptgebäude) ist in kräftigen Farben verputzt, dazu kontrastieren die Neubauten mit ihren weißen Fassaden

Der Schulkomplex liegt in einem heterogenen Umfeld aus Zeilenbauten, Grün- und Parkflächen sowie Büro- und Gewerbegebäuden südlich des Stadtzentrums. Vor dem Umbau umfasste er knapp 9.700 m² und setzte sich aus drei frei stehenden Gebäuden zusammen – einem Flachbau im Norden, einem dreigeschossigen Hauptgebäude im Osten und einer im Süden gelegenen Sporthalle mit angrenzenden Spielfeldern. Zusammen legten sie sich u-förmig um einen weitläufigen Pausenhof, der nach Westen hin offen war. Im Zuge der Erweiterung kamen drei eingeschossige Gebäude mit einer Bruttogeschossfläche von 2.700 m² hinzu. An der Westseite ist nun ebenfalls ein Gebäuderiegel, da er aufgeständert ist, bleibt das Gebäude an dieser Stelle aber durchlässig.

Zunächst erhielt das Hauptgebäude an seiner südöstlichen Ecke einen Anbau, den sogenannten Lehrerpavillon. An die Westseite des Hauptgebäudes dockt nun ein eingeschossiger L-förmiger Baukörper an, der den Pausenhof nach Süden hin abschließt. Einbündig organisiert nimmt er vier Klassenräume und die Cafeteria auf, die sich über raumhohe Verglasungen zum Hof öffnet. Auf ihm und auf Teilen des Flachbaus im Norden ist ein aufgeständerter, eingeschossiger Riegel platziert, der eine neue Eingangssituation zum Schulgelände und einen überdachten Pausenbereich schafft. In seinem Inneren beherbergt der Riegel u.a. 16 Klassenzimmer.

In den Bestandsgebäuden konnten die vorhandenen Strukturen weitestgehend erhalten bleiben, die Klassenräume bekamen einen neuen Anstrich. Im Zentrum des Hauptgebäudes befand sich ein zu dunkles und zu eng bemessenes Atrium, das umgestaltet wurde. Großflächige Oberlichter versorgen es nun mit Tageslicht, sodass auch die Aula im größtenteils natürlich belichtet wird. Erdgeschoss ist die Aula und einige Nebenräume, ab dem ersten Obergeschoss wird das Atrium ringförmig von einer Galerie eingefasst, an die sich die Klassenräume anschließen. Charakteristisch sind hier vor allem die in einem warmen Rotton gestrichenen Wände zum Atrium hin.

Äußerlich wurden die Altbauten gemäß den Anforderungen der EnEV 2009 wärmebrückenfrei und luftdicht ertüchtigt und anschließend in kräftigem Rostrot, Taubenblau und Hellgrün verputzt. Davon setzen sich die Neubauten mit ihren weißen, dynamisch abgerundeten Bandfassaden deutlich ab, dennoch vervollständigen sie das Schulensemble sinnvoll und vereinen es zu einem harmonischen Ganzen.

Gebäudetechnik
Nicht nur außen, sondern auch in ihrem Inneren erfuhren die Altbauten eine Generalüberholung. So wurden die vorhandenen, veralteten Rohrleitungs- und Verteilersysteme vollständig erneuert. Die bereits vorhandene Heizzentrale im Untergeschoss des Hauptgebäudes, bestehend aus zwei gasbefeuerten Heizkesseln mit einer Gesamt-Wärmeleistung von 1.200 kW, konnte erhalten bleiben. Da die energetische Ertüchtigung der Fassaden die thermischen Verluste über die Gebäudehülle stark reduziert und folglich weniger Energie zum Beheizen der Schule aufgebracht werden muss, konnte auf eine neue Auslegung der Heizlast bei den Kesseln verzichtet werden. Die Warmwasseraufbereitung für den Küchen- und Fachklassenbereich übernehmen Durchlauferhitzer.

Die Klimatisierung der Innenräume erfolgt über raumlufttechnische Anlagen (RLT) mit Wärmerückgewinnung (> 75%). Zudem stellen sie den notwendigen Luftwechsel innerhalb der Schulgebäude sicher und verhindern, dass die CO₂-Konzentration der Luft die festgelegten Schwellenwerte in den Innenräumen nicht überschreitet. Um den Leistungsbedarf der RLT-Anlagen zu senken, temperiert ein Luft-Erdwärmetauscher die Außenluft je nach Jahreszeit vor dem Eintritt ins Gebäude um 6 bis 10 Kelvin vor. Dazu strömt die Außenluft durch ein horizontales Register aus bis zu 60 Meter langen Betonröhren, welches in einer Tiefe von knapp 80 Zentimetern im Erdreich verlegt wurde. Auf diese Weise wird die in der Erde gespeicherte Wärme genutzt, die Luft im Sommer abgekühlt und im Winter entsprechend vorerwärmt. Für eine konstante Zu- und Abfuhr der Luft innerhalb der Gebäude sorgen mechanische Volumenstromregler, die den Räumen eine vorher definierte Luftmenge zuweisen. Etwa eine Stunde vor und eine Stunde nach Unterricht werden die Klassenräume von der Lüftungsanlage automatisch „gespült“. Eine dynamische Anpassung der Luftmenge auf den tatsächlichen Bedarf an Frischluft wurde aus wirtschaftlichen Gründen nicht geplant.

In den Unterrichtsräumen im Haupthaus sowie in den neuen neben der Cafeteria gelangt die vortemperierte Frischluft über Drallluftauslässe ins Gebäudeinnere, sodass dort ein Unterdruck entsteht. Über Lufteinlässe strömt sie dann in die Flure und die Aula, wo zentrale Gitter sie absaugen. Werden Aula und Klassenzimmer zeitgleich genutzt, was nur bedingt stattfindet, so lässt sich die Zu- und Abfuhr der Luft in den beiden Nutzungsbereichen nach Bedarf zu- und wegschalten. Mit zusätzlichen Motorklappen und Volumenstromreglern können die einzelnen Etagen außerhalb der regulären Schulzeiten be- und entlüftet werden. In dem neuen Gebäuderiegel erfolgt sowohl die Luftzufuhr als auch -abfuhr in den Klassenräumen selbst (geschlossenes System). Die sanitären Anlagen sind ebenfalls an die zentrale Lüftungsanlage angeschlossen. Hier wird die Abluft direkt über den WCs angesaugt, die Zuluft strömt aus den Fluren nach. Bei den sanitären Anlagen in den Neubauten strömt die Frischluft über Drallluftauslässe im Toiletten-Vorraum nach. Die Küche ist mit einer eigenen zentralen Lüftungsanlage ausgestattet.

Alle haustechnischen Komponenten sind in die Gebäudeautomation integriert, sodass sie sich entsprechend bedienen, kontrollieren und anpassen lassen. Die Gebäudeleittechnik ist so aufgebaut, dass das Energiemanagement der Schule sowohl von extern (z.B. durch das Landratsamt) oder intern, durch die Lehrer oder den Hausmeister, zu steuern ist. Einerseits ermöglicht dies eine Kontrolle und gegebenenfalls eine Anpassung der Parameter der technischen Anlagen, andererseits kann der tatsächliche Energieverbrauch ausgelesen, analysiert und dokumentiert und optimiert werden.

Bautafel

Architekten: ARGE Schaller Architekten, Stuttgart (Enwurf) – Petersen Architekturbüro, Illertissen (Objektüberwachung)
Projektbeiteiligte: Schreiber Ingenieure, Ulm (Gebäudetechnik); Abel Ingenieure, Ulm (Statik); Conplaning, Ulm (Elektroplanung); Ingenieurbüro Brückner, Sonneberg (Brandschutz); Bayer Bauphysik, Fellbach (Bauphysik); Fassadenplanung Natterer, Aichstetten (Fassadenplanung)
Bauherr: Landratsamt Neu-Ulm
Fertigstellung: 2013 (Sanierung)
Standort: Memminger Str. 48 in 89231 Neu-Ulm
Bildnachweis: Uwe Ditz Photography, Stuttgart / www.uwe-ditz.com

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