Wärmeschutz: Wärmefluss durch Isolierglas

Aus wärmetechnischer Sicht sind Glasflächen die Schwachstellen eines Gebäudes. Im Vergleich zu früher konnte die Wärmedämmung von Verglasungen in Fenstern und Fassaden jedoch erheblich verbessert werden. Verantwortlich dafür ist u.a. der Einsatz von Mehrscheiben-Isoliergläsern, aber auch die Verwendung von metallischen, sehr dünnen und nicht sichtbaren Beschichtungen sowie von Edelgasen im Scheibenzwischenraum.

Alle raumabschließenden Glasflächen der Baroque-Court-Apartments in Ljubljana von Ofis Arhitekti bestehen aus 3-fach-Isolierverglasungen
Glasdach mit Low-E-Beschichtung in der Berliner Akademie der Künste von Behnisch Architekten
Isolierglasdach mit Low-E-Beschichtung am Amazonienhaus der Wilhelma in Stuttgart von Auer und Weber Architekten

Wärmefluss außerhalb der Scheibenkante

Der Wärmefluss in Isolierglas wird außerhalb der Scheibenkante grundsätzlich durch drei Anteile bestimmt:

  • Strahlungsabgabe der vom Glas absorbierten Wärmestrahlung infolge des Emissionsvermögens der Scheibenoberfläche
  • Wärmeleitung des Gases im Scheibenzwischenraum (SZR)
  • Konvektion des Gases im SZR
Die Wärmestrahlung macht rund 2/3, die Wärmeleitung und Konvektion gemeinsam 1/3 des Wärmverlustes aus. Wesentlich für den Wärmeverlust ist also die Wärmestrahlung und damit das Emissionsvermögen der Glasoberfläche. Dieses beträgt bei unbeschichteten Gläsern ca. e = 0,85, d.h. vereinfachend, dass etwa 85% der Wärme an der Glasoberfläche abgegeben werden.

Low-E-Beschichtung

Das extrem hohe Emissionsvermögen von Glas lässt sich durch metallische Veredelungsschichten auf nur etwa e = 0,04 reduzieren. Folglich werden sie auch als Low-E-Beschichtungen, bzw. mit ihnen ausgestattete Gläser, als Low-E-Gläser bezeichnet (low-e = low-emissivity). Die optische Lichtdurchlässigkeit wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die Effizienz der Low-E-Beschichtung ist durch deren Wirkungsprinzip auf unterschiedliche Wellenlängen begründet: Langwellige Wärmestrahlen werden reflektiert, kurzwellige sichtbare Wellen (z.B. Sonnenstrahlen) können die Beschichtung aber passieren. Dieser Effekt wird an einem Auto, welches länger in der Sonne steht, deutlich: Die kurzwelligen Sonnenstrahlen dringen durch die Glasflächen, heizen die Innenausstattung auf, welche wiederum langwellige Wärmestrahlen abgibt. Diese dringen nur zum Teil durch die Glasflächen zurück, der Innenraum bleibt heiß. Sind die Glasscheiben mit einer Wärmeschutzbeschichtung versehen, verringert diese den austretenden Teil der Wärmestrahlung noch einmal beträchtlich.

Edelgas im Scheibenzwischenraum

Durch die Verwendung von Edelgasen als Füllmedium im Scheibenzwischenraum (SZR) von Isoliergläsern lässt sich der Wärmefluss positiv beeinflussen. Als Edelgase finden in der Regel Argon, Krypton und selten Xenon Anwendung. Diese sind schwerer als Luft und können somit aufgrund ihrer höheren Trägheit, bedingt durch die größeren Atome der Gase, nicht so gut auf Temperaturdifferenzen zwischen den Scheiben reagieren. Entsprechend der verwendeten Gasfüllung ergeben sich unterschiedliche optimale Scheibenabstände: Für Argon werden 16 mm, für Krypton 12 mm und für Xenon 8 mm vorgeschlagen. Der Wämedurchgangskoeffizient lässt sich in Abhängigkeit des verwendeten Füllgases um 0,3 bis 0,5 W/(m²K) reduzieren. Die oben genannten Scheibenabstände resultieren aus dem Zusammenspiel zwischen Wärmeleitung und Konvektion: Die Wärmeleitung nimmt mit größerem Scheibenzwischenraum ab, die Konvektion nimmt mit einem größeren Abstand zu.

Am Beispiel einer 2-fach Isolierverglasung (Aufbau 4 mm / 12 mm / 4 mm) wird der Effekt sichtbar: Einfaches Glas besitzt einen Wärmedurchgangskoeffizienten von etwa 4,8 W/(m²K). Ein luftgefülltes Isolierglas im o.g. Aufbau reduziert diesen Wert auf 2,8 W/(m²K). Bei Einsatz von Edelgasen anstelle von Luft reduziert sich der Wärmedurchgang bei Argon auf 2,7 W/(m²K), bei Krypton oder Xenon auf 2,6 W/(m²K). Aber erst der Einsatz von Low-E-Beschichtungen reduziert durch eine Verringerung der Wärmeabstrahlung die Werte in den Bereich von etwas über 1 W/(m²K).

Wärmeverluste im Kantenbereich

Dem Randverbund kommt nicht nur die wichtige Aufabge zu, die Scheiben eines Isolierglases dauerhaft zu verbinden, er verhindert auch das Diffundieren des Edelgases aus dem SZR heraus und von Wasserdampf in den SZR hinein. Gleichzeitig muss er Druckänderungen im SZR durch Temperaturänderungen und daraus resultierende elastische Bewegungen kompensieren.

Randabstandshalter werden aus verschiedenen Materialien gefertigt: Konventionelle Systeme bestehen aus Aluminium oder verzinktem Stahl und sind daher eine wesentliche Ursache für Wärmebrücken im Randbereich eines Isolierglases, bzw. im Übergangsbereich zwischen Verglasung und Rahmen. Thermisch optimierte Randverbundsysteme aus Kunststoff (z.B. TIS-Abstandshalter) oder Edelstahl verringern den Wärmefluss am Übergang und heben somit die Oberflächentemperaturen im Vergleich zu einfachen Systemen auf der Scheibeninnenseite an. Begründet ist dies durch die Tatsache, dass Edelstahl das Metall mit der geringsten Wärmeleitzahl ist; die Wärmeleitfähigkeit dieses Materials ist ca. 13 mal geringer, die von Kunststoff sogar etwa 1.000 mal geringer als die von Aluminium. Derartige Abstandhaltersysteme werden auch als „warme Kante“ bezeichnet. Die quantitative Verbesserung des U-Wertes beträgt in der Regel etwa 0,1 W/(m²K). Der längenbezogene Durchgangskoeffizient ψg ist sogar etwa 50% geringer als bei konventionellen Abstandshaltern aus Aluminium.

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