Umweltarena in Spreitenbach

Vorzeigeprojekt für Nachhaltigkeit und Effizienz im Minenergie-P-Standard

Knapp 10.000 Einwohner zählt die nordwestlich von Zürich gelegene Gemeinde Spreitenbach. Quer durch den Ort erstreckt sich die stark frequentierte Landstraße, an der vor allem Zeilenbauten, Einkaufszentren, Einrichtungshäuser und Großgewerbe angesiedelt sind. Zwischen diesen meist gesichtslosen Bauten sticht ein auffällig gestalteter Solitär mit dunkler, mehrfach geknickter, zum Teil bis auf den Boden reichender Dachfläche heraus: die Umweltarena Spreitenbach. Anders als der erste Anschein es vermuten lässt, handelt es sich hierbei um keine Sporthalle. Vielmehr ist die Arena ein Informations-, Ausstellungs- und Veranstaltungskomplex für nachhaltige und umweltverträgliche Produkte und Haustechnik, der im Minenergie-P-Standard vom Zürcher Büro René Schmid Architekten geplant wurde.

Im Inneren werden u.a. nachhaltige und umweltverträgliche Produkte und Haustechnik ausgestellt (Abb.: Foyer)
Das Atrium wird als Veranstaltungshalle genutzt, sie fasst bis zu 4.000 Besucher
Der Innenraum hat einen rauen, fast industriellen Charakter: Wände, Decken und Böden sind aus Sichtbeton gefertigt, auf Verkleidungen wurde bewusst verzichtet

Bei der Formgebung ließen sich die Planer zum einen von Vögeln mit ihren ausgebreiteten Schwingen inspirieren, zum anderen diente aber auch das schnittige Design schneller Autos und Boote als Vorbild. So entwickelten die Architekten das markante und komplexe Dachtragwerk, welches aus Holz gefertigt und mit schwarzen Photovoltaik-Elementen verkleidet ist. Durch die unregelmäßig geknickte Hülle ergeben sich in den drei oberen Etagen und dem ringsum verglasten Erdgeschoss polygonal geformte Grundrisse, die sich allesamt leicht voneinander unterscheiden. Die drei Untergeschosse hingegen beruhen auf einer rechteckigen Grundfläche von 60 x 100 Metern.
 
Im Rahmen von kulturellen Veranstaltungen und Kongressen finden in der Halle bis zu 4.000 Menschen Platz, der Zugang erfolgt über eine breite Treppenanlage im Nordosten des ersten Untergeschosses. Im Herzen des Gebäudes befindet sich ein Atrium, das über alle Etagen hinweg als Veranstaltungshalle dient. Seinen oberen Abschluss bildet eine darüber liegende Technikebene im dritten Obergeschoss. Auf den verbleibenden Flächen sind um die Halle herum die Seminar- und Ausstellungsbereiche angelegt, die sich den vier Themenbereichen „Natur und Leben“, „Energie und Mobilität“, „Bauen und Modernisieren“ und „Erneuerbare Energien“ widmen. Auf der begehbaren Dachfläche sind weitere Ausstellungen zu Biomasse, Sonne, Wind und Dachbegrünung zu finden. Während im Erdgeschoss neben dem Eingang im Südosten ein Restaurant mit angeschlossenem Außenbereich zum Verweilen einlädt, sind in den verbleibenden zwei Untergeschossen 500 Parkplätze untergebracht. Der Innenraum, ganz gleich ob in der Halle oder den Ausstellungsräumen, wird durch einen rauen, fast industriellen Charakter bestimmt: Wände, Decken und Böden sind aus Sichtbeton gefertigt, auf verputzte Flächen, Beschichtungen oder Verkleidungen wurde bewusst verzichtet.

Gebäudetechnik.
Auf der gesamten Dachfläche, die mit 5.300 m² in etwa so groß ist wie 20 Tennisplätze, wurde eine Photovoltaik-Anlage integriert. Diese besteht aus 5.000 Modulen monokristalliner, fast schwarzer Siliziumzellen, die zur vereinfachten Montage zu 33 Modulfeldern zusammengesetzt wurden. Aufgrund der komplexen Dachform musste ein Fünftel der Module eigens für dieses Projekt angefertigt werden. Mit einer Gesamtleistung von 750 kWp erzeugt die Anlage jährlich rund 540.000 kWh elektrische Energie – damit deckt die Umweltarena zum einen ihren Eigenbedarf und versorgt zusätzlich noch 120 Haushalte mit Strom.

Die Beheizung und Kühlung des Gebäudes erfolgt u.a. über die thermische Aktivierung der Beton-Bauteile. Im Inneren der Decken befinden sich Rohrregister mit einer Gesamtlänge von knapp 60 Kilometern. Je nach Jahreszeit zirkuliert entweder warmes Wasser (im Winter) oder kaltes Wasser (im Sommer) durch die Leitungen, welches in zwei unterirdischen Tanks mit einem Gesamtvolumen von 140 m³ gespeichert wird. Bevor das Wasser in die Leitungen gelangt, fließt es durch ein mäanderförmiges Erdregister, welches mit einer Länge von knapp neun Kilometern unterhalb der Bodenplatte angeordnet ist. Auf diese Weise wird das Wasser mithilfe oberflächennaher Geothermie temperiert.

Weitere Wärmeerzeuger sind in den Ausstellungsbereichen aufgestellt. Sie dienen nicht nur der Anschauung, sondern tragen in unterschiedlichem Ausmaß zur Beheizung und Kühlung des Gebäudes bei. Zu finden sind hier beispielsweise sechs Arten von Wärmepumpen, die sich der Ausgangsmedien Luft, Wasser, Sole oder Erde bedienen und mal gesplittet oder reversibel ausgeführt sind; außerdem sind Blockheizkraftwerke sowie ein Pellets- und ein Holzhackschnitzelkessel vorhanden.

Die Be- und Entlüftung der einzelnen Etagen erfolgt kontrolliert über mehrere dezentrale Lüftungs- und Teilklimaanlagen mit Wärmerückgewinnung. In den Sommermonaten versorgt eine Absorptionskältemaschine, die über Abwärme betrieben wird, die Innenräume mit wohltemperierter Luft. Für die Trinkwassererwärmung sorgt eine 18 m² große Solarthermie-Anlage, bestehend aus Vakuum-Röhren-, Flach- und Hybridkollektoren. Durch dieses ausgeklügelte Technikkonzept und die gut gedämmte sowie luftdicht ausgeführte Gebäudehülle erreicht die Umweltarena den Minergie-P-Standard.

Sowohl die Recyclingfähigkeit der Baustoffe als auch die graue Energie wurden bereits bei der Planung und Errichtung des Gebäudes berücksichtigt. Laut Projektinitiatoren war es die erste Baustelle weltweit, die CO₂-neutral betrieben wurde. Auf dem Dach der Baucontainer befanden sich Solarzellen, auf dem Baukran wurde ein Windrad installiert. Sie versorgten sämtliche Baustelleneinrichtungen mit eigens produziertem Strom. Lastwagen und Baumaschinen fuhren mit Biogas, Biodiesel und gebrauchtem Speiseöl. Der Aushub der Baugrube erfolgte etappenweise, damit die 80.000 Kubikmeter Material im nahe gelegenen Betonwerk zu Zuschlagsstoffen aufbereitet und dem Zement beigemischt werden konnten. Für die Zementherstellung war dank der natürlichen Komponente – gebranntem Schiefer – deutlich weniger Energie erforderlich. Für die Stahlkonstruktion kam Recyclingstahl zum Einsatz.

Bautafel

Architekten: René Schmid Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: Go Solar, Bülach (Windkraftanlage); Uponor Schweiz, Pfungen (Erdkollektoren); Cofely, Aarau (Lüftungsinstallation); Walter Meier, Schwerzenbach (Wärmeverteilung); Pro-Energie, Sirnach (Heizungsinstallation, Gebäudeautomation); BE Netz, Ebikon (PV Anlage); Alpiq InTec Ost, Spreitenbach (Elektroinstallation); E. Schweizer, Zürich (Fassadenbau); Sto, Niederglatt (Fassade innen, Arenadach)
Bauherr: W. Schmid, Opfikon
Fertigstellung: 2012
Standort: Türliackerstraße 4 in 8957 Spreitenbach
Bildnachweis: Bruno Helbling, Michael Egloff und Alex Buschor Photography (Zürich)

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