Höllentalangerhütte im Wettersteingebirge

Dämmung aus extrudiertem Polysterol, Steinwolle und Holzfasern

Auf einer Höhe von 1.387 Metern über dem Meeresspiegel liegt in einem Taleinschnitt des Wettersteingebirges die Höllentalangerhütte. Sie ist eine der bekanntesten Schutzhütten des Alpenraums und unter anderem ein wichtiger Stützpunkt für Wanderer und Bergsteiger, die über den Höllentalferner zur Zugspitze wollen. Seit ihrer Errichtung als Blockhaus im Jahr 1894 wurde sie stetig erweitert und umgebaut, bis sie schließlich den Anforderungen an den Brandschutz, der Hygiene und den Arbeitsstättenrichtlinien nicht mehr genügte und 2013 abgerissen wurde. An ihre Stelle ist ein Neubau getreten, den Homann.Zehl Architekten aus München für die Sektion München des Deutschen Alpenvereins planten.

Die abgetreppte Gebäudeform entwickelten die Architekten aus Lawinenschutzgründen
Drei Geschosse hoch und mit flachen Pultdächern versehen, schmiegt sich das Gebäude an den Hang
Das flach geneigte Pultdach bietet keine Angriffsflächen für Lawinen

Trotz schwierigster Baubedingungen brauchte es nur knapp zwei Jahre, bis die neue Höllentalangerhütte in Betrieb gehen konnte. Drei Geschosse hoch und mit einem flachen Pultdach nach oben abschließend, schmiegt sie sich treppenartig an den Hang. Diese Form habe sich aus Lawinenschutzgründen ergeben, erläutern die Architekten. Das flache Dach bietet keine Angriffsflächen für Nassschneelawinen von der Hangseite im Osten, die abgetreppte Ausführung auf der Westseite schützt das Gebäude vor möglichen Staublawinen vom Waxenstein und den damit einhergehenden Winddruckkräften.

Erschlossen wird die Schutzhütte über das Untergeschoss, wo die Wanderer in zwei Trockenräumen ihre Kleidung aufhängen und ihre Bergschuhe in einem Schuhraum gegen hauseigene Schlappen eintauschen können. Im Erdgeschoss befinden sich zwei großzügige Gasträume für 165 Besucher, davor eine große Terrasse für 400 Personen mit herrlichem Ausblick auf die Berglandschaft. Das Obergeschoss bietet in zwei Matratzenlagern und zehn Sechsbettzimmern insgesamt 106 Schlafplätze.

Von außen ist das Gebäude mit Lärchenholzschindeln verkleidet, die Fensterlaibungen und -läden bestehen aus geölter Eiche. Wände, die direkt an das Erdreich bzw. den Hang stoßen, sind in Sichtbeton ausgeführt. Dessen stark strukturierte Oberfläche ähnelt einem unregelmäßigen Natursteinmauerwerk und entstand mithilfe von Schalungsmatrizen, die nach einem Entwurf des Architekten Stephan Zehl speziell für dieses Bauvorhaben gefertigt wurden. Für den „Hüttencharakter“ im Gebäudeinneren sorgen einfache, weitgehend roh belassene Baustoffe. Neben hellen Massivholzwänden aus Brettsperrholz in Industrie-Sichtqualität in den Gaststuben und Schlafräumen blieben beispielsweise Stahlbetonwände und -decken sowie gemauerte Kalksteinwände unverkleidet. Als Geländerfüllung dienen einfache Seilnetze. Die Energie für das Gebäude kommt von einem Wasserkraftwerk.

Wärmedämmung/Konstruktion

Die Bauarbeiten der Höllentalangerhütte gestalteten sich äußerst schwierig. Das lag nicht nur an der Winterpause von November bis Ende April, sondern auch daran, dass sämtliche Baumaterialien mit dem Hubschrauber eingeflogen werden mussten. Nicht zuletzt deshalb entschieden sich die Architekten für einen hohen Vorfertigungsgrad, eine Holzkonstruktion in den Bereichen, wo dies möglich war und einen insgesamt reduzierten Materialverbrauch.

Die Konstruktion des Neubaus ist je nach Lage und statischer Anforderung unterschiedlich ausgebildet: Die Rückwand am Berg, die Bodenplatte sowie die tragenden Stütz- und Querwände sind aus Stahlbeton errichtet, das Untergeschoss aus zweischaligen Betonelementwänden mit Kerndämmung, die beiden Obergeschosse in Brettsperrholzbauweise. Für alle erdberührten Bauteile verbaute man WU-Beton, tragende Innenwände und Stützen wurden in Sichtbeton belassen, nicht tragende Innenwände im Untergeschoss aus Kalksandsteinen gemauert.

Da die Hütte nur in den Sommermonaten geöffnet hat, reichte es aus, sie nach den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 zu dämmen und damit den Bauteilschutz zu gewährleisten. Zwischen den zweischaligen Stahlbetonwänden liegt eine 10 cm starke Kerndämmung aus extrudiertem Polystyrol (XPS) mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/mK. Erdberührte Außenflächen erhielten eine Perimeterdämmung aus XPS mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,038 W/mK, die Bodenplatte wurde zusätzlich auf der Oberseite mit einer 10 cm dicken Schicht aus dem gleichen Material gedämmt. Extrudiertes Polystyrol ist hoch druckfest, unverrottbar und aufgrund der geringen Wasseraufnahme auch für die Dämmung erdberührter Bauteile geeignet. Die Holzwände der Obergeschosse sind mit einer 10 cm dicken, diffusionsoffenen Holzfaserdämmung der Wärmeleitstufe 046 gedämmt, ebenso wie das flach geneigte Pultdach. In brandschutztechnisch relevanten Bereichen kam statt der Holzwolle eine nicht brennbare Steinwolledämmung zum Einsatz.

Bautafel

Architekten: Homann.Zehl Architekten, München
Projektbeteiligte: Ludwig Krumbachner, Dachau (Tragwerksplanung);  Wolfgang Nowak, München (HLS);  Marcus Erhard, Gilching (Elektroplanung); Zuzana Giertlova, Gräfelfing (Brandschutz); T17 Landschaftsarchitekten, München (Landschaftsarchitektur)
Bauherr:
Sektion München des Deutschen Alpenvereins (DAV)
Fertigstellung: 2015
Standort: Höllental bei 82491 Grainau
Bildnachweis: Martin Bruckner, Markus Lanz und Stephan Zehl, alle München und Schöck Bauteile, Baden-Baden

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