Center for Soft Nanoscience in Münster

Spezielle Gründung verhindert störende Schwingungen beim Messen

Mit 45.000 Studierenden und 120 Studiengängen ist die Westfälische Wilhelm-Universität (WWU) in Münster eine der größten Hochschulen Deutschlands. 5.700 Wissenschaftler betreiben in dreißig wissenschaftlichen Zentren international renommierte Spitzenforschung. Um Münster als einen führenden Standort für Nanowissenschaft zu stärken, wurde für 140 Mitarbeiter ein eigenes Forschungsgebäude mit hochmoderner Infrastruktur errichtet. Geplant hat das Center for Soft Nanoscience (SoN) das Architekturbüro Kresings aus Münster.

Durch die abgeschrägte Südfassade weckt der Neubau Assoziationen an ein großes Schiff.
Der Hauptbau des Center for Soft Nanoscience ist ein langgestreckter Riegel mit drei Vollgeschossen und teilweiser Unterkellerung.
Auf dem Dach befindet sich ein eingerücktes Technikgeschoss.

Da das bauliche Umfeld des Forschungsneubaus durch eine heterogene Struktur charakterisiert ist, entwickelten die Architekten den Entwurf nicht aus dem städtischen Kontext, sondern aus der wissenschaftlichen Nutzung heraus mit dem Ziel eines stark funktionalen Gebäudes. Das Hauptgebäude des Center for Soft Nanoscience ist ein langgestreckter Riegel mit drei Vollgeschossen und teilweiser Unterkellerung. Auf dem Dach befindet sich ein eingerücktes Technikgeschoss. Die Fassade ist mit grauem Aluminiumverbundblech verkleidet und von horizontalen Fensterbändern mit schwarzem Rahmen im Wechsel mit grünen Elementen unterbrochen. Durch die abgeschrägte Südfassade weckt der Neubau Assoziationen an ein großes Schiff.

Im Norden schließt sich ein eingeschossiger Baukörper an, der den Mikroskopiebereich mit empfindlichen Messinstrumenten beherbergt. Speziell konstruierte Fundamente verhindern, dass störende Schwingungen die Messungen verfälschen. Der Gebäudeteil wurde dazu vom Restgebäude teilweise entkoppelt und mit einem Glasfaserfundament sowie Schwingungsdämpfern ausgerüstet. Um auch magnetische Einflüsse auszuschließen, wurde bei der Konstruktion der Sohlplatte auf Betonstahl verzichtet. Zur Reduzierung von äußeren Wärmelasten ist der Bau mit einer Erdschicht bedeckt und begrünt. Zugänge befinden sich auf der Nord- und auf der Westseite. Zur Lagerung von Gasen und Lösungsmitteln dient ein weiterer eingeschossiger Bau im Westen des Hauptgebäudes.

Labors und Büros getrennt

Die Raumaufteilung des Forschungsneubaus ist durch die konsequente Trennung von Büroflächen und Laboren gekennzeichnet. Über den verglasten Haupteingang gelangt man in das Foyer mit offenem Treppenhaus. Der Luftraum erstreckt sich über alle drei Geschosse. Lichtkuppeln auf dem Dach lassen hier viel natürliches Licht einfallen. Im Erdgeschoss sind Seminar- und Besprechungsräume sowie ein Reinraum und Großgerätelabore angesiedelt. Im Reinraum lassen sich Untersuchungen an Halbleitern in komplett reiner und partikelfreier Luft durchführen. Andere Speziallabore erlauben Versuche in einem thermisch regulierten Umfeld.

Im ersten und zweiten Obergeschoss sind die Laborräume jeweils auf der Ostseite des Gebäudes konzentriert. Sie sind sind kompakt gestaltet und mit Glastrennwänden und -türen abgeteilt. Die Büros mit angegliederten Kommunikationszonen gruppieren sich um den offenen Luftraum sowie gegenüber der Labore. Im Gebäudeinneren setzt sich die reduzierte Farbgebung der Fassade fort. In den Räumen und Fluren dominieren graue und weiße Beton- und Stahloberflächen mit einzelnen grünen Akzenten.

Gebäudetechnik: Doppelte Lüftungsanlage garantiert sicheren Laborbetrieb

Labore müssen eine jederzeit funktionsfähige Lüftungseinrichtung besitzen, damit schadstoffbelastete Luft das Laborpersonal nicht gefährdet oder in umliegende Räume austritt. Im Center for Soft Nanoscience sind im Sinne einer Redundanz – die vorsieht, dass sicherheitsrelevante, technische Anlagen doppelt vorhanden sind – zwei zentrale Zuluftanlagen installiert. Bei eventuellen Störungen oder Wartungsarbeiten an einer Anlage, lässt sich der Betrieb der Labore mit der zweiten Anlage eingeschränkt weiterführen.

Die Auslegung der Lüftungskanäle für die Laborräume erfolgte für einen achtfachen Luftwechsel gemäß der Richtlinien für Laboratorien und der DIN 1946-7 Raumlufttechnik - Teil 7: Raumlufttechnische Anlagen in Laboratorien. Sämtliche Geschosse werden unabhängig voneinander mit separaten Lüftungskanälen be- und entlüftet. Da die Einbringung der Zuluft in die Labore zugfrei erfolgen muss, kommen textile Luftschläuche zum Einsatz. Durch die Durchlässigkeit des Materials tritt die Luft mit geringer Geschwindigkeit über die gesamte Oberfläche des Luftschlauchs aus, was Zugerscheinungen vermeidet. Für jedes Geschoss befindet sich auf dem Dach eine separate Abluftzentrale.

Die Zu- und Abluftanlagen sind mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung mit adiabater Abluftkühlung ausgestattet. Dabei handelt es sich um ein Kreislaufverbundsystem (KVS), bei dem die Zu- und Abluftströme komplett voneinander getrennt sind. Die Übertragung von Schadstoffen, Feuchte oder von Gerüchen wird damit ausgeschlossen. Zur Kälteerzeugung im Sommer ist ein adiabater Befeuchter im Abluftstrom installiert, der die Abluft befeuchtet, die sich durch die entstehende Verdunstungskälte abkühlt. Die Abluft gibt die Kälte an ein Glykolgemisch im Kreislaufverbundsystem weiter, das seinerseits abkühlt und zur Vorkühlung der neu zugeführten, warmen Außenluft genutzt wird. Für die restlich benötigte Kälteleistung sind ebenfalls im Sinne der Redundanz zwei Kaltwassererzeuger eingebaut.

Die Bürobereiche und Flächen außerhalb der Labore werden mit Fernwärme beheizt, die mittels Kraft-Wärme-Koppelung erzeugt wird. Die Wärmeverteilung erfolgt über Plattenheizkörper. Warmes Wasser wird nur an wenigen Zapfstellen benötigt und von dezentralen Durchlauferhitzern erzeugt. Die Labore werden ausschließlich über die Lüftungsanlage temperiert.

Bautafel

Architekten: Kresings Architektur, Münster
Projektbeteiligte: Gantert + Wiemeler Ingenieurplanung, Münster (Tragwerksplanung); Schütt Ingenieurbau, Münster (Projektsteuerung, Objektüberwachung); IGF Ingenieurgesellschaft Feldmeier, Münster (Fachplanung Gebäudetechnik); Dr. Heinekamp Labor- und Institutsplanung, Karlsfeld (Fachplanung Gebäudetechnik); Hansen Ingenieure, Wuppertal (Fachplanung Bauphysik); Hagebölling Architekten und Ingenieure, Coesfeld (Fachplanung Brandschutz)
Bauherr: Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW)
Fertigstellung: 2017
Standort: Busso-Peus-Straße 10, 48149 Münster
Bildnachweis: Roman Mensing, Münster

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