WWF-Hauptquartier Living Planet Centre in Woking

Offene Arbeitslandschaft mit ressourcenschonendem Energiekonzept

Seit ihrer Gründung im Jahr 1961 setzt sich die Umweltorganisation World Wide Fund for Nature, kurz WWF, mit zahlreichen Projekten für die Wahrung der biologischen Vielfalt unseres Planeten und für die nachhaltige Nutzung seiner Ressourcen ein. Mehr als 6.000 Mitarbeiter engagieren sich in rund 100 Ländern in den Naturschutzprojekten. In Großbritannien war die Organisation mehr als 25 Jahre lang in der Kleinstadt Godalming südwestlich von London ansässig. Als der zweigeschossige Klinkerbau aus den 1980er Jahren nicht mehr den Anforderungen entsprach, entschied sich die Organisation für einen repräsentativen und energieeffizienten Neubau mit offenen, lichtdurchfluteten und flexiblen Raumstrukturen. Das passende Grundstück fand sich im nahegelegenen Woking in der Grafschaft Surrey, wo nach Plänen des Londoner Büros Hopkins Architects das Living Planet Centre entstand.

Ein gewaltiges Bogendach überspannt das rundum verglaste Gebäude, das auf einem Parkdeck angeordnet ist
Das Innere ist als offene Arbeitswelt ohne fest zugewiesene Schreibtische konzipiert
Die Dachkonstruktion aus Brettschichtholzbalken ist im fast stützenfreien Innenraum sichtbar

Auf einer großen aufgeständerten Betonplatte, die die Dachfläche eines öffentlichen und zu erhaltenden Parkplatzes bildet, erstreckt sich das neue Headquarter auf einer Länge von 80 Metern unter einer imposanten, 37 Meter weit spannenden Bogendachkonstruktion. Die Holzgitterschale aus Brettschichtholzbalken überspannt den Innenraum nahezu stützenfrei; an den Längsseiten des Gebäudes werden die Dachlasten über V-förmige Stahlstützen in die Podestplatte abgeleitet. Horizontale Holzlamellen an den Stirnseiten und umlaufende Dachüberstände verschatten die großen Glasflächen.

Vom Süden aus der Stadt kommend führt eine neue Brücke samt Treppen und Rampen direkt auf die begrünte Podestebene und zum Eingang an der nordöstlichen Stirnseite des Gebäudes. Weitläufig, offen und lichtdurchflutet ist dann der große hallenartige Innenraum, der auf zwei Ebenen als offene Arbeitslandschaft konzipiert ist. Das schon beim Parkplatz angewandte einfache raumbildende Prinzip einer aufgeständerten Podestplatte wird hier in der großen Halle wiederholt: Mit umlaufendem Abstand zur Fassade ist eine zweite Ebene eingestellt, unter der Arbeitsplätze sowie zahlreiche geschlossene Besprechungs- und Nebenräume untergebracht sind und auf der sich dann – wie auf einer Galerieebene rundum offen – weitere zahlreiche Arbeitsplätze befinden. Ein großer zentraler Luftraum schafft räumliche Beziehungen und bietet Platz für hohe Bäume. So entsteht genau jene offene zusammenhängende Arbeitswelt, die sich die Organisation von Anfang an vorstellte. Viele Mitarbeiter sind regelmäßig für Projekte in aller Welt unterwegs, einige arbeiten teilweise von zuhause, ein Teil der Arbeitsplätze wird an Dritte vermietet; die rund 300 hier verfügbaren Arbeitsplätze sind damit tatsächlich einer großen Fluktuation ausgesetzt und die Hot-Desking-Idee löst sich ein.

Gebäudetechnik
Das Hauptquartier wird überwiegend natürlich be- und entlüftet. Bevor die Luft ins Gebäude gelangt, wird sie temperiert. Dazu wurden rund einen Meter unterhalb des Parkplatzes sechs Betonröhren mit einer Länge von 60 bis 90 Metern und einem Durchmesser von knapp einem Meter eingelassen. Die Luft durchströmt diese Rohre und erwärmt sich mittels oberflächennaher Geothermie (im Sommer wiederum kühlt sie sich ab). Über Doppelböden gelangt die Luft in die beiden Arbeitsebenen, erwärmt sich dort und strömt durch einen der vier Lüftungskamine am höchsten Punkt des Bogendaches wieder ins Freie ab. Nach Berechnungen der Energieplaner soll dies in acht Monaten im Jahr funktionieren (Februar bis Juni und September bis November).

In den verbleibenden vier Monaten stellen zwei Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung temperierte Luft bereit. Die hierfür benötigte Wärme- bzw. Kältequelle bilden 20 Erdwärmesonden, die sich in einer Tiefe von 100 Metern befinden. In ihnen zirkuliert eine Wärmeträgerflüssigkeit, die sich im Winter durch die Temperatur des Erdreichs erwärmt und im Sommer entsprechend abkühlt. Vier Sole/Wasser-Wärmepumpen entziehen der Flüssigkeit die eingelagerte Energie und wandeln sie durch Verdampfung und Kompression in Heizenergie um. Ein Wärmetauscher überträgt diese Energie auf die Luft, die nun als Heiz- oder Kühlmedium genutzt werden kann.

Das ressourcenschonende Energiekonzept wird durch eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Hauptquartiers vervollständigt. Dazu wurden 410 Paneele mit einer Gesamtleistung von 55 kWp installiert, die die Stromversorgung sicherstellen. Regenwasser wird über die Dachflächen aufgefangen und zusammen mit dem anfallenden Grauwasser in einem unterirdischen Tank mit einem Volumen von 35 m³ gesammelt und erneut für WC-Spülungen und die Bewässerung der Außenanlagen verwendet. Mit diesen Maßnahmen konnte ein jährlicher Primärenergiebedarf von 43,2 kWh/m² erzielt werden, wofür das WWF-Hauptquartier das Label „Outstanding“, die höchste Auszeichnung des britischen Zertifizierungssystems BREEAM erreichte. -kt

Bautafel

Architekten: Hopkins Architects, London
Projektbeteiligte:
Expedition Engineering, London (Tragwerksplanung); Atelier Ten, Glasgow (Energiekonzept und Haustechnik); Sturgis Carbon Profiling, London (Ökobilanzierung); Grant Associates, Bath (Landschaftsarchitektur); Sun Power, Solihull (Photovoltaik); Groenholland, Havant (Wärmepumpen)
Bauherr: World Wildlife Fund for Nature, UK
Fertigstellung: 2013
Standort: Brewery Road, Woking, Großbritannien
Bildnachweis: Richard Stonehouse, Janey Airey, Morley von Sternberg und Nathaniel Moore, London

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