Umbau eines Steinhauses in Scaiano

Innendämmung für historisches Natursteinmauerwerk

Im Schweizer Kanton Tessin gibt es sie noch: urige kleine Ortschaften, geprägt von jahrhundertealten, massiv gemauerten Häuschen und engen, natursteingepflasterten Gassen. Scaiano ist so eine Ansiedlung, gelegen am Ufer des nördlichen Teils des Lago Maggiore, nur einen Steinwurf entfernt von der italienischen Grenze. Hier bauten die aus dem Nachbarort Caviano stammenden Architekten Wespi de Meuron Romeo ein fast verfallenes altes Steinhaus zu einem modernen und komfortablen Wohnhaus um. Dabei vermochten sie die historische Substanz nicht nur zu bewahren, sondern auch markant in Szene zu setzen.

Lediglich beim Panoramafenster im 2. OG sind von außen neue Fensterprofile sichtbar
Panoramablick auf den See: Der Wohnraum erhält zusätzliches Licht über einen Zwischenraum vor der neuen Glasfassade und dem alten Mauerwerk, der die thermische Trennung herstellt
Blick vom Wohnraum auf die Dachterrasse auf dem niedrigeren Gebäudeteil (geradeaus) und auf den von oben belichteten Spalt zwischen Natursteinwand und Glasfassade (rechts)

Bei dem Gebäude handelt sich um ein Ensemble aus einem dreigeschossigen Eckhaus und einem unmittelbar anschließenden, mit zwei Etagen später hinzugekommenen Anbau, in dem früher einmal eine kleine Traubenschnapsbrennerei untergebracht war. Rückseitig lehnen die Gebäude am Hang, die Hauptfassaden nach Nordwesten sind zum See hin orientiert. Davor weiten sich die natursteingepflasterten Gassen zu einem kleinen öffentlichen Platz – eine Situation, die die Architekten durch den Abriss einer im Laufe der Jahre zugefügten steinernen Außentreppe und zwei Abgrenzungsmauern wieder herstellten.

Die Mauerwerksbauten wurden umfangreich saniert, was sich jedoch nach außen kaum abbildet. Erst auf den zweiten Blick offenbaren sich die so behutsamen wie wirkungsvollen Maßnahmen, mit denen die Architekten das Gebäude ertüchtigten und an heutige Wohnstandards anpassten. Dank einer Innendämmung konnten die Natursteinwände erhalten bleiben. Lediglich in den beiden Richtung Tal und See orientierten Räumen oberhalb des Gewölbekellers wurde auf die Innendämmung verzichtet; stattdessen stellt hier eine etwa 60 cm hinter der Steinmauer liegende, großflächige Verglasung die thermische Trennung her. Der Raum zwischen Glas- und Steinfassade ist nicht überdacht, sodass von oben viel Licht nach innen gelangt. Im zweiten OG ist ein großes, quadratisches Fenster mit Holzrahmen bündig in die Natursteinfassade eingelassen, die anderen Fenster sitzen hinter tiefen Laibungen. So erscheinen die alten Mauern bis auf einige behutsam vergrößerte Fensteröffnungen mit unauffälligen Betonstürzen unangetastet. Auch ein neues, sich nach innen asymmetrisch abbildendes und so für einen spektakulären Raumeindruck sorgendes Satteldach verbirgt sich gänzlich hinter den historischen Außenmauern.

Das Wohnhaus wird über einen unbeheizten Gewölberaum im Erdgeschoss erschlossen. Rechterhand führen drei Stufen in die ehemalige Schnapsbrennerei, die nun als Sommerloggia mit Feuerstelle fungiert. Geradeaus erreicht man den beheizten Teil des Erdgeschosses mit Garderobe, WC und einer neuen Treppe zu den oberen Ebenen: Im ersten Obergeschoss sind drei Schlafzimmer und ein Bad untergebracht, Wohnraum und Küche befinden sich im zweiten OG. Letztere öffnen sich zu einer Terrasse auf dem flach ausgeführten Dach des Nebengebäudes, ein großes Panoramafenster bietet einen grandiosen Ausblick auf den Lago Maggiore.

Wärmedämmung/Konstruktion
Das Mauerwerk der alten, 40 bis 80 cm dicken Natursteinwände wurde außenseitig mit einem Kalkzementmörtel neu ausgefugt und innen gedämmt. Zur Vorbereitung der Wärmschutzmaßnahme glich man die Unebenheiten auf der Innenseite des Bestandsmauerwerks mit einem etwa 4 cm dicken Putz aus. Als Dämmstoff kamen 12 cm dicke, diffusionsoffene Mineraldämmplatten der WLG 045 zum Einsatz, die anschließend verputzt wurden. Im Erdgeschoss ertüchtigte man die hangseitigen Wände durch eine 8 cm starke Betonwand, die mit einer 10 cm dicken, dampfdichten und druckfesten Schaumglasdämmung (ebenfalls WLG 045) verkleidet und anschließend mit verputztem Ziegelmauerwerk blendet wurde.

Neue Betondecken ersetzen die alten Holzbalkenkonstruktionen und steifen zugleich das alte Gemäuer aus. Die Geschossdecke oberhalb des teilweise unbeheizten Gewölberaumes ist dabei mit 8 cm expandierten Polystyrol-Hartschaum (EPS) der Wärmeleitfähigkeit λ = 0,030 W/mK gedämmt. Der beheizte Bereich im Erdgeschoss erhielt zudem eine neue Betonbodenplatte samt Abdichtung, darauf liegen 18 cm Schaumglasdämmung und 4 cm EPS.

Das neue Satteldach über dem Haupthaus ist eine Holzkonstruktion mit Ziegeldeckung. Es besitzt eine 18 cm dicke Aufsparrendämmung aus Polyurethan-Hartschaum (PIR) der WLS 023. Das nötige Gefälle für die Flachdachabdichtung der Dachterrasse auf dem zweiten Gebäudeteil stellte man bereits mit der Stahlbetonkonstruktion des Daches her. Hierauf ist ebenfalls eine Polyurethan-Hartschaumdämmung in einer Stärke von 12 cm und eine zweilagige Bitumenabdichtung verlegt. Innenseitig wurde die Betondecke zusätzlich mit 6 cm dicken Mineraldämmplatten gedämmt und abschließend verputzt.

Bautafel

Architekten: Wespi de Meuron Romeo Architekten, Caviano
Projektbeteiligte:
de Giorgi und Partner, Muralto (Tragwerksplanung); IFEC Consulenze, Rivera (Bauphysik)
Bauherr:
privat
Fertigstellung:
2014
Standort:
Scaiano
Bildnachweis:
Wespi de Meuron Romeo Architekten, Caviano; Hannes Henz, Zürich

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