Tanz- und Musikschule in Versailles

Cremeweißes Verblendmauerwerk umhüllt Holz- und Massivbau

Kultur hat in Frankreich einen hohen Stellenwert. Landauf, landab werden Kulturzentren ausgebaut oder neu errichtet. Mit dem Bau einer Tanz- und Musikschule auf dem Gelände der Grundschule Lully-Vauban erweitert der Gemeindeverbund Versailles Grand Parc sein musisches Angebot um einen fünften Standort. Für den Anbau schrieb die Kommune einen Wettbewerb aus, bei dem der Entwurf des Architekturbüros Joly & Loiret aus Paris überzeugen konnte. Das Ensemble liegt, umgeben von Wohnungsbauten, versteckt in einem Innenhof. Im Süden und Westen fasst eine mehrgeschossige Blockrandbebauung das Areal ein, im Norden die angegliederte Vorschule. Dahinter grenzen Einfamilienhäuser an das Grundstück, das hier leicht ansteigt. Die in den 1960er-Jahren als Riegel teils L-förmig errichteten Schulgebäude bilden drei halb offene Höfe, die in den Pausen als Spielfläche dienen. Der Zugang erfolgt von Süden über eine sogenannte Porte cochère, eine Wagendurchfahrt in der Blockrandbebauung.

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Für den Neubau wurde ein ehemals überdachter Teilbereich des Pausenhofs abgerissen. Der zweigeschossige Baukörper auf einer Grundfläche von 29,00 x 13,45 Metern flankiert die Zuwegung auf das Schulgelände. An der 14 Meter hohen, skulptural aufragenden Gebäudeecke ist der Schriftzug Conservatoire von Weitem ablesbar. Die turmartige Ecksituation entsteht durch beidseitig ansteigende Fassaden; die Höhe orientiert sich an der benachbarten Blockrandbebauung. Der dahinter liegende Tanzsaal im Obergeschoss erhält dadurch Weite und Höhe; Tageslicht dringt durch ein Oberlicht im Abschluss des abgeschnittenen Pyramidensegments. Auch der etwas kleinere Tanzsaal im Anschluss ist mit einem solchen überhöhten Dachraum versehen, dessen höchster Punkt sich jedoch zum Hof richtet. Im Erdgeschoss befinden sich die Proberäume für Musik als Einzel- und Gruppenunterricht. Sie sind aus akustischen Gründen konstruktiv als Haus-im-Haus ausgeführt. Neben den großen Tanzstudios beherbergt das obere Stockwerk die Umkleiden, Sanitäranlagen und Lagerräume.

Die Innenräume sollen maximale Konzentration ermöglichen und sind überwiegend weiß gestaltet. Im Erdgeschoss sind die Fenster so hoch angeordnet, dass zwar viel Licht einfällt, Ausblicke auf das Treiben auf dem Pausenhof jedoch nicht möglich sind. Kontrastierend zu den Unterrichtsräumen dominieren in den Fluren und öffentlichen Bereichen helle Holzböden, gewachste Lehmwände und Einbauten aus geöltem Eichenholz, die als tiefe Sitznischen in den Fenstern zum Ausruhen und Verweilen einladen. Hinzu kommt die augenfällige Deckengestaltung der Künstlerin Marie Maillard. In satten Farbtönen gehalten, soll das Kunstwerk die Kräfte der Natur, der Sonne sowie von Bewegung und Musik widerspiegeln.

Mauerwerk
Von außen nicht ablesbar, kombinierten die Architekten bei der Tanz- und Musikschule zwei Bauweisen miteinander: Im Erdgeschoss ist die Außenwand als massive zweischalige Konstruktion mit Wärmedämmung und Luftschicht ausgeführt, das obere Stockwerk hingegen ist eine Holzständerkonstruktion mit Fichtenholzleimbindern. Ein Verblendmauerwerk aus cremeweißen Klinkern hüllt den gesamten Baukörper ein.

Um die Musikunterrichtsräume von den übrigen Räumen akustisch zu entkoppeln, wählten die Architekten für das tragende Hintermauerwerk massive Betonblöcke, die aufgrund ihrer hohen Rohdichte über sehr gute Schallschutzeigenschaften verfügen. Zusätzlich wurde das Hintermauerwerk von innen mit schallabsorbierenden Dämmplatten und perforierten Wandpaneelen verkleidet. Der Wandaufbau des Obergeschosses sieht von innen nach außen wie folgt aus: Dampfsperre auf OSB-Platten, Mineralwolle als innere Wärmedämmschicht, erneut OSB-Platten zur Aussteifung sowie Holzfaserpaneele als äußere Wärmedämmung, die gegen eindringende Feuchte mit einer Folie abgedichtet wurden.

Für das Sichtmauerwerk wählten die Architekten ungelochte Handformziegel im Waalformat mit den Maßen 21 x 10 x 5 cm, die über eine Druckfestigkeit ≥ 25 N/mm² und die Wärmeleitfähigkeit λD = 0,51 W/mK verfügen. Das Verblendmauerwerk wurde als Vorsatzschale überwiegend im Läuferverband mit einem Mörtel im passenden Farbton gemauert. Die Südfassade ist jedoch im Blockverband ausgeführt, bei dem sich Läufer- und Binderschichten abwechseln und die Stoßfugen aller Läuferschichten senkrecht übereinander liegen. Auf diese Weise ließ sich der Schriftzug „Conservatoire“ durch hervorstehende Klinker in den Binderschichten realisieren.

Vor die kleinen, auf Augenhöhe zum Pausenhof befindlichen Fenster wurde ein perforiertes Mauerwerk gesetzt, das zwar manuelles Lüften erlaubt, aber dennoch Sichtschutz bietet. Dazu wurde im Verband jeweils ein Läufer weggelassen und die übrigen mit Abstand zueinander vermauert. Der obere Abschluss des Verblendmauerwerks ist als Rollschicht ausgeführt und bildet den Übergang zur Attika und zur Dachlandschaft, die passend zum cremeweißen Verblendmauerwerk mit Zinkschindeln im gleichen Farbton eingedeckt ist.

Bautafel

Architekten: Joly & Loiret, Agence d’Architecture, Paris
Projektbeteiligte: OTCE Ingénierie, Bureau d’études, Toulouse/Paris (Tragwerksplanung); Vincent Hédont, Bordeaux/Paris (Akustik); Marie Maillard, Paris (Kunst am Bau); SNRB, Ermont (Generalunternehmen); Wienerberger, Hannover (Vormauerziegel)
Bauherr: Gemeindeverbund Versailles Grand Parc
Fertigstellung: 2016
Standort:
87/89 Avenue de Paris, 78000 Versailles
Bildnachweis: Schnepp Renou, Paris; Joly & Loiret, Agence d’Architecture, Paris

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