Sanierung Bikini-Haus in Berlin

Wärmeschutztechnische Ertüchtigung eines Gebäudes aus den 1950er Jahren

An der Nahtstelle zwischen Zoologischem Garten und dem Berliner Breitscheidplatz befindet sich das Bikini-Haus. Mitte der 1950er Jahre nach Plänen der beiden Architekten Paul Schwebes und Hans Schoszberger errichtet, erhielt es seinen Namen aufgrund des einstigen Luftgeschosses in der Gebäudemitte, welches das Haus zweigeteilt wie einen Bikini erscheinen ließ. Zusammen mit dem großen Hochhaus am Hardenbergplatz, dem Kino Zoo Palast, dem kleinen Hochhaus und dem Parkhaus am Elefantentor bildet der Zeilenbau ein denkmalgeschütztes Ensemble. Um den deutlich in die Jahre gekommenen Gebäudekomplex zu revitalisieren und vor dem Verfall zu retten, wurde nach einem Masterplan von SAQ architects (B) das Konzept Bikini Berlin entwickelt, welches Einkaufen, Arbeiten und Erholung miteinander kombiniert. 2012 übernahm das Münchner Architekturbüro Hild und K das Projekt, um die Planung von SAQ zu überarbeiten, den Anforderungen des Denkmalschutzes anzupassen und den Umbau möglich zu machen.

An der Westseite des Zeilenbaus führt eine neue, breite Freitreppe hinauf zur rückwärtigen, ebenfalls neuen Dachterrasse
Im Osten grenzt das Bikini-Haus an das kleine Hochhaus, indem seit dem Umbau ein Hotel untergebracht ist
Schlanke Profile gliedern, heute wie früher, die Ganzglasfassade

Das lang gestreckte Gebäude erhielt eine eingeschossige, zurückversetzte Aufstockung und zeigt sich entlang der Budapester Straße mit seinen Kolonnaden im Erdgeschoss in seiner nahezu ursprünglichen Gestalt. Rückwärtig erfuhr es bauliche Veränderungen. Hier entstand ein zweigeschossiger Neubau mit begrünter Dachterrasse, der an den Bestand anknüpft. Im Westen führt eine große Freitreppe am Zoopalast vorbei hinauf auf das Dach mit freiem Blick über im Norden liegenden Zoo. An der Ostseite gelangt man von der Terrasse in das benachbarte, ebenfalls ertüchtigte Hotel und im Süden in das rundum verglaste, einst offene Zwischengeschoss. Hier sind, wie auch in den darunter liegenden zwei Etagen, Einheiten für den Einzelhandel und Gastronomie untergebracht.

Im nördlichen, neu errichteten Teil des Erdgeschosses befindet sich die sogenannte Concept Mall. Die doppelgeschossige Halle wird von einer Galerie eingefasst und von einem grünen Stahltragwerk überspannt. Hier sind auf 7.000 Quadratmetern 20 temporär mietbare, mit Holz verkleidete Boxen für den Einzelhandel verteilt. Zusätzlich gibt es einen Bereich für Ausstellungen und Veranstaltungen. Das 4 x 14 Meter große, zentral angeordnete Panoramafenster stellt eine direkte Verbindung zum dahinter liegenden Affengehege des Zoos her. Die große Freitreppe gibt im Inneren den Weg hinauf zur Dachterrasse frei. In den verbleibenden Obergeschossen sind Büros untergebracht.

Zu den vordringlichsten Aufgaben der Planer zählte die originalgetreue Rekonstruktion der raumhohen Ganzglasfassade unter Berücksichtigung heutiger energetischer Standards. Dazu gehörte auch das Wiederherstellen der ursprünglichen Farben und Oberflächen der zeittypisch schlanken Fassadenprofile sowie den Vor- und Rücksprüngen aus Stahlbeton. So wurden die Sichtbetonoberflächen und Neubaufassaden gedämmt und neu verputzt. Um zumindest einen Teil der einstigen Materialität für die neue Fassade übernehmen zu können, wurden abgebaute, durchgefärbte Glaspaneele geschreddert und als Zuschlag für den Putz beigemischt. Teils plastisch geformte Elemente gliedern die neu gestaltete wärmegedämmte Putzfassade horizontal. Brüstungspaneele und geschosshohe Scheiben in den Farben Sand, Bernstein, Schwarz, Marmorweiß und Steingrau lockern die Fassade auf. Filigrane, golden eloxierten Elementen fassen die Glasfassade vertikal ein.

Wärmedämmung/Konstruktion
Um den heutigen wärmeschutztechnischen Anforderungen zu entsprechen, musste vor allem im Bereich der rekonstruierten Südfassade mit ihren Vor- und Rückspringen zwischen den verschiedenen Geschossen mit Flankendämmungen reagiert werden. Nur so war es möglich, die Wärmebrücken im Bereich der auskragenden Betondecken zu minimieren. Diese wurden oberseitig mit 6 cm Schaumglas und unterseitig mit einer 6 cm starken Innendämmung aus Calciumsilikat gedämmt. Beide Materialien weisen eine Wärmeleitfähigkeit von 0,045 W/mK auf. Die bestehende Rippendecke des Erdgeschosses erhielt unterseitig im Bereich der Kolonnade eine 10 cm dicke Dämmschicht aus Mineralwolle.

Bei den verputzten Gebäudeteilen der Neubauten kam ein plastisch geformtes Wärmedämmverbundsystem aus expandiertes Polystyrol (EPS) der WLG 035 zum Einsatz. Die verputzen Fassaden der  Bestandsgebäude wurden mit formstabilen, nichtbrennbaren Fassadendämmplatten aus Steinwolle (Euroklasse A1) der WLG 035 gedämmt. Die Ganzglasfassade mit Aluminiumprofilen erhielt eine Wärmeschutzverglasung. In den oberen Geschossen sind die farbigen Brüstungspaneele teilweise mit 6 cm mineralischer Dämmung der Wärmeleitfähigkeit 0,035 W/mK und außenseitig emaillierten Einscheibensicherheitsglas (ESG) eingesetzt.

Das mit Aluminium gedeckte Dach erhielt ein zweilagiges Dämmsystem mit einer Neigung von drei Grad. Während die untere Lage aus 10 cm trittfesten Steinwolle-Platten besteht, wurde die obere, weichere Lage aus 6 cm starken Steinwolle-Matten hergestellt. Beide Schichten weisen eine Wärmeleitfähigkeit von 0,035 W/mK auf. Bei der Dachterrasse über dem sechsten Obergeschoss sorgen 12 cm Platten aus Polyisocyanurat-Hartschaum (PIR) der Wärmeleitfähigkeit 0,027 W/mK für den notwendigen Wärmeschutz.

Bautafel

Architekten:  Hild und K, Berlin/München (Sanierung/Umbau); Paul Schwebes und Hans Schoszberger, Berlin (Bestand 1955–1957)
Projektbeteiligte: WTM Engineers, Berlin und GuD Planungsgesellschaft für Ingenieurbau, Berlin (Tragwerksplanung); TPG Technische Prüfgesellschaft, Berlin (Brandschutz); Benno Ellerböck, München (Bauphysik); Lützow 7, Berlin (Landschaftsplanung); Sto, Stühlingen (Sonderputz mit recyceltem Glas); Rockwool, Gladbeck (Fassadendämmplatten)
Bauherr: Bayerische Hausbau, München
Fertigstellung: 2014
Standort: Budapester Straße 38 – 50, 10787 Berlin
Bildnachweis: Franz Brück, Berlin

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Schaumglas eignet sich als druckfeste Dämmung zur Reduzierung von Wärmebrücken; es  setzt sich im Wesentlichen aus Recyclingglas und Rohstoffen wie z.B. Dolomit, Feldspat, Kalk, Sand zusammen, die in einem Schmelzprozess verbunden werden

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