Kindergarten St. Irmengard in Übersee

Holzbau mit Bauteilen in R30 und direkten Ausgängen ins Freie

Nur einen Katzensprung von den Chiemgauer Alpen entfernt liegt die Gemeinde Übersee am Südufer des Chiemsees. Dort konzipierten die Münchner Architekten Hirner und Riehl den Kindergarten St. Irmengard wie eine kleine Gruppe von Reihenhäusern aus sechs Einheiten. Deren asymmetrischen Satteldächer erzeugen ein Wechselspiel wie Berg und Tal. Das kleinteilige und überwiegend eingeschossige Gebäude fügt sich gut in die locker bebaute Umgebung mit Einfamilienhäusern. 

Der Kindergarten setzt sich aus sechs „Hauseinheiten" zusammen
Ansicht Südwest mit Eingang
Ansicht Süd: Die Baukörper sind von Süden nach Norden der Länge nach gestaffelt

Die Baukörper sind in Nord-Süd-Richtung aufgereiht, die Gruppenräume öffnen sich zum Garten nach Osten. Der westlich gelegene Eingang führt über einen Windfang mit Garderobe zum zentralen Flur, an dessen nördlichem Ende die Aula und abschließend ein Mehrzweckraum angeordnet sind. Mit dem Eingangsbereich auf einer Achse liegen Sanitärräume und Küche. Wesentlich größer sind die Räume östlich der Erschließungsachse: Jeder der drei Gruppenräume (á 50 m²) ist mit einem sogenannten Intensivraum für ruhigere Tätigkeiten (á 20 m²) verbunden und hat Anteil an einem Abstellraum. Weil das Schrägdach oberhalb der großen Spielräume maximale Höhe erreicht, sind an deren Flurseite Galerien eingezogen, die zusätzliche Bewegungsfläche bieten.

Die Baukörper bilden nicht nur eine alternierende Dachlandschaft, sondern sind auch von Süden nach Norden der Länge nach gestaffelt: Das erste Häuserpaar ist gleich lang, das zweite ragt um etwa zwei Meter hervor und die letzten beiden, die auch Mehrzweckraum und Aula beinhalten, weisen die größte Grundfläche auf. Gemeinsame sportliche oder musikalische Aktivitäten finden im Mehrzweckraum ebenso statt wie der Mittagsschlaf, während die Aula Platz fürs gemeinsame Essen bietet. Mit einer Bruttogeschossfläche von 750 Quadratmetern ist der Kindergarten so konzipiert, dass er auch mal durchgängig von allen Kindern genutzt und bespielt werden kann. Wände, Decken, Einbauten und Möbel sind einheitlich aus Fichtenholz gefertigt. Die Böden sind mit Heizestrich und Linoleum ausgeführt, dessen Farbigkeit in den verschiedenen Nutzungsbereichen variiert. Die Galerien in der mittleren Gebäudezone werden durch einläufige Treppen innerhalb der Gruppenräume erschlossen. Eine Treppe in der nordwestlichen Gebäudeecke führt zu einem separaten Bereich im Dachgeschoss mit Personalraum und Abstellflächen.

Das Gebäude ist als Holzkonstruktion auf einer Stahlbetonplatte errichtet. Außen- und Innenwände sind Brettschichtholzelemente aus Fichte, die Decken sind als Brettstapel- oder Brettsperrholzdecken ausgebildet. Auf Wunsch des Bauherrn wurde der Kindergarten im Passivhausstandard errichtet und ist hoch gedämmt. Die Dächer sind mit Titanzinkblech und Edelstahlblech mit Stehfalz gedeckt, ihre Entwässerung erfolgt über Fallleitungen hinter der Holzschalung. Deren fünf verschiedenen Rottöne erzeugen eine plastische Wirkung der Fassade. Alle größeren Verglasungen (thermisch getrennte Holz-Aluminium-Verbundprofile mit 3-Scheiben-Isolierverglasung in Pfosten-Riegel-Konstruktion) zu einer besonnten Seite verfügen über einen außen liegenden, textilen Sonnenschutz.

Brandschutz
Der Kindergarten ist in die Gebäudeklasse 3 einzuordnen. Es handelt sich um einen Sonderbau gemäß § 2/4 BayBO (Bayerische Bauordnung): „Tageseinrichtungen für Kinder (...)“. Die Bildung von Brandabschnitten war nicht erforderlich, da die Gebäudelänge 40 Meter nicht überschreitet.

Der notwendige Flur ist als Spielflur konzipiert und kann daher nicht von Brandlasten freigehalten werden. Eine Abweichung von der Forderung nach Brandlastfreiheit ist deshalb möglich, weil alle Aufenthaltsräume für Kinder einen direkten Ausgang ins Freie besitzen. Lediglich der weitere Rettungsweg wird über den inneren Flur geführt. Die furnierten Innentüren mit Holzzargen sind teilweise als Rauchschutztüren ausgebildet.

Der Personalraum im Obergeschoss verfügt über eine eigene Treppe ins Erdgeschoss und einen Ausgang ins Freie. Der weitere Rettungsweg wird durch Anleiterbarkeit nachgewiesen. Die Anforderungen an die Feuerwiderstandsklasse der tragenden Bauteile ist R30. Diese ist mit der gewählten Brettsperrholzkonstruktion einfach nachweisbar.

Bautafel

Architekten: Hirner und Riehl, München
Projektbeteiligte: Seeberger Friedl und Partner, München (Statik), PBM Hans Meixner, Neubeuern (Elektro); IB Landgraf, Bad Aibling (HLS); Müller BBM, Planegg (Bauphysik), HuP Handwerks- und Planungsteam, Sauerlach (Zimmerer); Binderholz, Fügen (Tragelemente Wand)
Bauherr: Katholische Kirchenstiftung St. Nikolaus, Übersee
Fertigstellung: 2012
Standort: Kirchfeld 4, 83236 Übersee
Bildnachweis: Thomas Zwillinger, München

Fachwissen zum Thema

Brandschutztechnisch können Bauteile in tragende, aussteifende (nicht raumabschließende) und raumabschließende Bauteile unterschieden werden.

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Baustoffe/​Bauteile

Bauteile: Gliederung

Grafik: Übersicht Gebäudeklassen

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Grundlagen

Gebäudeklassen

Für die Rettung von Menschen im Gefahrenfall ist es unverzichtbar, dass sich Türen von Notausgängen leicht öffnen lassen.

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Bauprodukte

Rauchschutzabschlüsse: Türen in Rettungswegen

Hochhäuser zählen gemäß MBO zu den Sonderbauten (im Bild: Barcode-Quartier in Oslo).

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Sonderbauten

Sonderbauten nach MBO § 2 (4)

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