Erweiterung Landratsamt in Bad Kissingen

Mediator in Hellbeige

Wie selbstverständlich fügt sich der Erweiterungsbau des Landratsamts in Bad Kissingen in das Stadtbild ein. Die zeitgenössische Architektur verwebt sich mit den bestehenden Strukturen des historisch geprägten Stadtraums. Dies gelingt Steimle Architekten aus Stuttgart über eine farbliche und materielle Anpassung an den Bestand sowie präzise geplante Details. Das bestehende Landratsamt war als Verwaltungsstandort für die über 100.000 Einwohner des Landkreises zu klein geworden, sodass man sich 2015 entschied, einen Wettbewerb für die Erweiterung auszuloben. Bereits im Wettbewerb definierten die Architekten und Architektinnen in ihrem Siegerentwurf das Fassadenmaterial: Sichtbeton mit Sandsteinzusätzen.

Der Haupteingang befindet sich an der Nordseite.
Im zweiten Obergeschoss verbindet ein verglaster Übergang Neubau und Bestand.
Flurfenster sind von außen durch flächenbündigen Einbau mit der Außenfassade zu erkennen.

Baukörper: geordnete Variation in Tiefe und Höhe
Bad Kissingen ist ein Kurort in Unterfranken und verfügt über prachtvolle Bauten der Belle époque, die den Zweiten Weltkrieg überstanden haben. Die historisch geprägte Altstadt ist das Herz des Kurortes und weist kleine Plätze und enge Gassen auf. Zwei ineinandergreifende Kuben, gegliedert durch Vor- und Rücksprünge bilden den Baukörper des drei- und viergeschossigen Erweiterungsbaus. Im zweiten Obergeschoss ist er mit einem verglasten Übergang an den Bestandsbau der 1960er-Jahre angeschlossen.

Der Neubau stellt durch verschiedene Traufhöhen Bezüge zur niedrigeren Nachbarbebauung – unter anderem dem Rathaus – und zum höheren Bestandsgebäude her. Beim eingefärbten Sichtbeton orientierte man sich ebenfalls an den Sandsteinfassaden der Umgebung. Die großflächigen Betonfertigteile wurden mit Zuschlägen von Sandstein und Kalkstein gefertigt und die Oberfläche durch säuern angeraut. Sockel und Laibungen wurden im Nachhinein handwerklich bearbeitet und vertikal scharriert. Leichte Rücksprünge setzen den Sockel zu den Obergeschossen ab, markieren den Eingang und lassen eine Lücke zur westlichen Nachbarbebauung entstehen. Die Fensterrahmen aus eloxiertem Aluminium sind in einem hellen Braunton darauf abgestimmt.

Harmonie im Innenraum

Auf rund 2.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche haben 60 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz. Der Zugang befindet sich an der Nordseite. Direkt am Haupteingang liegt der multifunktional nutzbare Sitzungssaal. Der Erschließungsbereich mit Treppenhaus und Aufzug sowie der Versorgungskern sind in der Gebäudemitte platziert. Darum herum orientieren sich die verschiedenen Nutzungen, sodass keine Gebäuderückseiten entstehen. Von den Fluren aus ergeben sich in jeder Himmelsrichtung Ausblicke zur Altstadt. Im Inneren stellen Sichtbetonwände und -decken, cremeweiß gestrichene Wandflächen, hellbeige Bodenbeläge aus Enomer und flächenbündig gearbeitete Eichenholztür- und Fensterelemente eine harmonische Ruhe her.

Dämmstoffe: Betonfertigteile und Mineralwolledämmung

Das Gebäude hat ein Tragwerk aus Stahlbeton. Die vorgehängten Betonfertigteile der Fassaden wurden mit einer 24 cm dicken Schicht Mineralwolle gedämmt. Die Dämmung erreicht eine Wärmeleitfähigkeit λ von 0,035 W/mK und ist nicht brennbar. Die Fassadenkonstruktion ist hinterlüftet. Die tief in der Laibung sitzenden Fensterelemente sind dreifachverglast und raumseitig mit einer Laibungsverkleidung aus Holz eingerahmt. Der außen liegende Sonnenschutz wurde in die Fassadenkonstruktion integriert.

Die Flurfensterelemente erhielten eine bündig mit der Außenfassade angebrachte Prallscheibe. Die Sichtbetondecken sind betonkernaktiviert, die Wände aus Stahlbeton bleiben im Inneren als Sichtbetonflächen unverkleidet. Die Deckenuntersichten der zurückspringenden Sockelbereiche wurden mit einer nicht brennbaren zweilagigen Mineralwolledämmung in einer Stärke von 22 und 14 cm gedämmt und mit einem abgehängten Betonfertigteil verkleidet.

Die Bodenplatte des nicht unterkellerten Gebäudes besteht aus einer Perimeterdämmung aus hoch druckbelastbarem extrudiertem Polystyrol (XPS). Die 10 cm dicke Dämmung bietet einen Wärmeschutz bei hoher Feuchtebeanspruchung und erreicht eine Wärmeleitfähigkeit λ von 0,040 W/mK. Das Edelstahldach wurde mit einer 18 cm dicken Flachdachdämmung aus expandiertem Polystyrol (EPS) mit einer Wärmeleitfähigkeit λ von 0,035 W/mK belegt und erhielt eine Kiesschüttung. -sus

Bautafel

Architekten: Steimle Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Glatt + Wolf, Bad Kissingen (Tragwerksplanung); Helfrich Ingenieure, Bad Kissingen (TGA); Wölfel Engineering, Höchberg (Bauphysik); Trias Brandschutzplanung, Stuttgart (Brandschutzplanung)
Bauherr: Landkreis Bad Kissingen
Fertigstellung: 2019
Standort: Obere Marktstraße 6, Bad Kissingen
Bildnachweis: Brigida González, Stuttgart

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Bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden trägt neben der Dämmebene auch eine Luftschicht zum Wärmeschutz bei.

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Wand

Vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF)

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