Universitätscampus in Masdar/UAE

Erster Bauabschnitt der CO2-neutralen Stadt fertiggestellt

In den Vereinigten Arabischen Emiraten, etwa 30 km östlich der Hauptstadt Abu Dhabi, entsteht seit einigen Jahren Masdar, eine CO2-neutrale Wissenschaftsstadt, die allein durch erneuerbare Energien versorgt werden soll. Den Masterplan für das Projekt entwickelten die Architekten Foster und Partner, die nun in einem ersten Bauabschnitt mehrere Gebäude realisiert haben. Vier Wohnhäuser, ein Windturm und eine Bibliothek bilden zusammen mit einem Forschungs- und Institutsgebäude das Masdar Institute (MI), in dem sich Studenten und Lehrende mit den Themen Nachhaltigkeit, Energiegewinnung und Energieeinsparung beschäftigen.

Innenhöfe dienen als Räume der Kommunikation und unterstützen die natürliche Ventilation
Im Gegensatz zu den Wohngebäuden orientieren sich die Fassaden des Institutsgebäudes wenig an traditionellen Gestaltungselementen
Masdar Institute bei Nacht, im Vordergrund die Bibliothek mit schattenspendendem muschelförmigen Dach

Der Entwurf für Masdar ist von der traditionellen arabischen Stadt inspiriert: Enge Gassen, verschattete Fassaden und Fußwege, dicke Wände, Höfe und Windtürme sowie eine starke Durchgrünung gehören zu den prägenden Elementen. So ist der fertiggestellte 45 m hohe Windturm eine Adaption des traditionellen arabischen Windturms – er saugt die warme Luft wie ein Schornstein aus den Gassen und sorgt dadurch für die Selbstkühlung der Stadt.

In den Fassaden der Wohngebäude variieren die Öffnungen abhängig von der Höhe und ihrer Lage zur Sonne. Die oberen Geschosse kommen mit maximal 25% Glasanteil aus, die unteren sind mit einem Anteil von 45% großzügiger geöffnet. Hier sorgen die nebenstehende Gebäude für Verschattung. Als zusätzlicher Sicht- und Sonnenschutz wurden auf der Straßenseite ornamentale Strukturen aus glasfaserbewehrten Betonfertigteilen angebracht, die ihre rötliche Farbe durch die Beimischung von Wüstensand erhielten. Sie sind eine Referenz an die „Mashrabiya“, eine Art Erkerfenster, das traditionell aus kunstvoll geschnitzten Holzgitterstrukturen hergestellt wurde.

Die Fassaden des Forschungs- und Institutsgebäudes orientieren sich weniger an traditionellen Gestaltungselementen. Sie bestehen aus reflektierenden ETFE-Kissen, die sich kaum aufheizen. Horizontale und vertikale Lamellen verschatten die horizontalen Fassadenöffnungen und schützen die dahinter liegenden Seminar- und Laborräume. Den Kern des Gebäudes bilden Forschungslabore, um die sich u.a. eine Sporthalle, eine Kantine, ein Café und ein Informationszentrum gruppieren. Begrünte Innenhöfe dienen als Treffpunkte und Räume der Kommunikation.

Nachhaltig Bauen
Das Institutsgebäude von Masdar ist das erste komplett mit Solarenergie versorgte Gebäude im Nahen Osten. Auf rund 5.000 m² Dachfläche sind Solarmodule installiert, die mehr Energie produzieren, als das Gebäude benötigt. Seine Ausrichtung führt zu einer optimalen Verschattung, gleichzeitig bilden die Innenhöfe thermische Zwischenräume und ermöglichen eine natürliche Ventilation. Foyers, Flure, Treppenhäuser und Atrien können konstant auf 30°C gehalten werden, was in dem heißen Wüstenklima eine angenehme Aufenthaltstemperatur darstellt. Dazu tragen auch Lüftungsgitter bei, die tagsüber geschlossen und nachts geöffnet sind, und die nach Norden ausgerichteten Oberlichter. Der Betrieb des Forschungs- und Institutsgebäudes benötigt 54% weniger Trinkwasser und 51% weniger Strom als vergleichbare Gebäude im Nahen Osten. Das Bauwerk vereint passive und aktive Elemente einer nachhaltigen Bauweise und erforscht damit praxisnah die Technologien, die in zukünftigen Gebäuden der Stadt Masdar implementiert werden sollen.

Insgesamt verbrauchen die bisher fertiggestellten Gebäude rund 50% weniger Energie als vergleichbare Bauwerke in Abu Dhabi. Dafür sorgen u.a. luftdichte und hochwärmegedämmte Fassaden, aber auch verschiedene Technologien wie Bauteilaktivierung und Wärmerückgewinnung sowie diverse Kontrollsysteme. So enthalten beispielsweise die Zugangskarten zu den Apartments einen Sensor, der den Energieverbrauch in den Wohnungen auf ein Mindestmaß reduziert, sobald die Bewohner die Räumlichkeiten verlassen. Von dem Energiebedarf, den die Gebäude trotz dieser Maßnahmen benötigen, werden 80% durch Solarenergie gedeckt. Solarthermische Anlagen sorgen für 75% des heißen Wassers.

Ein Prototyp für den umweltfreundlichen Nahverkehr wurde ebenfalls in Betrieb genommen: Der Personal Rapid Transit (PRT) besteht aus viersitzigen, führerlosen, elektrisch betriebenen Kapseln, die sich - von einem Zentralrechner gesteuert - an Magneten im Boden orientieren und mögliche Hindernisse durch Sensoren erkennen. Die Fahrzeuge befinden sich im Sockelgeschoss des Institutsgebäudes.

Bautafel

Architekten: Foster + Partners, London/UK
Projektbeteiligte: Adams Kara Taylor, London/UK (Tragwerk); PHA Consult, London/UK (Berater für ökologisches und nachhaltiges Bauen); Claude R. Engle Lighting Design, Chevy Chase/USA (Lichtdesign); Acentech, Cambridge/UK (Akustische Beratung); Gillespies, London/Abu Dhabi (Landschaftsarchitektur)
Bauherr: Mubadala Development Company, Abu Dhabi/UAE
Fertigstellung: 2010
Standort: Masdar City, Abu Dhabi
Bildnachweis: Foster + Partners, London/UK

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Planungsgrundlagen

Städtebauliche Nachhaltigkeit

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