Supermarkt in Oldenburg

Runde Klinkerfassade

Landauf, landab entstehen Supermärkte und Discounter nach weitgehend demselben gesichtslosen Schema ohne Alleinstellungsmerkmale. Auf dem Gelände einer ehemaligen Kinderklinik im Süden von Oldenburg wurde nun mit dem Neubau eines Lebensmittelmarktes ein zentraler Baustein für das zukünftige Stadtteilzentrum Oldenburg-Kreykenbrück realisiert, der von der Norm positiv abweicht. Mit der auf drei, sich überschneidenden Kreisen basierenden Grundrissfigur gelang es den Architekten von neun grad architektur, sowohl den Baumbestand des Areals zu schonen als auch einen markanten Baukörper mit Wiedererkennungswert für den Stadtteil zu entwerfen.

Der Grundriss setzt sich aus drei, sich überschneidenden Kreisfiguren zusammen
Parabelförmige Öffnungen markieren die Zugänge in der Klinkerfassade
Die Vormauerziegel sind im Wilden Verband vermauert

Entscheidend bei der Konzeption des Baukörpers waren für die ortsansässigen Architekten neben dem erhaltenswerten Baumbestand des Grundstücks auch das alte Klinikgebäude sowie der Wunsch der Betreiber, neue Wege bei der Warenpräsentation zu gehen und auf ein klassisches orthogonales Regal- und Wegesystem zu verzichten. Vielmehr sollte die Wegeführung „organisch“ angelegt sein, sodass der Kunde während des Einkaufs die Ware ständig im Blick behalten kann.

Während zwei der Kreise einen Durchmesser von 40 Metern aufweisen, misst der dritte 30 Meter. Insgesamt verfügt der Markt über eine Verkaufsfläche von circa 2.300 Quadratmetern. Auch in der Höhe sind die zylinderförmigen Gebäudeteile gestaffelt. Der nach Osten zum vorgelagerten Parkplatz ausgerichtete Abschnitt ist 9,00 Meter hoch, was einer Raumhöhe von gut 8,00 Metern entspricht. Die zwei angrenzenden Zylinder messen außen jeweils 7,00 Meter in der Höhe und innen 6,00. Die Eingänge und Fenster folgen der organischen Form des Gebäudes und sind als parabelförmige Bögen konzipiert.
 
Die drei größten Öffnungen befinden sich der Ostfassade und nehmen die beiden Haupteingänge sowie den Zugang zum Café auf. Ein kleinerer Bogen an der Südseite des mittleren Zylinders gibt den Blick aus der Weinabteilung auf den gegenüberliegenden Klingenbergplatz frei. 

Ebenso wenig wie die Kubatur des Neubaus, ist auch die Haustechnik eine Standardlösung: Das Gebäude kommt ohne konventionelle Heizungsanlage aus, stattdessen wird es mithilfe einer Wärmepumpe beheizt und durch die Abwärme, die beim Betrieb der Kühlanlage für die Kühlräume im Lager, die Kühltruhen im Markt und in der Fleischerei entsteht. Zusätzliche Wärmetauscher und Lüftungsgeräte auf dem Dach komplettieren das Energiekonzept.

Mauerwerk
In der Nachbarschaft des Supermarkts stehen größtenteils Bauten aus den 1930er- und 1950er-Jahren mit den für Norddeutschland typischen Klinkerfassaden. Das Sichtmauerwerk des Neubaus knüpft an die Materialität dieser umliegenden Häuser an und gibt der unkonventionellen Form somit ein traditionelles Gewand.

Die zweischaligen Außenwände bestehen aus einer im Inneren sichtbar gelassenen Betonschale mit 30 bis 35 cm Stärke, einer 15 cm dicken Wärmedämmschicht und 11,5 cm starkem Verblendmauerwerk. Für das Sichtmauerwerk im Farbkanon Rot-Braun-Blau wählten die Architekten einen Vormauerziegel mit einer rustikalen Oberfläche, der den großen, ungestörten Fassadenflächen eine lebendige Struktur verleiht. Der Ziegel im Normalformat mit den Maßen 24 x 11,5 x 7,1 cm knüpft mit seinen charakteristischen Kohleausschmelzungen, Klebestellen und Sinterspuren an die traditionell im Ringofenbrand hergestellten Klinker an, wurde jedoch als Strangpressklinker im Tunnelofen gebrannt. Um das gewünschte Farbspiel zu erzielen, kam eine handverlesene Wechselsortierung der Chargen zum Einsatz. Die Ziegel wurden im Wilden Verband vermauert und regelmäßige Linien und Muster innerhalb der Fassaden bewusst vermieden. Ein Rinbalken

Die alle 8,00 bis 10,00 Meter erforderlichen vertikalen Dehnungsfugen wurden als Mäander-Fuge mit besandeter Silikonfüllung ausgeführt. Die oberen und unteren Gebäudeabschlüsse sowie die parabelförmigen Gebäudeöffnungen sind mit einem hellen Putzband gefasst, das einerseits für eine scharf umrissene Gebäudefigur sorgt und andererseits die Nachbarbebauung der ehemaligen Kinderklinik mit ihren sandsteinfarbenen Fenstereinfassungen zitiert. Der U-Wert der Außenwände liegt bei 0,22 W/m²K.

Auf dem mit einer Konsole gefertigten Ringbalken aus Beton ist das Dachtragwerk aus Holz gelenkig aufgelagert. Es setzt sich aus circa 1,20 Meter hohen BSH-Trägern zusammen, die von der Konsole aus zur Kreismitte hin angeordnet sind und dort von einem Kranz aus vierzehn, konisch zulaufenden BSH-Stützen getragen werden. Auf diese Holztragkonstruktion wurden dann Holzhohlkammerdeckenelemente aufgelegt, die von Träger zu Träger spannen. Nach dem Einbau wurde die gesamte Konstruktion vor Ort weiß lasiert.

Bautafel

Architekten: neun grad architektur, Oldenburg/Amersfoort
Projektbeteiligte: neun grad Pro, Oldenburg (Projektentwicklung); Ingenieurberatung Bröggelhoff, Oldenburg (Tragwerksplanung); Behnen Ingenieure, Lorup (Haustechnik); Hoppmann Bau, Wiefelstede/Metjendor (Bauunternehmen Rohbau/ Fassade); Wienerberger, Hannover (Vormauerziegel Bockhorner Klinker Roßlau Wechselsortierung)
Bauherr: M&L Grundstücksgesellschaft, Oldenburg
Fertigstellung: 2016
Standort:
Klingenbergstraße 1, 26133 Oldenburg
Bildnachweis: archimage/Meike Hansen, Hamburg; Jens Krüger/Wienerberger, Hannover; neun grad architektur, Oldenburg/Amersfoort

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