Spieleentwickler Aeria Games in Berlin

Brandschutzbeschichtung und Ertüchtigung von historischen Bauteilen

Direkt an der Berliner Spree gelegen, diente das 1928/29 erbaute Gebäude Schlesische Straße 27 ursprünglich dem Schallplattenproduzenten Carl Lindström als Firmensitz. Heute ist der Komplex als GSG-Hof bekannt, denn die früher städtische Gewerbesiedlungs-Gesellschaft (jetzt Orco-GSG) verwaltet das Gebäude noch immer. Ab den 1960er Jahren erfuhr der Bau unterschiedliche Veränderungen und Nutzungen: Architekten, Stadtplaner, Designer, Grafiker und eine Möbeltischlerei hatten sich niedergelassen.

Spieleentwickler Aeria Games in Berlin
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Durch Teilabriss von Decke und Trennwand war im Erdgeschoss ein Großraumbüro mit einer riesigen Fläche von 1.300 m², bei einer Länge von 50 Metern entstanden. Zum Wasser hin bietet eine sechs Meter hohe Glasfassade allerbesten Spreeblick, inklusive Oberbaumbrücke. In diesem grandiosen Raum hat der Internetspiele-Entwickler Aeria Games nun eine europäische Niederlassung mit rund 60 Mitarbeitern – und es galt ein Sicherheits- und Brandschutzkonzept für die Räumlichkeiten zu entwickeln. In enger Zusammenarbeit der Architekten Dominik Schroeter und AO Berlin, dem Objekteinrichter Lindemann Projektnet, dem Brandschutzplanungsbüro Eberl-Pacan und dem Bauherrn, entstand eine stylishe Innenraumgestaltung die auch spezielle Bereiche, wie z.B. Rückzugs- und Spielzonen (Tischkicker) sowie und einen Massageraum ermöglicht.

Das Gebäude war 1928 überwiegend aus massiven Baustoffen errichtet, sein Haupttragwerk eine monolithische Stützen-Riegel-Konstruktion aus Stahlbeton und aussteifenden Mauerwerkswänden. Die Galerieebene im Großraumbüro besteht aus einer massiven Stahlsteindecke (sogenannte Kleine’sche Decke aus I-Trägern, Flacheisen, Hohlziegeln und einer Betondruckschicht von ca. 5 cm Stärke), ihre brandschutztechnische Ertüchtigung war zentraler Bestandteil des Brandschutzkonzeptes, denn sie hatte im Laufe der Jahre viele Umbauten erfahren, die nicht immer regelgerecht ausgeführt waren.

Brandschutz

Während ein Teil der Galerie noch die ursprünglichen verkleideten Stahlträger aufweist, die durch zusätzliche verkleidete Stahlunterzüge und-stützen abgefangen werden, sind andere Bereiche provisorisch als einfache unbekleidete Stahlkonstruktion errichtet worden. Zur sicheren Entfluchtung und Begehbarkeit für die Rettungskräfte der Feuerwehr musste die Decke brandschutztechnisch ertüchtigt werden. Aufgrund der installierten Brandmeldeanlage (BMA) mit manuellen und automatischen Meldern und der überdurchschnittlich guten Rettungswegsituation im Sockel- und Erdgeschoss (jede Ebene mehr als zwei Rettungswege) sieht das Brandschutzkonzept eine Feuerwiderstandsdauer für diesen Deckenbereich von F 30-B vor. Für die freiliegenden Stahlbauteile (Träger, Druck-und Zugglieder) wurde zur Erlangung dieser Feuerwiderstandsdauer ein dämmschichtbildendes Brandschutzmittel eingesetzt. Die Decke selbst, teilweise aus Holzfaserplatten, wurde unterseitig mit Gipskartonplatten zu einem Feuerwiderstand von F 30-B ertüchtigt.

Für den dauerhaft sicheren Brandschutz der Galerie ist eine regelkonforme und zulassungsgerechte Brandschutzbeschichtung notwendig. Entsprechend dem Verwendbarkeitsnachweis (allgemeine bauaufsichtliche Zulassung), der bei Beginn der Umbaumaßnahmen vorlag, wurden die vorgefundenen verschiedenen Materialien sorgfältig vorbereitet. Grundierte und lackierte Oberflächen wurden entfernt und die blanken Profile durch Sandstrahlen so weit gereinigt, bis Zunder, Rost und Beschichtungen vollständig entfernt waren. Intakte Altanstriche, die vorher auf Eignung und Verträglichkeit geprüft worden sind, wurden angeschliffen und entstaubt. Mit dem Airless-Spritzverfahren waren Aufbringmengen von ca. 1.500 g/m² in einem Arbeitsgang möglich. Dadurch konnte die Anzahl der Arbeitsgänge für die erforderlichen Schichtdicken fast um den Faktor 3 reduziert werden. Dies bedeutete eine erhebliche Zeitersparnis, da die Messung der Dicke jeder Trockenschicht frühestens nach 24 Stunden Trocknung erfolgen durfte. Dabei waren jeweils 20 Einzelmessungen auf einer Fläche von 500 cm² vorzunehmen.

Eine Endbeschichtung mit Decklack schützt die Brandschutzbeschichtung vor kurzzeitiger Feuchtigkeitseinwirkung, Verschmutzung und mechanischer Beanspruchung. Außerdem ermöglicht sie die gewünschte farbliche Gestaltung der unterschiedlichen stylishen Bereiche im Großraumbüro – vom
Bambi-Room über das Aquarium bis hin zum Purple Room.

Quelle: Eberl-Pacan Architekten und Ingenieure für Brandschutz, Berlin

Bautafel

Projektbeteiligte: Architektur Dominik Schroeter, Frankfurt (Planung); AO Berlin - Architektur + Organisation, Berlin (Bauleitung); Lindemann Projektnet, Berlin (Konzeptionelle Planung und Objekteinrichtung); Reinhard Eberl-Pacan Architekten und Ingenieure für Brandschutz, Berlin (Brandschutzplanung)
Bauherr: Aeria Games & Entertainment, Berlin
Fertigstellung: 2012
Standort: Schlesische Straße 27, 10997 Berlin
Bildnachweis: © Architektur + Organisation, Freie Architekten + Berater, Berlin; Lindemann Projektnet und Pool 22, Berlin

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