Raum der Information am Ehrenmal der Bundeswehr in Berlin

Sheddach und hinterleuchtetes Glas im Ausstellungsraum

Im Jahr 2009 wurde das Ehrenmal der Bundeswehr auf dem Areal des Verteidigungsministeriums in Berlin-Tiergarten eingeweiht. Hier wird der Angehörigen der Bundeswehr gedacht, die in Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen sind. Der vom Berliner Büro TRU Architekten geplante und 2018 fertiggestellte Raum der Information wurde als Ergänzung zu diesem Ehrenmal konzipiert und bildet dessen Gegenüber entlang der Hildebrandstraße. In dem Ausstellungsgebäude erhalten Besucher der Einrichtung Informationen zur Geschichte der Bundeswehr und ihren Kernaufträgen im Wandel der Zeit. Zudem erfahren sie mehr über die Menschen, zu deren Ehren die Gedenkstätte errichtet wurde.

Drei geschlossene Wände aus glattem Sichtbeton umschließen U-förmig einen Hof und den Ausstellungsraum, der von einem Sheddach überdeckt ist.
Eingangsbereich an der Hildebrandstraße
Durch eine doppelte Torkonstruktion ist der Raum der Information sowohl von der Hildebrandstraße als auch vom Paradeplatz des Bendlerblocks aus zugänglich.

Vier Wände und ein Sheddach

Die Struktur des Bauwerks ist schnell beschrieben: Drei geschlossene Wände aus glattem Sichtbeton umschließen U-förmig einen Hof und den deutlich größeren Ausstellungsraum. Ihn überdeckt ein Sheddach, seine Eingangs- und Hoffassade sind verglast. Mit dunklen Schiebetoren abgesetzt ist ein Eingangshof in Fortführung des Baukörpers. In offenem Zustand geben die mit Baubronze belegten Metalltore eine Passage zur Freifläche um das Ehrenmahl frei, die von Holzwarth Landschaftsarchitektur gestaltet wurde. In geschlossenem Zustand bilden sie mit den Betonmauern eine Umgrenzung. Im Alltagsbetrieb ist nur das Tor zur Straße geöffnet.

Die mit strahlend weiß lackierten Metallplatten bekleidete Dachkonstruktion hebt sich deutlich von den Betonwänden ab. Nach Norden weisende, schmale Dachfenster nehmen die gesamte Gebäudebreite ein. Sie sorgen für eine gute Belichtung ohne Blendung oder Schlagschatten. LED-Leisten hinterleuchten die transluzenten Scheiben bei Nacht, sodass auf sichtbare Leuchtkörper an der Decke verzichtet werden konnte. Die spitzwinkeligen Aufbauten liegen auf einer Trägerstruktur, deren Unterseite mit mikroperforierten Akustikpaneelen verkleidet ist. Die Reduktion der Formen im Innenraum unterstützt die Konzentration auf die Ausstellungsinhalte.

Auf Heizung und Klimatisierung wurde beinahe gänzlich verzichtet – lediglich bei extremem Frost hält eine Fußbodenheizung die Raumtemperatur über dem Gefrierpunkt. Das Dach hat besondere Bedeutung für das Raumklima: Eine automatische Steuerung der Lamellenfenster zur natürlichen Belüftung ist Teil des ausgeklügelten bauphysikalischen Konzepts.

Zeitstrahl mit Hinterleuchtung

Der Raum der Information soll die Symbolik des Ehrenmals erklären und den Besuchern die Gedenkkultur der Bundeswehr näherbringen. Zentrales Element der Ausstellungsszenografie ist ein sogenannter Zeitstrahl, eine grafisch illustrierte Chronologie von Ereignissen, die drei verschiedene Erzählstränge miteinander verknüpft: Die Geschichte der Bundeswehr seit ihrer Gründung, wichtige Anlässe des Totengedenkens innerhalb der Streitkräfte und schließlich Fallbeispiele einzelner Todesfälle im historischen und politischen Kontext. Arrangiert ist diese Zeitachse auf bündig eingelassenen, hinterleuchteten Glasflächen an den Längsseiten.

Glas: Aufwendige Details für optische Perfektion

Für die Realisierung des Zeitstrahls stellten Architekten und Ausstellungsplaner hohe Anforderungen an Material, Konstruktion und Ausführung der Glasbänder. Sie entstanden aus insgesamt 24 Einzelscheiben. Damit diese eine homogene, durchlaufende Oberfläche bilden, galt es, strenge Toleranzvorgaben einzuhalten.

Jede Scheibe besteht aus Verbundsicherheitsglas, das aus zwei Scheiben thermisch entspanntem Floatglas mit einer Dicke von 6,0 mm und einer 0,76 mm starken PVB-Folie als Zwischenlage hergestellt wurde. Die Abmessungen der Glasscheiben betragen 1.245 x 1.408 mm. Da bei handelsüblichem Floatglas der Reflexionsgrad bei senkrechtem Lichteinfall etwa 8% beträgt (beziehungsweise je Grenzfläche 4% Reflexion auftreten) bestand die Gefahr, dass die Durchsicht durch die Glasbänder gestört werden könnte. Deswegen wurde entspiegeltes Glas verwendet, das mit einer transparenten Beschichtung versehen ist, die im Magnetron-Sputter-Verfahren aufgebracht wird.

Bei der Umsetzung des Ausstellungskonzepts waren einige Hürden zu überwinden. So durfte Licht, das über die Kanten der Glasscheiben einfällt, nicht als Streifenmuster in der Ausstellungsfläche sichtbar sein. Die hinter den Glasflächen positionierten Displays sollten ohne sichtbare Befestigung montiert, aber doch einfach zu warten sein. Die lineare Lagerung der Glasbänder erfolgte über Winkelprofile aus Edelstahl, in welche die Gläser mit einem Zweikomponenten-Silikonklebstoff eingeklebt wurden. Um Schrägstellungen oder einen Versatz zwischen den Gläsern zu umgehen, wurde eine eigens entwickelte Montageschablone verwendet.

Bautafel

Architektur: TRU Architekten, Berlin
Projektbeteiligte:
Holzwarth Landschaftsarchitektur, Berlin (Außenraumplanung); Deutsche Glas Berlin Brandenburg, Potsdam (Glaslieferant); Bayer Glasbau, Berlin (Montage); Saint Gobain Glass, Aachen (Hersteller SGG Vision-Lite)
Bauherrschaft: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, Berlin
Nutzer: Bundesministerium der Verteidigung, Berlin
Fertigstellung:
2018
Standort:
Hildebrandstraße 16/17, 10785 Berlin
Bildnachweis: BBR/TRU Architekten / Fotograf: Werner Huthmacher, Berlin; Bundeswehr, Bienert und Kraatz

Baunetz Architekt*innen

Fachwissen zum Thema

Magnetron-Beschichtungsanlage

Magnetron-Beschichtungsanlage

Glasbearbeitung

Beschichtungen von Glas

Die Glasfassade des Trinkwasserversorgungsunternehmen Gelsenwasser von den Architekten Anin Jeromin Fitilidis & Partner weisen eine außerordentlich hohe Transparenz auf

Die Glasfassade des Trinkwasserversorgungsunternehmen Gelsenwasser von den Architekten Anin Jeromin Fitilidis & Partner weisen eine außerordentlich hohe Transparenz auf

Funktionsgläser

Entspiegeltes Glas

Ausführung von Stoßfugen

Ausführung von Stoßfugen

Lagern/​Verbinden

Fugenausbildung und Dichtungen

Hier wird Einkomponentenklebstoff zwischen Glas und Rahmen eines Fensters eingespritzt

Hier wird Einkomponentenklebstoff zwischen Glas und Rahmen eines Fensters eingespritzt

Lagern/​Verbinden

Klebeverbindungen

Bauwerke zum Thema

Seitenansicht

Seitenansicht

Büro/​Verwaltung

Hauptverwaltung Gelsenwasser in Gelsenkirchen

Die Fassade erinnert an die  isländischen Natur

Die Fassade erinnert an die isländischen Natur

Kultur

Konzert- und Konferenzzentrum Harpa in Reykjavik

Ein minimalistischer Pavillon ergänzt den denkmalgeschützten Stadtpalast der Norman Foster Foundation in Madrid

Ein minimalistischer Pavillon ergänzt den denkmalgeschützten Stadtpalast der Norman Foster Foundation in Madrid

Kultur

Pavillon der Norman Foster Foundation in Madrid

Der von Marieke Kums und Junya Ishigami entworfene Glaspavillon erweitert eine neoklassizistische Villa im niederländischen Landschaftspark Vijversburg.

Der von Marieke Kums und Junya Ishigami entworfene Glaspavillon erweitert eine neoklassizistische Villa im niederländischen Landschaftspark Vijversburg.

Sonderbauten

Pavillon im Park Vijversburg in Tytsjerk

Surftipps

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
BauNetz Wissen Glas sponsored by:
Saint-Gobain Glass Deutschland