Philharmonie in Luxemburg/L

Maßgeschneiderte Tonqualität

Die auf einer Anhöhe im Stadtteil Kirchberg gelegene Philharmonie Luxemburgs wure vom französischen Architekten Christian de Portzamparc entworfen. Der über einem tropfenförmigen Grundriss errichtete elliptisch geschwungene Baukörper befindet sich im Zentrum des dreieckigen Europaplatzes (Entwurf Ricardo Bofill).
Den Besucher empfängt der Neubau mit einem „Kreis hoher Bäume“ (Architekt) aus 823 weißen Stützen, der als „Initiation des Publikums“ dient, bevor es „ins Reich der Musik vordringen“ darf. Diese „filternde Fassade“ soll eine „Lichthülle“ bilden, deren Kern der Aufführungssaal in der Mitte bildet.

Großer Konzertsaal
Logentürme
Teppichboden im Kammermusiksaal

Die in vier elliptischen Reihen radial hintereinander angeordneten schlanken Rundpfeiler von 20 Meter Höhe sind nach einem mathematischen Rhythmus angeordnet. Dahinter befindet sich zwischen Außenhülle und Auditorium die Wendelhalle des Foyers. Von hier bietet sich eine Vielzahl von Durch- und Ausblicken. Verstärkt wird das Raumerlebnis im Foyer durch zenitales Licht, das durch einen Oberlichtring einfällt und durch seitlich durch die Kolonnaden eindringendes Licht.

Im großen Konzertsaal ist die Außenwand so ausgebildet, dass Vor- und Rücksprünge entstehen. Er ist 24 Meter lang, 48 Meter tief und 17 Meter hoch und bietet bis zu 1.500 Personen Platz. Die Wände mit ihren Logentürmen über mehrere Stockwerke sollten den Saal „beleben“ und an „Hochhäuser – wie nächtliche Gebäude, die einen öffentlichen Platz umgeben“ erinnern. Diese raumhohen Nischen, die in sanften Pastelltönen gehalten sind, nehmen unter anderem eine Sektbar, die Garderobe und weitere Infrastrukturen auf.

An den Neubau ist ein muschelförmiger, mit weißen Aluminium-Paneelen verkleideter Kammermusiksaal (Salle de Musique de Chambre) angefügt, der 300 Zuhörern Platz bietet. Im Untergeschoss befindet sich noch ein kleiner Saal, der sogenannte Espace Découverte mit 120 Plätzen für elektroakustische Musik und interaktive Musik-Workshops.

Akustik
Im kleinen Kammermusiksaal werden die störenden Schallkonzentrationen der konkaven Muschelform durch ein konvexes in den Raum gehängtes Schallelement getilgt. Es diffundiert die Töne und wirft sie zum Publikum zurück. Die konkaven Begrenzungsflächen würden ansonsten die Schallwellen zu polarisieren. Zur Kontrolle der Niedrigschallabsorption sind zudem große Teile der Wandflächen mit 68 mm dicken MDF-Paneelen verkleidet. Bei voll besetztem Zuschauerraum wurden mittlere Nachhallzeiten von 1,6 Sekunden bei 500 Hz, 2,1 Sekunden bei 125 Hz und 1,3 Sekunden bei 4.000 Hz.

Der große Saal hat die Form einer rechteckigen "Schuhschachtel" mit acht von den Längswänden eingestellten Logentürmen und stirnseitiger Bühne. Diese Raumform gilt unter Akustikern als leistungsfähigste und am leichtesten zu kontrollierende. Ziel bei der Raumakustikplanung war es, den kurzen Nachhall aus den Seitenwänden zu optimieren. Die parallelen Wände des Parketts sind mit akustischen Holz-Diffusoren verkleidet und verhindern so auftretende Streu-Echos. Zudem bricht das grobe Relief der Türme mit den Logen den Klang im unteren Frequenzbereich entsprechend der jeweiligen Wellenlänge des Tons.

Mit Hilfe von drei Bühnenreflektoren kann die Klangqualität justiert werden. An der Saaldecke wurde eine Lage GRG-Material (mit Glasfaser verstärkter Gips) verankert. Sie verhindert eine zu starke Klangabsorption im Niederfrequenzbereich. Die Nachhallzeit wurde bei vollem Haus geprüft. Für 500 Hz liegt sie bei 2 Sekunden. Durch einen 440 m² großen Samtvorhang kann dieser Wert auf 1,5 Sekunden abgesenkt werden. Zusätzlich lassen sich Luken von ca. 1.000 m² Fläche in der Saaldecke öffnen.

"Insgesamt sei die Akustik «gefährlich gut», meinen die Musiker der «Solistes Européens Luxembourg» - denn wirklich jeder Ton sei zu hören", so eine dpa-Meldung.

Bautafel

Architekten: Christian de Portzamparc, Paris
Projektbeteiligte: Gehl & Jacoby et Associés, Luxemburg; Setec SRL, Paris (Tragwerksplanung); Giorgetti Carlo, Luxemburg (Massivbau); Object Carpet, Denkendorf (Textiler Bodenbelag); XU Acoustique, Paris (Akustik Konzertsäle, Innenraum)
Bauherr: Ministère des Travaux Publics, Großherzogtum Luxemburg
Fertigstellung: 2005
Standort: Place de l’Europe 1, Luxembourg
Bildnachweis: Object Carpet, Denkendorf (1,4), Philharmonie Luxemburg (2,3)

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Zur Bestimmung der Raumakustik wird unter anderem die Nachhallzeit untersucht.

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