Modernisierung einer Doppelhaushälfte in Mannheim

Zertifiziertes Passivhaus

Was herauskommt, wenn ein Passivhaus-Experte sein eigenes Wohn- und Geschäftshaus von einer „Energieschleuder“ in ein modernes Passivhaus verwandelt, zeigte Architekt Roland Matzig in Mannheim. Hier entstand aus einer 1950-Jahre alten Doppelhaushälfte ein so genanntes Multi-Komfort-Haus als Variante eines zertifizierten Passivhauses.

Straßenfront
120 mm dicke Dämmung im Keller
Vollflächige Verklebung der Dämmplatten

Roland Matzig vom Planungsbüro r-m-p-Architekten erwarb das dreistöckige Gebäude trotz des bisher hohen Heizölverbrauchs von rund 9.000 Litern pro Jahr, sah er doch in der Modernisierung eine besondere Herausforderung. Im Bestand lässt sich das Passivhaus-Konzept ungleich schwieriger umsetzen als bei Neubauten. Vor allem galt es, aus den zugigen, schlecht gedämmten Außenbauteilen des Altbaus eine Außenhülle ohne Wärmebrücken und Luftundichtigkeiten zu schaffen - denn eine solche ist die Basis eines jeden Passivhauses. Eine wichtige Rolle spielten dabei effiziente Dämmstoffe, die Bauteilschichten in vertretbaren Grenzen halten.

Neben dem Einbau neuer Fenster mit Drei-Scheiben-Isolierverglasung (U-Wert-Verbesserung von 2,7 auf 0,73 W/m²K) in der Dämmebene erhielt deshalb die einschalige, verputzte Außenwand ein 260 mm starkes mineralisches Wärmedämmverbundsystem, das den U-Wert von ehemals 1,9 W/(m²K) auf 0,15 W/(m²K) absenkte. Als Sockeldämmung wird es über die Flanken der Kellerdecke hinaus nach unten fortgesetzt. Da die Kellerdecke den warmen Bereich vom unbeheizten Keller trennt, muss sie entsprechend gedämmt sein: 120 mm dicke, an der Deckenunterseite verklebte Steinwolleplatten sorgen nun dafür, dass auch im Erdgeschoss kalte Füße der Vergangenheit angehören. Unterstützt werden diese Platten durch eine 200 mm starke Estrichdämmung im Erdgeschoss (U-Wert-Verbesserung Kellerdecke von 1,1 auf 0,17 W/m²K).

Dank der gut gedämmten Außenhülle konnte auf den Einbau eines konventionellen Heizsystems verzichtet werden. Stattdessen ist das Gebäude mit einer geregelten Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung von über 90 Prozent ausgestattet. So lassen sich Lüftungswärmeverluste auf ein Minimum reduzieren und für saubere Raumluft ohne Zugerscheinungen ist gesorgt. An sehr kalten Tagen heizt eine Sole-Wasser-Wärmepumpe die Raumluft nach und unterstützt die Warmwasser-Aufbereitung. Das Trinkwasser wird jedoch überwiegend solar erwärmt. Alle Warmwasserrohre wurden außerdem gedämmt bzw. im beheizten Wohnbereich verlegt, um Leitungsverluste zu minimieren.

Die Außenhülle sorgt damit für dauerhaft niedrige Energie-Kennwerte ohne aufwändige, störanfällige Technik und für ein gleichmäßiges Temperaturniveau von Raumluft und Wandoberflächen. Damit sind Wertbeständigkeit und Wohnbehaglichkeit des Hauses gewährleistet. Die eingesetzten mineralischen Dämmstoffe mit besonders geringer Wärmeleitfähigkeit verfügen zudem über sehr gute bauakustische Eigenschaften, bieten also wirksamen Lärmschutz, sind nicht brennbar und diffusionsoffen.

Das Wohn- und Geschäftsgebäude in Mannheim zeigt, dass sich das Passivhaus-Konzept auch beim Bauen im Bestand mit vertretbarem Aufwand realisieren lässt. Insgesamt bewirkt die Sanierung des1954 gebauten Doppelhauses eine Senkung des Energieverbrauchs um 93 Prozent.

Dach
Zur Dämmung des Sparrendachs dient ein Klemmfilz der Wärmeleitgruppe 032 in einer Stärke von 140 mm, der zwischen den Sparren verlegt wurde. Darunter verläuft zwischen den Traglatten eine weitere 24 mm dünne Mineralwolledämmung. Sie dient in erster Linie als Installationsebene. So konnten schadensträchtige Durchdringungen der darüber liegenden Dampfbremse durch Kabel oder Rohre vermieden werden.

Die Hauptdämmschicht befindet sich über den Sparren. Mit 200 mm Stärke verhindert sie den Wärmebrückeneffekt der Sparren beinahe vollständig und bildet den für ein Passivhaus wichtigen homogenen Wärmeschutz des Daches (U-Wert-Verbesserung von 1,1 auf 0,15 W/m²K). Die sorgfältig abgedichtete Dampfbremse ist feuchtevariabel und ermöglicht daher in Verbindung mit dem diffusionsoffenen Dämmstoff das problemlose Austrocknen möglicher Restfeuchte in den Sparren.

Bautafel

Architekt: r-m-p Architekten, Roland Matzig, Mannheim
Projektbeteiligte: Dachdeckerei Güler, Bad Dürkheim (Dachdeckung); Gipserei/ Stukkateur Ibishi, Mannheim (Wärmedämmverbundsystem, Trockenbau); Elsässer, Mannheim (Holzbauarbeiten); Isover, Ludwigshafen (Dämmstoffe)
Bauherr: Roland Matzig, Mannheim
Standort: Mannheim-Almendorf
Fertigstellung: 2010
Bildnachweis: Isover, Ludwigshafen

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