Mehrgenerationenhaus in Bergisch Gladbach

Klinkerriemchen im Kreuzfugenverband

Die gestiegene Lebenserwartung und der damit einhergehende demografische Wandel der Gesellschaft führen dazu, dass vermehrt die Bedürfnisse älterer Menschen in den Fokus rücken. Die Fragestellung, wie wir im Alter leben wollen, spiegelt sich auch im aktuellen Wohnungsbaugeschehen wider. Ein Ansatz sind Bauvorhaben, die das gemeinschaftliche Miteinander der Generationen fördern. Ein solches auf das Mehrgenerationenwohnen ausgerichtete Gebäude wurde nach Plänen des Büros HPA+ Architektur für einen privaten Investor in Bergisch Gladbach realisiert.

Die Obergeschosse der giebelständigen Häuschen kragen über den Gehweg aus
Zur Haupterschließungsstraße des Ortes erscheint das gering geneigte Satteldach als Flachdach und erzeugt so einen konträren Gebäudeeindruck
Der Zugang zu den Wohneinheiten erfolgt vom Hinterhof aus, zur oberen Etage über eine Außentreppe oder einen Fahrstuhl

Das Mehrfamilienwohnhaus ist auf einem Eckgrundstück im Zentrum des 3.700 Einwohner zählenden Stadtteils Herkenrath platziert, das im Westen von der Kirchgasse und im Süden von einer der Haupterschließungsstraßen des Ortes mit dem ungewöhnlichen Namen „Ball“ eingefasst wird. Im Osten grenzen die Wohn- und Geschäftshäuser der Ortsmitte an, während im Norden Mehrfamilienhäuser das Straßenbild entlang der Kirchgasse prägen. Damit sich das Gebäude maßstabsgerecht in die kleinteilige Bebauung der Nachbarschaft einpasst, lösten die Architekten den zweigeschossigen Komplex zur Kirchgasse hin auf und reihten drei kleinere, scheinbar solitäre Baukörper mit Satteldach und auskragendem Obergeschoss giebelständig nebeneinander. Zum Hinterhof erscheinen die drei Volumina hingegen als ein geschlossener, zusammenhängender Körper.

Der Komplex mit insgesamt 600 Quadratmetern Wohnfläche beherbergt sechs Wohnungen, jeweils drei pro Geschoss. Die Wohnungsgrößen reichen vom 1-Zimmer-Apartement bis zur 3-Zimmer-Wohnung. Alle Einheiten werden über den Hinterhof erschlossen, in den man von der Straße Ball aus gelangt. Die beiden Geschosse sind über eine schmale Außentreppe in der Fuge zwischen zwei Gebäudeteilen und über einen Fahrstuhl miteinander verbunden. Ein Laubengang aus Sichtbeton erschließt die Wohneinheiten im Obergeschoss. Jede der barrierefrei zugänglichen Wohnungen verfügt über einen eigenen privaten Außenraum, sei es eine Terrasse im Hof für die drei Einheiten im Erdgeschoss oder einen eigenen Balkon für die Bewohner der ersten Etage. Darüber hinaus wird der Hinterhof von allen Parteien gemeinschaftlich genutzt.

Über großformatige Fenster gelangt viel Licht in die Wohnungen. Das Dilemma, möglichst viel Tageslichteinfall bei gleichzeitiger Wahrung der Privatsphäre zu erhalten, lösten die Architekten in den zur Straße orientierten Räumen der Erdgeschosswohnungen mit einem gelochten Sichtmauerwerk vor den Fenstern.

Mauerwerk
Das Mehrgenerationenhaus wurde als Massivbau mit einer einschaligen Außenwand aus Kalksandsteinmauerwerk und Wärmedämmverbundsystem mit geklebten Klinkerriemchen errichtet. Der Aufbau der 37 cm starken Außenwand von innen nach außen gestaltet sich wie folgt: 10 mm Gipsputz, 17,5 cm Kalksandsteinmauerwerk als tragende Schale, 16 cm Wärmedämmschicht und 2,5 cm Klinkerriemchen verlegt in einem Klebemörtelbett. Die Riemchen haben die Maße 24 x 7,1 x 2 cm und den Farbton Lehm-bunt. Für die Ausführung der Ecken kommen Sonderformate mit 24 x 11,5 x 2 cm zum Einsatz.

Während Verblendmauerwerk selbsttragend ist und somit dessen Verband nach den Regeln des Überbindemaßes zur Übertragung von Kräften mit ausreichend Überbindung der Steine hergestellt werden muss, unterliegen Riemchen nicht diesen Regeln, da sie mit Klebemörtel auf das Wärmedämmverbundsystem aufgebracht werden. Daher war es möglich, ein für Mauerwerk unübliches Verlegemuster mit Kreuzfugen zu realisieren. Die oberen und unteren Abschlüsse der Fassadenflächen wurden außerdem jeweils mit einer Doppelrollschicht eingefasst. Die Ziegelhülle umfasst nicht nur die vertikalen Fassadenflächen, sondern auch die Deckenuntersichten der auskragenden Obergeschosse.

Für das gelochte Sichtmauerwerk vor den Fensteröffnungen wurden Klinker im Normalformat desselben Farbtons verwendet. Die Treppen und der Laubengang sind aus Sichtbeton.

Bautafel

Architekten: HPA+ Architektur, Köln
Projektbeteiligte: Schumacher Hoß Ingenieure, Bornheim (Statik); Henneker Zillinger Ingenieure, Bonn (Prüfstatik); Peter Jandl, Wermelskirchen (Bauphysik); Corall Ingenieure, Meerbusch (Brandschutz); Horst Schnell, Elsdorf (HLS); Guenter Puff, Krefeld (SiGeKo); Hemling, Gräfe und Becker Baugrund, Köln (Bodengutachten); Vermessung SEAD, Köln (Vermessung);  Röben Tonbaustoffe, Zetel (Klinkerriemchen)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2016
Standort:
Kirchgasse 2, 51429 Bergisch-Gladbach
Bildnachweis: Detlef Podehl, Dortmund; HPA+ Architektur, Köln

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