Konzernzentrale in Heidelberg

Beton in allen Facetten

Eine Frage der Ehre: Beim Neubau der Hauptverwaltung von HeidelbergCement war sofort klar, welches Material das Erscheinungsbild außen wie innen prägen sollte. Der Baustoffkonzern, der in Sachen Zement, Transportbeton, Sand und Kies weltweit zu den führenden Unternehmen gehört, setzte selbstverständlich auf Sichtbeton. Titel der erfolgreichen Wettbewerbspräsentation lautete dementsprechend auch Concrete Excellence. Im Detail ließ man mit ausgefeilten Schalungstechniken besondere Räume entstehen, die die Vielseitigkeit des Materials angemessen würdigen sollen.

Weiße, geschwungene Fassadenelemente aus Sichtbeton prägen die Fassade des Ensembles.
Der Gebäudekomplex wird über eine großzügige, etwa 11 m hohe Eingangshalle betreten.
Bei den drei Baumstützen handelt es sich um aus einzelnen diagonalen Streben zusammengesetzte Tragstrukturen, die die Decke in diesem Bereich mittragen.

Für die neue Hauptverwaltung musste ein 1963 am gleichen Standort – nah am Neckar und in direkter Nachbarschaft der Universität Heidelberg – errichteter Altbau weichen. Dieser bot nicht ausreichend Platz für die rund 1.000 Mitarbeitenden aus verschiedenen Abteilungen. Der Entwurf für den Neubau, bei dem sich verschiedene Baukörper als Ensemble um drei Höfe gruppieren, stammt vom Architekturbüro AS+P Albert Speer + Partner aus Frankfurt am Main, das diesen als Generalplaner umsetzte. Als Bauherrenvertretung agierte das Heidelberger Architekturbüro W+.

Schwungvoll und makellos

Weiße, geschwungene Fassadenelemente aus Sichtbeton prägen die Fassade des Ensembles. Die vorgefertigten Elemente sind vor den Fensterbändern und den Brüstungsbereichen der Bürogeschosse montiert und verleihen diesen eine spannungsvolle Gliederung. Zusätzlich sorgen sie – durch Titandioxid im Zement – für eine photokatalytische Reaktion, mit der Stickoxide aus der Luft gebunden werden.

Der Gebäudekomplex wird über eine großzügige, etwa 11 m hohe Eingangshalle betreten, die von drei auffälligen Baumstützen geprägt ist. Dabei handelt es sich um scheinbar aus drei einzelnen diagonalen Streben zusammengesetzte Tragstrukturen, die die Decke in diesem Bereich mittragen. Rückgrat des Ensembles ist die sogenannte gläserne Magistrale, die die verschiedenen Baukörper horizontal wie vertikal miteinander verbindet und Räume für Austausch und Kommunikation schafft.

Im Erdgeschoss finden sich Konferenz- und Tagungsräume, eine Kantine, verschiedene Sozialräume sowie ein Mitarbeitenden-Bereich mit Eltern-Kind-Zimmer und einem multifunktional nutzbaren Sportraum. Darüber hinaus sind in dem Ensemble vor allem Büros mit den entsprechenden Nebennutzungen untergebracht. Dank eines ausgeklügelten Energiekonzeptes wurde das Bauwerk von der DGNB in Platin zertifiziert.

Schalungen: Hohe Erwartungen

Die drei Baumstützen in SB 4 Sichtbetonqualität lassen über ihre gesamte Höhe nur einen einzigen Elementstoß erkennen. Für ihre Realisierung kam aufgrund der sehr hohen Sichtbetonanforderungen, dem Frischbetondruck von 200 kN/m² sowie den engen Platzverhältnissen nur eine komplexe 3D-Sonderschalung aus Stahl infrage. Diese wurde als Stecksystem aus 63 CNC-lasergeschnittenen Einzelteilen konzipiert. Auf die fertige Tragstruktur ließ man eine 5 mm starke Schalhaut aufbringen. An der Stelle, an der sich die Arme der drei Baumstützen kreuzen, wurden zusätzlich außenliegende Ringgurtkonstruktionen angebracht, um einer Verformung des Stahls gezielt entgegenzuwirken.

Gewachsen wie ein Baum

Anders als üblich wurde nicht von oben, sondern von unten betoniert, um die Lunkerbildung auf ein Minimum reduzieren zu können. Ein Betonverteilsystem beförderte dabei den selbstverdichtenden Beton gleichzeitig in die drei Stützenteile und presste den Beton über drei Pumpenschläuche in der Schalung nach oben. Um den Frischbetondruck jederzeit im Auge behalten zu können, installierte man zur Sicherheit Messsonden eines Drucküberwachungs-Sets an den Stützenfüßen und am Knotenpunkt.

Strahlen, Kreuze, Rauten

Für die regulären grauen Sichtbetonwände in Qualitäten von SB2 bis SB4 ließ man Trägerwandschalungen verwenden. Bei der Herstellung der sogenannten Feature Wall im Foyer – einer mit 8 cm dünnen Fertigteilen in Weißbeton bekleideten Wand, die ein strahlenförmiges Relief zeigt – kamen Sonderschalungen zum Einsatz. Neben der SB4-Qualität dieser Schauwand war dem Planungsteam wichtig, dass keine Befestigungen oder vertikalen Fugen das Erscheinungsbild trüben.

Ebenfalls im Erdgeschoss befindet sich der Kuppelsaal, den ein ungleichförmiges Kreuzgewölbe prägt. Mit 82 3D-geplanten Freiformkörpern als Schalung konnte ein fugen- und stoßfreies Erscheinungsbild in SB4 erreicht werden. Nach Fertigstellung ist der Blick auf den grauen Sichtbeton durch abgehängte Lamellen möglich.

Letztes Beton-Highlight im Erdgeschoss ist die Kantine mit ihrer Rautendecke aus strahlenförmig verlaufenden Unterzügen. 64 werkseitig vormontierte rautenförmige Aussparungskästen formten diese besondere, unregelmäßige Kassettendecke. Bei der Herstellung wurden zuerst die Unterzüge in Weißbeton erstellt. Erst anschließend, nach deren Erhärten, wurde die Decke in Graubeton betoniert.

Bautafel

Architektur: AS+P Albert Speer + Partner, Frankfurt am Main (Generalplanung)
Projektbeteiligte: W+ Architektur- und Ingenieurgesellschaft, Heidelberg (Projektleitung der Bauherrin); Diringer & Scheidel, Mannheim (Bauunternehmen); MAXX raumelemente, Abenberg (Fertigteile Feature Wall); Peri, Weißenhorn (Schalungen und Drucküberwachung)
Bauherrin: HeidelbergCement
Standort: Berliner Straße 6, 69120 Heidelberg
Fertigstellung: 2020
Bildnachweis: Peri, Weißenhorn / Thilo Ross; HeidelbergCement / Steffen Fuchs

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Für das DFAB House in Dübendorf kam eine Freiformschalung zum Einsatz, die mithilfe des Powder-Binder-Jetting-Verfahren aus Sand hergestellt wurden.

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