Kirche der Evangelischen Broedergemeente in Amsterdam

Monolith aus Handstrichziegeln

In der Liturgie der protestantischen Morovian Church spielen Licht und die Farbe Weiß eine wichtige Rolle. Bei dem Kirchenneubau der ihr angehörenden Evangelische Broedergemeente im Südosten von Amsterdam machten die Architekten Bas ten Brinke und Carina Nilsson von 70F Architecture diese beiden Aspekte zum entwurfsbestimmenden Thema.

Schlicht, massiv und homogen wirkt die neue Kirche der Evangelische Broedergemeente
Das schräge Dach im Kirchenraum steigt zur Altarwand stetig an
Straßenansicht der Kirche

Das flache, zweigeschossige Gebäude erscheint als massives Volumen aus wenigen einfachen Geometrien. Ein angefügter eingeschossiger Seitenflügel mit schräger Wand und ein zu einem turmartigen Oberlicht ansteigendes Dach über der einen Gebäudehälfte deuten die besondere Nutzung an. Das auffälligste Merkmal des Gotteshauses bildet eine in den Turmaufbau integrierte, sichtbare Glocke. Lediglich einige gezielte, raumgroße Öffnungen unterbrechen das homogene, gelblich-weiße Ziegelmauerwerk. Eine von ihnen bildet den Haupteingang, der mittig in der Längsfassade sitzt und durch ein auskragendes Vordach aus Sonnenschutzlamellen betont wird. Links davon formen schlichte, auf die Wand aufgesetze Metallbuchstaben den Schriftzug „wi eegi kerki", auf Deutsch „unsere eigene Kirche".

Über die zweigeschossige Verglasung fällt viel Tageslicht in das großzügige Foyer mit einer offenen Treppe und einem Empfangstresen. Rechts davon befindet sich der Kirchenraum. Dessen Wände sind in klarem Weiß gehalten, ebenso die Stühle für 550 Personen. Die Sichtbetondecke des neun Meter hohen Kircheninnenraums steigt zur Altarwand hin an. Dort ragt ein 13 Meter hoher Turm auf, der fast über die gesamte Breite des Sakralraumes reicht. Über ein raumbreites Fenster in dessen Rückwand fällt Licht auf die Altarwand und beleuchtet so indirekt den Saal. Entlang der Rückseite des Kircheninnenraums sitzt ein weiteres, niedrigeres Lichtband unterhalb der Decke. Die Symmetrie des Kirchenschiffs wird durch einen niedrigeren Seitenflügel unterbrochen. An dessen vorderem Ende befindet sich eines der großen Fenster. Durch die drei sehr unterschiedlichen Tageslichtöffnungen entsteht ein spannungsvoller Lichteinfall in den Raum.

Linkerhand des Foyers befindet sich der große, auf einer Seite raumhoch verglaste Gemeindesaal mit einer dazugehörige Küche und Nebenräumen. Über die freie Treppe gelangt man auf eine Galerie im ersten Obergeschoss. Diese führt zum Einen auf den Balkon des Kirchenraums. Zum Anderen liegen hier oberhalb des Gemaindesaals weitere, flexibel nutzbare Tagungsräume in unterschiedlicher Größe sowie Büros.

Mauerwerk
Die Kirche ist in Massivbauweise erstellt. Die Außenwände sind als zweischaliges Mauerwerk mit einem tragenden Hintermauerwerk und einem Sichtmauerwerk ausgebildet. Dazwischen liegt eine Wärmedämmung mit Luftschicht.

Für die Tragschicht kommen Kalksandstein-Planblöcke zum Einsatz. Aufgrund seiner relativ hohen Rohdichte verfügt dieser Baustoff über sehr gute Schall- und Brandschutzeigenschaften. Je nach Anforderung an die Tragfähigkeit wurde das Hintermauerwerk aus 64,8 x 99,7 cm großen Blöcken in variierenden Stärken von entweder 10, 15 oder 21,4 cm ausgeführt. Im Bereich des Kircheninnenraums dienen aus statischen Gründen bewehrte Betonelemente als tragende Konstruktion. Die 13 Meter hohe rückwärtige Altarwand besteht dabei aus vier Elementen von etwa 3 x 13 Metern. Zu den Innenräumen hin wurden die Wände verputzt.

Das außen liegende Sichtmauerwerk ist über Drahtanker mit der Tragschale verbunden. Für die Fassade wurde ein Handstrichziegel ausgewählt. Der Verblendstein im Waalformat von 210 x 103 x 50 Millimetern ist typisch für die Backsteinbauten der Niederlande und ist im wilden Verband vermauert. Um ein möglichst homogenes Erscheinungsbild und eine massive Wirkung des Baukörpers zu erreichen, ließen die Architekten das Verblendmauerwerk ohne vertikale Dehnungsfugen ausführen. Der Eindruck von vorgefertigten Segmenten wurde so verhindert. An den Stellen mit den höchsten zu erwartenden Spannungen sind stattdessen Dehnungsfugen angeordnet, die dem Fügemuster des wilden Steinverbandes folgen. Diese wurden anschließend so aufgefüllt, dass sie den übrigen Mörtelfugen ähneln. Aus diese Weise entstand der Eindruck eines massiven Baukörpers aus einem Guss.

Bautafel

Architekten: 70F Architecture, Almere
Projektbeteiligte: Bas ten Brinke/Carina Nilsson, Almere (Projektleitung); Ingenieursgroep Van Rossum, Almere (Tragwerksplanung); Ubink, Almere (Bauunternehmen); Calduran, Harderwijk (Kalksandsteine); Steenfabriek Klinkers, Maastricht (Ziegelhersteller)
Bauherr:
Evangelische Broeder Gemeente, Amsterdam
Fertigstellung: 2013
Standort:
Kortvoort, 1104 Amsterdam
Bildnachweis: Luuk Kramer, Amsterdam

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