Institut für Physik der Humboldt-Universität in Berlin

Natürlicher Sonnenschutz mit begrünten Fassaden

Mit der Verlegung der naturwissenschaftlichen Institute der Humbold-Universität aus der Mitte Berlins an den Wissenschaftsstandort Adlershof entstanden aus zahlreichen Wettbewerben viele innovative neue Gebäude, konzentriert an einem Ort. So ging auch der Entwurf der Architekten, Augustin und Frank als Sieger eines Realisierungswettbewerbes für das Institutsgebäude der Physik aus dem Jahre 1998 hervor und konnte vier Jahre später fertiggestellt werden.

Detail Nord-West-Fassade mit Profilglas
Innenansicht Profilglasfassade
Süd-Ost-Fassade mit zukünftiger Fassadenbegrünung

Das viergeschossige Institutsgebäude integriert sich in das orthogonale Straßenraster der städtebaulichen Gesamtplanung. Es basiert auf einem rechteckigen Grundriss in den Höfe eingestanzt sind um die sich die verschiedenen Institutsbereiche mit ihren zahlreichen Büro-, Labor- und Lehrräumen in sinnvoller Ordnung gliedern. Über die Gartenhöfe verschafft sich die Architektur attraktive Außenräume und gibt dem Nutzer eine gute Orientierung im Gebäude. Die Architekten selbst bezeichnen die Öffnungen als „Landschaftsfenster“, die einerseits den Ausblick auch aus tiefer im Gebäude liegenden Büros in die Umgebung freigeben, andererseits von außen weite Einblicke durch die Gartenhöfe in das Gebäude ermöglichen.

Im Eingangsbereich werden die im Raumprogramm zahlreich vorgesehenen Labore und Büros von einem Experimentierhörsaal, einem Seminarsaal und einer Bibliothek ergänzt. Der Seminarsaal steht wie eine Lichtskulptur im räumlich komplexen Foyer und verleiht dem Raum eine besondere Identität. Vom Eingang aus führt eine zentrale Erschließungsachse in allen Geschossen durch das gesamte Gebäude. Entlang der Achse dienen zwei lichte Treppenhäuser als vertikale Erschließung. Am Ende des Ganges weitet sich die Flurfläche zu einem Pausen- oder Besprechungsbereich auf. Vom zentralen Erschließungsgang gehen Stichflure ab, an denen sich die Büros und Laborgebäude angliedern. Diese Flure werden wiederum an den Enden über Brücken zusammengefasst. So entstehen vielseitige Erschließungsmöglichkeiten in einem dichten und doch sehr übersichtlichen Wegesystem.

Das Tragwerk mit Flachdecken, die Haustechnik und die Fassaden sind so aufeinander abgestimmt, dass eine weitgehend natürliche Belüftung des Gebäudes über Zu- und Abluftklappen in den Fassaden möglich ist. Die nur teilweise mechanisch belüfteten Labore werden direkt über vertikale Schächte versorgt. Die Speichermasse der Flachdecken kann so für ein angenehmes Klima genutzt werden.

Fassade
Die Fassaden unterscheiden sich in drei verschiedene Typen: Die Nordfassade prägt eine geschossweise Verglasung mit Profilglaselementen und vertikalen, opaken Öffnungselementen. Hinter der Glasebene zeichnen Betonfertigteilelemente eine interessante Textur aus geschlossenen und offenen Flächen zu den Fluren.

Die Südostfassade in ihrer ungewöhnlichen Gestalt besticht durch ihr einfaches „Low-tech“ Konzept: Passive Energiegewinnung im Winter über große Glasflächen, die vor Überhitzung im Sommer durch einen Vorhang aus wildem Wein und Pflanztrögen aus Faserzement, die in Bambusstangen einhängt sind. Bambus und Stahlprofile bieten Kletterhilfen für die Pflanzen (siehe Abb. 4). Die Tröge werden durch eine Anstaubewässerung mit Hilfe eines landwirtschaftlichen Bewässerungssystem versorgt.

Die einschalige Pfosten-Riegel-Fassade aus schmalen Aluminiumprofilen wird durch Stahlprofile statisch unterstützt. An diese schließen die Trennwände der Büros und Labore über Glas- oder Stahlschwerter an. Zur natürlichen Belüftung der Büros werden Senkklappelemente aus Aluminium mittels Kurbeln betätigt und öffnen die Fassade oberhalb und unterhalb der Deckenköpfe. Ein Blendschutz und die Verdunkelungsanlage wird auf der Innenseite der Fassade in Schienen geführt ohne die Lüftungsmöglichkeiten zu beeinträchtigen. Schmale Stahlbeton-Fertigteilelemente dienen als Laufzone zur Fassadenreinigung zwischen dem Sonnenschutz und der Glasebene. Die Entflechtung der unterschiedlichen Funktionen der Fassade verleiht der Gebäudehülle mit einfachen Mitteln eine wirkungsvolle Tiefe.

Die Funktion des Sonnenschutzes übernimmt auf den Schmalseiten des Baukörpers und in Bereichen der Innenhöfe ein einfacher textiler Behang. Dieser kann von den Nutzern individuell in jeder Fassadenachse eingestellt werden. Die transparenten Fassaden und die große räumliche Offenheit des Gebäudes schaffen eine gute Atmosphäre und Arbeitsumgebung.

Bautafel

Architekten: Augustin und Frank, Berlin
Projektbeteiligte: Pichler Ingenieure, Berlin/Potsdam (Tragwerksplanung); Ingenieurgesellschaft Kannewischer, Berlin (Gebäudetechnik); Stefan Tischer mit Joerg Th. Coqui, Berlin (Landschaftsarchitektur); KSM Kulkwitzer Stahl- & Metallbau, Kulkwitz (Fassadenbau); Frye & Hülsemann, Vechta (Profilglasfassade); Stahlbau Gander, Schlieben (Stahlbau begrünte Fassade); Bayer Glasbau, Berlin (Verglasungen)
Bauherr: Land Berlin vertreten durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur
Fertigstellung: 2002
Standort: Wissenschaftsstandort Adlershof, Berlin
Bildnachweis: Werner Huthmacher, Berlin

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